Eine Freundschaft im Winter
Tom.
Lisa hielt den Karton hoch und sah Onkel Howard fragend an. Er hob jedoch die Hand und winkte ab. »Nein danke.«
Coach Ernie sah von Lisa zu Jill. »Es ist schön, euch beide wieder zusammen auf dem Berg zu sehen.«
»Und was ist mit mir, Coach?«, fragte Tom.
»Ach, Tom, natürlich ist es auch schön zu sehen, wie du auf dem Berg den Mädchen hinterherjagst.« Er lachte. »Wann immer du nicht dort warst, wo du eigentlich hättest sein sollen, musste ich nur nach einer Gruppe Mädchen Ausschau halten, und irgendwann hatte ich dich dann gefunden.«
»Ha!« Lisa lachte vorwurfsvoll.
»Ihr Mädchen solltet dieses Jahr wieder bei den Powder Eights mitfahren. Ihr habt den Wettbewerb im Paarskilauf schon einmal gewonnen. Ihr könntet es wieder schaffen«, sagte Coach Ernie.
»Ach, ich bin nicht ganz auf der Höhe, Coach«, sagte Jill. »Ich fürchte, die Zeiten sind vorbei.«
»Erst wenn du in mein Alter kommst, kannst du das sagen, Jilly, vorher nicht«, sagte Coach Ernie. Er war bei Weitem der älteste Mann auf dem Berg.
Onkel Howard holte eine Kuhglocke aus der Tasche und schlug mit dem Flachmann dagegen, bis alle ruhig waren.
»Licht ist der Geist in jedem von uns«, sagte er. »Es vereint uns. Wenn wir diese Lichter hier draußen sehen, lasst uns auch über das Licht in unserem Inneren nachdenken. Das Licht ist die Wahrheit.« Er zündete ein Streichholz an und hielt es an seine Fackel, ehe er die Flamme an Jills Fackel hielt. »Lasst uns das Licht weitertragen.«
Niemand wusste genau, was Onkel Howard wirklich meinte, doch am Heiligabend seinen Worten zu lauschen war eine Tradition, also hörten sie ihm zu. Und jeder versuchte, verständig auszusehen, und nicht, als bräuchte er Literatur, die ihm half zu verstehen. Ein verwirrter Blick konnte einem ungefragt einen Buchtipp von Onkel Howard bescheren. Und man fühlte sich verpflichtet, dieses Buch auch zu lesen – egal, wie todlangweilig es sein mochte.
Jill streckte den Arm mit der Fackel aus, damit Cassie ihre dar an entzünden konnte, die dann die von Coach Ernie ansteckte. So ging es weiter und weiter, bis alle Fackeln hell leuchteten.
»Und jetzt lasst uns unser Licht in die Dunkelheit tragen«, sagte Onkel Howard und fuhr mit Coach Ernie langsam voraus. Nach und nach folgten ihnen die anderen Skifahrer mit brennenden Fackeln in den Händen. Sie schlängelten sich den steilen Abhang hinunter, sodass die Menschen unten sie gut sehen konnten. In der Lodge hatte bereits die Feier begonnen.
Nach dem Fackellauf würden die Leute Weihnachtslieder singen, und Onkel Howard würde ein Weihnachtsmannkostüm anziehen und sich bemühen, den Kindern Videospiele auszureden und sie dazu zu bringen, mehr Bücher zu lesen. Und um Mitternacht würden sich Onkel Howard und acht Freunde Glöckchen umhängen und Schneeschuhe anziehen, um durch die Straßen von Sparkle zu laufen, damit die Kinder in ihren Betten sie hörten und an die, wie Howard sagte, »unerklärlichen und unendlichen Möglichkeiten« glaubten.
Jill wusste, dass dem Weihnachtsabend ein Zauber innewohnte, aber es war ihr unmöglich, alte Vorstellungen loszulassen und ihn einfach auf andere Art zauberhaft sein zu lassen.
Auf ihrem Heimweg kam sie an einem beleuchteten Weihnachtsmann vorbei. Sie musste daran denken, wie für sie als Kind der Glaube an den Weihnachtsmann den Zauber des Heiligabends bewirkt hatte. Als sie dann erfahren hatte, dass es doch keinen Mann im roten Gewand gab, der am Nordpol lebte und Spielzeug für alle Mädchen und Jungen der Welt herstellte, war ihr das Weihnachtsfest für viele Jahre sehr viel weniger zauberhaft vorgekommen. Erst als sie die alte Vorstellung losgelassen hatte, hatte sie angefangen, überall das Wesen des Weihnachtsmannes zu erkennen – in den Taten der Nächstenliebe, der Großzügigkeit und in der Beachtung, wie kostbar Kinder waren. Als sie das erkannt hatte, hatte Weihnachten seinen Zauber zurückgewonnen.
Jill hoffte, dass es mit der Liebe auch so sein würde. Sie hoffte, dass sie, sobald sie die Vorstellung losgelassen hatte, wie Liebe – Ehe und Romantik – aussehen sollte, vielleicht überall das We sen der Liebe erkennen würde. An eine wahre Liebe zu glauben ist vielleicht genauso, wie an den Weihnachtsmann zu glauben, dachte sie. So, wie sie jedem kleinen Kind die Erfahrung wünschte, an den Weihnachtsmann zu glauben, wünschte sie jedem jungen Menschen die Erfahrung, an die wahre Liebe zu glauben. Bevor ihr feststellt, dass das
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