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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
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Ihr Blick fiel auf die anderen Bilder hinter seinem Schreibtisch – Familie, Hunde und noch mehr Fische.
    »Glaub mir, es ist normal, nach einem solchen Verlust wütend zu sein. Wenn du irgendwann reden willst – ich bin da. In der Zwischenzeit solltest du versuchen, dich daran zu erinnern, dass deine Lehrerin sich um dich sorgt – genau wie alle anderen. Wir wissen vielleicht nicht immer, was wir tun oder sagen sollen, um dich in deiner Trauer zu unterstützen, doch wir machen uns Sorgen und möchten dir helfen.« Mr. Nelson sah mitgenommen aus.
    Cassie nahm das als Stichwort, um aufzustehen und das Beratungsbüro zu verlassen.
    Es war kurz vor Schulschluss, also ging sie nicht zurück in ihre Klasse. Stattdessen stellte sie sich in die Eingangshalle der Schule und traf auf die Kindergartenkinder, die immer ein bisschen früher entlassen wurden, damit sie ihre Eltern leichter fanden, ohne in das allgemeine Durcheinander zu geraten. Sie liefen im Gänsemarsch an Cassie vorbei und hielten Papiertruthähne in den Händen, die sie aus ihrem Handumriss auf braunes Bastelpapier gezeichnet hatten. Cassie stellte sich vor, wie all diese Kinder ihren Müttern die Truthähne überreichten, und malte sich aus, wie die Mütter sich freudig bedankten und die Gebilde stolz an Kühlschränke oder in die Fenster hängten. Ihr habt keine Ahnung, wie viel Glück ihr habt, wollte Cassie den Kindern sagen, aber sie schwieg. Stumm ging sie schließlich durch die Tür und machte sich auf den Weg nach Hause.
    Als sie dort ankam, war es still im Haus. Socks kam die Treppe hinunter, um sie auf halber Höhe zu begrüßen. Cassie lief auf Zehenspitzen die letzten Stufen hinauf zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Ihr Dad schlief wie so oft, wenn er eine Vierundzwanzig-Stunden-Schicht hinter sich gebracht hatte, in der sie häufig hatten ausrücken müssen. Auf dem Boden neben seinem Bett stand der Korb mit der Schmutzwäsche. Cassie erkannte ein paar Kleidungsstücke ihrer Mutter wieder. Das machte ihr Dad immer. Er gab einige von Kates alten Kleidern in die Wäsche, wenn er eine Maschine anstellte. Die Gründe dafür kannte sie nicht.
    Cassie ging in ihr Zimmer, kroch in ihr ungemachtes Bett und schmiegte sich an den Bademantel ihrer Mutter. Socks sprang aufs Bett und kam zu ihr. Cassie schloss die Augen und fühlte den flauschigen Stoff auf ihrer Wange, atmete ihre Mutter ein und glitt in den Schlaf. Manchmal, fand sie, war es leichter, nicht wach zu sein.
    Cassie und Mike standen am frühen Abend wieder auf und sahen sich gemeinsam eine Sitcom an, die keiner von beiden besonders mochte. Währenddessen brutzelte Mike in der Pfanne Schweinekoteletts und Kartoffeln und erhitzte Erbsen in einem Topf auf dem Herd. Manchmal war es einfach schön, Geräusche im Haus zu haben, ohne den Druck zu spüren, sich ständig unterhalten zu müssen. Mike wusste, dass er eigentlich mit Cassie über den Telefonanruf ihrer Lehrerin sprechen sollte, den er heute bekommen hatte, doch tief in seinem Inneren spürte er, dass es im Moment besser war, ihr Zeit und Raum zu lassen. Feiertage und Urlaub verstärkten das Gefühl der Veränderung nun mal.
    Sie aßen zusammen und schauten sich derweil die alberne Sitcom mit dem Lachen aus der Konserve an. Von Zeit zu Zeit sah er sie von der Seite an und versuchte zu erkennen, wie es ihr ging, aber sie erwiderte seine Blicke nicht. Er fragte sich, wie man den Unterschied zwischen einem Menschen erkannte, der nur Zeit und Raum brauchte, und einem Menschen, den man zu verlieren drohte. Als sie zu Ende gegessen hatten, trug er die Teller in die Küche und wusch ab, während sie nach oben ging und ein Bad nahm. Und als sie fertig war, gab er ihr einen Gutenachtkuss und deckte sie zu. Es war ein alltäglicher Ablauf, den beide komplett verinnerlicht hatten.
    Er legte sich ins Bett, hielt es aber nicht lange aus. Kate fehlte ihm in vielerlei Hinsicht, aber sie dort zu vermissen, wo sie gemeinsam Zärtlichkeit und Leidenschaft erlebt hatten, wo sie eng umschlungen beieinandergelegen hatten, schien ihm unerträglich.
    Also ging er nach unten, um das Kaminfeuer zu schüren. In der Kiste mit dem Brennholz lagen Werbebriefe, die sie immer verbrannt hatten. Doch jetzt hatte diese Handlung eine andere Bedeutung. Kreditkartenfirmen schickten Kate noch immer Angebote. Publishers Clearing House verkündete großspurig, dass sie vielleicht Gewinnerin von einer Million Dollar war. Er warf den Brief in die Flammen. Kataloge waren auch dabei.

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