Eine Freundschaft im Winter
fragte dann: »Denkst du eigentlich über uns nach?«
»Was meinst du damit?«, erwiderte sie und wich einer direkten Antwort auf seine Frage aus.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe viel Spaß mit dir, und manchmal denke ich über dich und mich nach. Wahrscheinlich ist es falsch, denn so lange ist das alles noch nicht her. Und du machst ja auch gerade schwere Zeiten durch. Genau wie ich. Cassie braucht dich, und ich möchte das nicht zerstören. Aber manchmal denke ich eben darüber nach.«
Jill wartete einen Moment lang, ob er noch etwas anfügen würde. Als er jedoch schwieg, sagte sie: »Ja, manchmal denke ich auch darüber nach.«
Dann streckte sie die Arme aus und umarmte ihn, und er erwiderte ihre Umarmung. Sie blickte ihm noch einmal in die Augen, ehe sie hinausging. Und was sie sah, war ein Fünkchen Hoffnung auf mehr.
22. Kapitel
Schneebericht für den 17. März
Aktuelle Temperatur: –8,9°C, Höchstwert: – 6,1°C um 15 Uhr, Tiefstwert: –11,1°C um 4 Uhr.
Klarer Himmel. Wind aus Südwest mit 48 km / h, in Böen bis 64 km / h.
277 cm am Berg, 302 cm auf dem Gipfel; 0 cm Neuschnee in den letzten 24 Stunden; 0 cm Neuschnee in den letzten 48 Stunden.
A m Vortag hatte Eric Jill zum Schuppen hinter der Werkstatt geführt. Dahinter hatte ein Wassertank auf Kufen gestanden, der mit einem Schlauch versehen war. Wahrscheinlich hatte der Tank einst dazu gedient, Waldbrände zu bekämpfen.
»Ich habe dieses hübsche Exemplar im Oktober entdeckt, und seitdem habe ich diesen Traum. Morgen ist doch Saint-Patrick’s-Day, und in dem Tank befindet sich – giftgrüne Limonenbrause. Wir schaffen das gute Stück zur Yellow Brick Road, schmeißen den Kompressor an, und du wirst die ganze Piste grün färben. Ich brauche jemanden, der den Schlauch hält und sprüht, während ich fahre. Eigentlich wollte Hans das übernehmen, aber der pennt, und ich schaffe es nicht, ihn zu wecken. Lisa und Tom würde man sofort verdächtigen; und sie würden wohl auch nicht dichthalten, wenn die Leute morgen Fragen stellen. Niemand wird auf dich kommen.«
»Weil man mir keinen Spaß zutraut?«, hatte sie gefragt.
Eric hatte gelacht. »Nein, weil du ein nettes Mädchen bist. Es wäre gut für dich, auch mal ein bisschen böse zu sein.«
Jill hatte nicht Nein gesagt.
Jetzt, nach Mitternacht, saß sie beschwipst in Erics alten Regenklamotten auf dem Tank, als wäre dieser ein Pferd. Sie besprühte den frisch präparierten Schnee hinter Erics Pistenraupe und lachte hysterisch. Als der Tank schließlich leer war, gab sie Eric ein Zeichen. Er hielt an, und sie kletterte in die beheizte Schneeraupe. Sie lachte noch immer, und er stimmte mit ein. Dann reichte er ihr noch ein Bier.
»Du hast einen sehr schlechten Einfluss auf mich, Eric!«
»So? Und wie fühlt sich das an?«, fragte er.
»Sehr gut«, antwortete sie.
»Wenn du mich machen lässt, wirst du dich noch viel wohler fühlen …«
Jill lachte. In schwachen Momenten spielte sie manchmal mit dem Gedanken, sich auf Eric einzulassen. Er war süß. Erst neulich hatten sie zusammen Der Frühstücksclub gesehen. Eric hatte gekocht und ihr während des Films die Schultern massiert. Sie waren Freunde – Freunde mit einer ganz besonderen Chemie. Und solange sie sich darüber im Klaren war, was er war und was nicht, konnte sie sich an dem, was er war, erfreuen und es genießen. Eric war warmherzig und liebenswert, doch er war kein Mann für eine Beziehung. Für Mike hatte sie richtige, tiefe Gefühle, aber Mike war nicht zu haben. Eric dagegen schon. Beim Gedanke an Mike bekam sie sofort ein schlechtes Gewissen, weil sie hier mit Eric zusammensaß, lachte, trank und Spaß hatte. Genau genommen war es kein Betrug – also warum fühlte es sich dann so an?
»Sieh dir an, was wir geschaffen haben«, sagte Eric. Sie drehten sich um und betrachteten die grüne Strecke hinter sich. Im Dunkeln konnten sie jedoch nicht viel erkennen. »Wir sind die Besten!«
»Das ist das Böseste, was ich je getan habe«, verkündete Jill stolz.
»Das lässt sich ändern«, erwiderte Eric anzüglich. »Und du könntest noch mehr Spaß haben …«
Jill war durcheinander. War es dumm, auf Mike zu warten, bis er eine Beziehung mit ihr einging – falls es überhaupt jemals so weit kommen sollte? Ja, plötzlich kam es ihr dumm vor. Eric mit seiner sexy Stimme dagegen, der lustig und locker war und ihr dabei half, fröhlich zu sein und Spaß zu haben, war hier bei ihr. Wäre es wirklich so
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