Eine Freundschaft im Winter
schlechte Gerüche anzukämpfen. Außerdem hatte Lisa ein Stück schwarzen Obsidian zum »psychischen Schutz« und einen Silberrahmen mit türkisfarbenen Verzierungen beigelegt, in dem ein kleines Bild der Heiligen Liberata war, die im Allgemeinen »gegen ungebetene Gäste und lästige Ehemänner« angefleht wurde.
»Das brauchst du auf jeden Fall, wenn du hier wohnst. Du musst es über deinem Bett aufhängen«, sagte Lisa.
Dann hatte sie noch ein letztes Geschenk für Jill – einen Anhänger aus Rosenquarz an einer Silberkette. Er sollte dabei helfen, Jills Herz zu heilen. Jill legte sich die Kette um, berührte sacht den Anhänger und warf Lisa ein trauriges Lächeln zu. »Ich glaube, es wirkt schon.«
»Lass uns Toms Weihnachtswunsch erfüllen und ihn aufwecken, indem wir uns beide auf ihn stürzen«, sagte Lisa.
Jill schüttelte den Kopf. »So nahe stehe ich ihm nicht.«
»Gut, dann schmeiße ich mich allein auf ihn.«
Jill blieb noch ein paar Minuten liegen, ehe sie aufstand, sich anzog und auf Zehenspitzen zur Eingangstür ging, wo sie in ihre Stiefel schlüpfte.
Lisa und Tom kamen gerade ins Wohnzimmer. Tom sah das Bier in der Ecke und pfiff durch die Zähne. »Der Weihnachtsmann war hier!« Er leerte seinen Strumpf, füllte alle Geschenke in seine Manteltasche und sagte zu Jill: »Danke, Weihnachtsmann.«
Auf dem Weg warf Jill einen Blick aufs Thermometer. Es zeigte –4 °C.
Als Lisa ihnen die Hintertür öffnete, drangen Weihnachtsmusik und der Duft von Zimtgebäck nach draußen. Lisa fing an, Feliz Navidad mitzusingen. Tom gab ihr einen Kuss auf die Wange und stimmte mit ein. Stolz verteilte Lisa ihre Zimtschnecken aus Vollkornmehl, die mit getrockneten Aprikosen, Preiselbeeren und Mandeln verfeinert waren. Danach widmete sie sich den Rühreiern.
»Gibt es etwas Himmlischeres als Zimtschnecken?«, sagte Tom und seufzte wohlig.
»Mmh …«, machte Jill, als sie das weiche, noch warme Gebäck entrollte und das Ende abbiss. »Wie lecker! Ach, Lisa, das ist so schön.«
»Ich wollte Sekt und Orangensaft servieren, aber weil wir heute alle arbeiten müssen, schien es mir nicht sehr vernünftig. Saft oder Kaffee?«, fragte sie.
»Ist heute Abend etwas geplant?«, erkundigte sich Tom. »Schneeraupen-Party?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Lisa. »Erinnerst du dich an letztes Jahr? Wir waren alle so erledigt, dass wir nur noch ins Bett wollten.«
Tom warf ihr einen anzüglichen Blick zu. »Okay, dann feiern wir heute Abend halt im Bett. Und glaub mir, Lisa, es wird sehr unterhaltsam …«
Jill rollte mit den Augen.
»Wie bitte, Tom?«, erwiderte Lisa. »Hast du gesagt, heute bleiben wir enthaltsam? Ja, das ist genau das, was mir vorschwebte.«
»Haha! Gut gekontert, Lisa«, sagte Jill.
Tom lächelte nur und nahm einen Schluck Kaffee.
»Kann ich kurz meine Mails checken?«, fragte sie dann.
»Fühl dich wie zu Hause«, erwiderte Lisa.
Liebe Familie und Freunde! Frohe Weihnachten! Gesegnet sei dieser heilige Tag, der Tag, an dem Gott uns seinen eingeborenen Sohn Christus geschickt hat, unseren Retter. Während dieser Zeit gehen meine Gedanken oft zu König Herodes, der anordnete, alle Babys unter einem Jahr zu töten, weil er sich vom neuen König bedroht fühlte. Wie göttlich, dass König Herodes Jesus nicht umgebracht hat, denn dann wären wir alle verloren gewesen. Wir haben diese frohe Botschaft heute Morgen in Waisenhäusern verkündet und den Kindern dort Volleybälle und Fußbälle gebracht. So hoffen wir, dass unsere Mission Früchte trägt. Betet für uns alle hier.
In Liebe
Familie Anthony
Super, dachte Jill und bedauerte die kenianischen Kinder, die mit Bällen bestochen worden waren, damit sie sich die gruseligen Geschichten ihrer Eltern anhörten. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich jeden Weihnachtsmorgen diese nicht enden wollende, langweilige Erzählung hatte anhören müssen, bevor sie ihre Geschenke hatte aufmachen dürfen. Die Geschichte kam ihr noch sinnloser vor als früher.
Sie warf einen Blick auf die Uhr und loggte sich aus. Dann bedankten sie und Tom sich noch einmal bei Lisa, bevor sie sich auf den Weg zur Arbeit machten.
Der Morgen verlief relativ ruhig. Sie hatten nur einen Verletzten zu versorgen – einen Einheimischen Anfang zwanzig, der keine Familie hatte. Er saß mit seinem Eisbeutel auf dem Knie da und wirkte deprimiert.
In der Pause besuchte Jill ihren Onkel Howard. Er hatte eine Lichterkette am Fenster angebracht, und an der Tür zu seinem kleinen
Weitere Kostenlose Bücher