Eine Freundschaft im Winter
uns morgen um eins im Sanitätsraum. Ich werde dich einweisen.«
»Nimm sie morgen mit zum Skifahren!«, rief Eric aus dem Nebenzimmer. »Laut Wetteramt sind heute Nacht fünfundzwanzig Zentimeter Neuschnee möglich!«
Lisas Miene hellte sich auf. »Juhu!«, rief sie.
Beim Rausgehen sagte Tom zu Lisa: »Baby, ich kann dich heute Abend schon mit fünfundzwanzig Zentimetern versorgen.«
»Alles klar«, seufzte sie und rollte mit den Augen.
»Mein Angebot steht jedenfalls«, sagte Tom. Stout stand auf, als Tom die Tür öffnete, und trottete seinem Herrchen zum Trailer hinterher.
»Danke, dass du mir diesen Job besorgt hast«, sagte Jill. »Ich weiß, dass ich nicht für immer in Sparkle bleiben kann, aber der Gedanke, eine Weile hier unterzutauchen, fühlt sich zumindest gut an.«
»Hm«, machte Lisa und sah aus dem Fenster. Sie dachte an die Kerze, die in der vergangenen Nacht in Toms Fenster gebrannt hatte. Was war das für ein Gefühl, das sie in ihrem Inneren wahrnahm? Verachtung? Eifersucht? Nein, es konnte keine Eifersucht sein. Sie hätte niemals das Mädchen in seinen Armen sein wollen. Schließlich riss sie sich aus ihren Grübeleien und sagte: »Das hier wird der beste Winter, den du seit deinem zwanzigsten Geburtstag hattest.«
3. Kapitel
Schneebericht für den 22. November
Aktuelle Temperatur: –2,2°C, Höchstwert: – 0,6 °C um 15 Uhr, Tiefstwert: – 5,6 °C um 4 Uhr.
Heiter. Wind aus Südwest mit 24 km / h, in Böen bis zu 32 km / h.
71 cm am Berg, 89 cm auf dem Gipfel; 0 cm Neuschnee in den letzten 24 Stunden; 10 cm Neuschnee in den letzten 48 Stunden.
A m Tag vor Thanksgiving saßen sich Cassie und Mr. Nelson in seinem Beratungsbüro der Schule schweigend gegenüber. Sein blondes Haar wurde allmählich grau, und er wirkte müde. Er hatte es sich in seinem Stuhl bequem gemacht und die Beine übereinandergeschlagen. Er nahm seine Brille ab, rieb sich über Stirn und Augen und setzte sie dann wieder auf. Cassie hielt ihn nicht für besonders klug, doch sie glaubte, dass er ein gro ßes Herz hatte. Einige der Kids behaupteten, er wäre Alkoholiker, was Cassie dazu veranlasste, sich zu fragen, ob er einfach nicht wusste, was er ihr sagen sollte, oder ob er sich nur wünschte, er hätte jetzt einen Drink.
»Also, Cassie«, sagte er nach einer Weile, »deine Lehrerin hat mich gebeten, mit dir über das hier zu sprechen.« Er schob ein Blatt Papier über seinen Schreibtisch.
Cassie sah das Blatt nicht an. Sie wusste, worum es sich handelte. Es war ihr Essay zu Thanksgiving. Das Thema lautete: Wofür ich dankbar bin. Oben auf die Seite hatte sie ihren Namen und das Datum geschrieben, darunter den Titel, wie Mrs. Campbell es von ihnen für alle ihre Arbeiten verlangte. Unter den Titel hatte sie nur geschrieben: WOLLEN SIE MICH AUF DEN ARM NEHMEN? In Großbuchstaben und doppelt unterstrichen.
Mr. Nelson wartete darauf, dass sie etwas dazu sagte, und Cassie hoffte, er würde sie nicht in die Ecke treiben. Sie mochte ihn und wollte nicht all ihren Zorn an ihm auslassen. Aber sie war darauf vorbereitet, es vielleicht doch tun zu müssen. Er kann mich nicht dazu zwingen, mich zu entschuldigen, dachte sie. Er kann mich zu überhaupt nichts zwingen.
»Was ist mit deinem Dad? Bist du nicht dankbar für deinen Dad?«, fragte Mr. Nelson.
Wozu sollte sie? Cassie starrte grimmig vor sich hin und schwieg.
»Was ist mit deiner Gesundheit? Bist du dafür nicht dankbar?«, wollte Mr. Nelson wissen.
Es war ihr ziemlich egal. Nachdem sie keinen Willen mehr verspürte, Skirennen zu fahren, spielte ihre Gesundheit auch keine Rolle mehr für sie. Gott, bitte lass ihn jetzt nicht von den Kids anfangen, die weniger Glück haben als ich, dachte sie. Es ist mir egal. Ich habe meine eigenen Probleme.
Mr. Nelson änderte seine Strategie und griff nach einem Bild, das seinen Vater und ihn in Angelhosen zeigte. Beide hielten eine große Forelle in der Hand. Er reichte ihr das Foto. »Das ist mein Dad. Er ist vor zwei Jahren gestorben. Ich vermisse ihn schrecklich. Immer wenn ich einen großen Fisch angele, wünschte ich, er wäre da, um es mitzuerleben.«
Cassie ließ sich von dem Bild ein wenig erweichen. Sie sah die Traurigkeit in Mr. Nelsons Augen und reichte ihm das Foto zurück.
»Wenn wir zusammen waren, fühlte ich Frieden in mir, und es war so, als würde er alles verstehen.«
Cassie hörte mitfühlend zu, schwieg aber trotzdem weiter. Sie hätte keine Worte gefunden, selbst wenn sie es gewollt hätte.
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