Eine Freundschaft im Winter
erläuterte Jason.
»Und wer hat das von Anfang an gesagt?«, fragte Tom weiter.
»Der allmächtige und allwissende Tom«, antwortete Jason.
Während Jill und Mike die Umstehenden begrüßten, schrie Cassie ihnen am Start der Bahn zu, sie sollten sich beeilen. Kurz darauf stürzten sich Mike und Cassie die Bahn hinunter und verschwanden wie Raketen in der Rinne. Dann war Jill an der Reihe. Sie kreuzte die Beine und Arme und ließ die Schwerkraft den Rest übernehmen. Verschwommen nahm sie die Lichterketten wahr, als sie an ihnen vorbeischoss, durch die Kurven jagte, am Ende der Bahn langsamer wurde und schließlich anhielt.
Sie konnte Mike und Cassie nicht entdecken, doch plötzlich traf sie – Klatsch! – ein Schneeball im Gesicht.
»Oh, das hast du nicht gewagt!«, brüllte sie, als sie Cassie verfolgte, die hinter einem Baum hervorgekommen war und hinter dem nächsten verschwand. »Jetzt kannst du was erleben, Cassie!«
Unvermittelt packte Mike Jill von hinten und hielt sie fest. »Ich hab sie, Cassie! Ich hab sie!« Und bevor Cassie gnadenlos Schneeball um Schneeball in ihr Gesicht feuerte, genoss Jill einen Moment lang das Gefühl seiner Arme um sich.
»Das reicht!«, schrie Jill irgendwann. »Ich schicke euch beide nach Arizona!«
»Ergibst du dich?«, knurrte Mike.
»Ja!«, kreischte Jill.
Mike ließ sie los, und Cassie hörte auf, Schneebälle zu werfen. Siegreich klatschten sie einander ab, ehe Cassie wieder neben der Rodelbahn nach oben lief. Jill schüttelte sich den Schnee ab, und die bunten Perlenketten flogen ihr um die Ohren. Dann griff sie sich unter die Jacke und zog ihr T-Shirt aus der Hose. Schneeklumpen fielen heraus.
Mike zog ein paarmal die Augenbrauen hoch und grinste.
»Und auf so was stehst du, oder?«, scherzte Jill.
Mike grinste weiterhin anzüglich und zuckte die Achseln.
»Jetzt gibt’s Rache«, schwor Jill, als sie Cassie den Pfad hinauf folgten.
»Da hab ich aber Angst«, sagte Cassie spöttisch. »Du auch, Dad?«
»O ja. Verdammt viel Angst sogar«, erwiderte Mike.
Als sie oben angekommen den Machern gegenüber die Rodelbahn lobten, nahm Jill einen Schluck aus Lisas Flasche, um sich aufzuwärmen – oder zumindest die Illusion von Wärme zu haben. Sie blickte in die Runde und fühlte sich glücklich inmitten ihrer Freunde. Glücklich und sogar dankbar für einige Umstände und Ereignisse, die sie zurück nach Sparkle geführt hatten. Nicht für die Fehlgeburt – dafür war sie nicht dankbar. Doch Davids Untreue und der abrupte Richtungswechsel in ihrem Leben fühlten sich abgemildert an. Sie war zufrieden. Hier in Sparkle konnte ein Mensch sein Leben lang ein verspieltes Kind sein – zumindest in einigen Bereichen. Ein Vergnügen wie die Rodelbahn gab es in Austin nicht und ganz sicher auch nicht im Krankenhaus dort.
Sie rutschten noch ein paarmal auf der Rodelbahn, ließen noch einige Schneebälle hin und her fliegen und wärmten sich dann am Lagerfeuer. Irgendwann verkündete Mike, dass es Zeit für Cassie sei, in die Federn zu kommen. Jill war auch müde, also wünschte sie ihren Freunden eine gute Nacht und folgte Mike und Cassie zurück in die Stadt.
Als sie den Zwinger erreichten, fragte Mike: »Möchtest du noch auf einen Becher Kakao mitkommen?«
Sie sah ihm an, dass er nicht wollte, dass der Abend schon zu Ende ging. »Gern«, entgegnete sie.
Als sie ins Haus kamen, erwärmte Mike Milch, schenkte Cassie einen Becher Kakao ein und sagte: »Und jetzt ab in die Badewanne!«
Einen Moment lang jammerte sie, trottete dann aber gehorsam nach oben.
Mike schüttete den Rest des Kakaos für Jill und sich in zwei Becher und gab noch einen Schuss Baileys hinein. »Du weißt ja, was man so schön sagt: ›Mit süßen Teilchen braucht’s ein Weilchen, mit Muskateller geht’s wesentlich schneller.‹«
Flirtete er mit ihr? Jill lachte verlegen und errötete.
Er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch, atmete tief durch und sagte zufrieden: »Das war ein schöner Abend.«
Sie lächelte. »Ja, das stimmt.«
Sie tranken ihren verfeinerten Kakao, erinnerten sich an einige lustige Momente an der Rodelbahn und lachten gemeinsam. Sein Lächeln wirkte irgendwie anziehender als sonst, doch sie schob diesen Eindruck auf den Baileys. Sie vertrug einfach nicht viel Alkohol.
Als sie Anstalten machte zu gehen, brachte er sie zur Tür und legte dabei für einen Moment seine Hand auf ihren Rücken. Jill wandte sich zu ihm um und lächelte ihn an.
Er zögerte kurz und
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