Eine Freundschaft im Winter
habe es jedenfalls immer geliebt.
In Liebe
Mom
Danach öffnete Cassie ein weiteres Geschenk. Es war ein feiner silberner Bilderrahmen. Darin war ein Foto von ihrer Mutter und ihr. Diesem Geschenk lag keine Nachricht bei. Cassie ließ den Bilderrahmen sinken und versuchte, sich den Tag ins Gedächtnis zu rufen, an dem das Foto entstanden war. Sie wusste es nicht mehr. Es waren nur ihre Gesichter zu sehen – das Bild hätte überall aufgenommen worden sein können.
Schließlich packte sie das letzte Geschenk aus. Es war ein Buch, dessen Umschlag mit einer Schleife zugebunden war. Cassie löste den Knoten mit gemischten Gefühlen, denn sie wollte eigentlich nichts lösen, was ihre Mutter verschlossen hatte, aber andererseits war sie neugierig, was sich darin be fand. Sie ließ die von ihrer Mom beschriebenen Seiten durch ihre Finger gleiten und begann zu lesen:
Wenn jemand stirbt, den du liebst, ist es normal, den Glauben zu verlieren. Ich möchte nicht, dass du deinen Glauben verlierst. Ich möchte, dass du daran glaubst, dass es eine Macht auf dieser Welt gibt, die größer ist als du. Eine liebende und mitfühlende Macht. Ich möchte, dass du daran glaubst, dass dein Leben einen Sinn hat und dass dein Dasein einen Zweck erfüllt. Und wenn das Leben einmal schwierig ist, sollst du an deine Kraft glauben, um es zu ertragen, und es wird dir irgendwann besser gehen. Ich möchte, dass du das friedvolle Gefühl in deinem Herzen trägst, das du nur empfinden kannst, wenn du daran glaubst, dass es für alles einen Grund gibt, auch wenn du ihn im Moment vielleicht nicht erkennen kannst. Dieser Glaube ist es, der mich jetzt stützt und der mir Kraft gibt. Du und ich haben uns nie über den Glauben unterhalten. In meiner Familie war die Beziehung zu Gott etwas sehr Persönliches. Ich dachte, wenn ich dich in die Berge mitnehme, würdest du Göttlichkeit und Ordnung in der Natur finden und deine eigene Beziehung zu Gott aufbauen. Aber ich fürchte, dass du nicht genug Zeit hattest, ehe du mit meinem Verlust hast fertigwerden müssen. Jeden Tag werde ich ein Gebet schreiben, sodass ich meinen Glauben mit dir teilen kann. Ich liebe dich, Cassie. Und ich glaube, dass ich, wenn du das hier liest, an einem guten Ort sein werde und dich und deinen Vater noch immer von Herzen liebe.
Cassie drückte das Buch an ihr Herz. »Wusstest du darüber Bescheid?«, fragte sie ihren Vater.
Mike nickte.
»Hast du es gelesen?«
Er schüttelte den Kopf.
Obwohl Cassie wusste, dass die Geschenke nur Gegenstände waren, kamen sie ihr wie eine Zeitkapsel zurück zu ihrer Mutter vor – vor allen Dingen das Buch.
Sie band die Schleife wieder um das Buch und legte es zusammen mit den anderen Dingen zurück in ihre Schatztruhe. Sie wusste, dass sie sie jederzeit wieder aufmachen konnte, wenn sie es wollte oder brauchte, und dass im Inneren der Schatulle ein neues Gespräch mit ihrer Mutter auf sie wartete.
Jill wachte auf und blieb noch eine Weile im Bett liegen. Sie dachte an all die Weihnachtsmorgen, an denen sie ihr strahlendes Kind nicht dabei beobachten würde, wie es losrannte, um nachzusehen, was der Weihnachtsmann gebracht hatte.
Glücklicherweise wurden ihre Gedanken unterbrochen, als Lisa die Zimmertür aufriss und sich mit einem Satz auf ihr Bett warf. »Fröh-li-che Weih-nach-ten! Fröh-li-che Weih-nach-ten!«, sang sie und überreichte Jill eine Tüte mit Geschenken.
»Fröhliche Weihnachten«, murmelte Jill und zwang sich zu einem Lächeln.
»Komm zu mir rüber! Ich habe Zimtschnecken gebacken, und gleich mache ich Rühreier.«
Jill warf einen Blick auf die Uhr. Halb sieben. Sie setzte sich auf und umarmte Lisa. »Der Weihnachtsmann hat auch etwas für dich gebracht«, sagte Jill und deutete mit den Augen zu einer Tüte auf dem Boden.
»Toll!«, rief Lisa und fing an, die Geschenke auszupacken. Sie fand ein Naturkosmetik-Sport-Duschgel, eine Kerze, die nach Preiselbeeren und Orangen duftete, ein Paar silberne Ohrringe mit Amethyst-Steinen, ein Tagebuch, Smartwool-Socken, einen Geschenkgutschein fürs Skiwachsen und eine Wasserflasche aus Edelstahl. »Juhu, das alles gefällt mir super! Jetzt bist du dran! Ein paar Dinge sollen dir dabei helfen, das Leben im Zwinger besser zu ertragen.«
Jill fand in ihrer Geschenktüte Latexhandschuhe, Dusch sandalen, ein Antipilzmittel und ein Lysol-Desinfektionsmittel mit Blumenduft. Dann packte sie Weihrauch und eine Kerze mit würzigem Duft aus, die ihr dabei helfen sollten, gegen
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