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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Engelchen, nicht bloß einmal die Woche, wenn es Ihnen gerade mal einfällt« -, und er legte erst auf, als ich es ihm versprach.
    Obwohl Sandwich und Kaffee auf mich warteten, wollte ich noch Tonia Coriolano anrufen. Während mein Kaffee kalt wurde, entschuldigte sie sich wortreich, aber sie hatte kein Zimmer frei. Normalerweise erlaubte sie Freunden ihrer Mieter, eine Nacht auf der Wohnzimmercouch zu verbringen, aber auch die war im Augenblick besetzt.
    Lisa winkte mir und deutete auf meinen Tisch. Ich nickte. Notzeiten erfordern Notmaßnahmen. Ich schlug Mrs. Polters Nummer nach und wusste nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht war, dass sie Telefon hatte.
    Sie antwortete nach dem neunten Klingeln. »Ja? Was wollen Sie?«
    »Ein Zimmer, Mrs. Polter. Ich bin V. I. Warshawski, die Detektivin, die ein paarmal bei Ihnen war. Ich brauche ein Zimmer für ein paar Nächte.«
    Sie lachte rau auf. »Ich hab nur Männer im Haus. Bis auf mich, natürlich, aber ich kann auf mich aufpassen.«
    »Ich kann auch auf mich aufpassen, Mrs. Polter. Ich bringe eigene Handtücher mit. Es ist höchstens für drei Nächte. Und glauben Sie mir, keiner Ihrer Mieter wird mich belästigen.«
    »Schon, aber was ist mit - ach, zum Teufel damit. Sie haben für das Zimmer des alten Knaben bezahlt, und er hat es gar nicht benutzt. Ich nehme an, Sie können dort schlafen, wenn Sie wollen. Aber nicht länger als zwei Nächte, hören Sie? Ich muss an meinen Ruf denken.«
    »Ja, Madam«, sagte ich schnell. »Ich komme gegen halb elf, bringe meine Sachen und hole mir den Schlüssel.«
    »Halb elf? Was glauben Sie, was das hier ist, das Ritz? Ich schließe Punkt -« Wieder schnitt sie sich selbst das Wort ab.
    »Ach, was macht das schon? Ich bin meistens sowieso bis ein Uhr morgens auf und schaue in die verdammte Glotze. Kommen Sie nur vorbei.«
    Als ich an meinen Tisch zurückkam, brachte mir Lisa frischen Kaffee. Es zahlt sich aus, wenn man Stammgast ist.

31
    Kletterpartie
    Ich ging hinter Mrs. Polter die dunkle, schmale Treppe hinauf und stolperte über das aufgerissene Linoleum. Wegen des Geruchs, an den ich mich erinnerte, hatte ich außer Handtüchern auch eigene Bettwäsche mitgebracht, aber die Erinnerung konnte nicht mit der Realität aus Fett und abgestandenem Schweiß konkurrieren. Ein billiges Motel wäre zehnmal sauberer und diskreter gewesen.
    Mrs. Polters Arme streiften die Wände des Treppenhauses. Sie blieb oft stehen, um Luft zu holen. Nachdem ich bei der ersten Pause gegen ihre Fülle geprallt war, hielt ich gute drei Stufen Abstand zwischen uns.
    »Okay, Schätzchen, da sind wir. Wie ich gesagt habe, kein Kochen in den Zimmern, das halten die Leitungen nicht aus. Rauchen ist auch verboten. Keine lauten Radios oder Fernseher. Kein Krach. Sie können sich zwischen sieben und zwölf Frühstück machen. Die Küche ist leicht zu finden - am Ende vom Flur im Erdgeschoss. Versuchen Sie, morgens nicht im Bad zu trödeln -die Jungs müssen sich rasieren, bevor sie zur Arbeit gehen. Hier ist der Haustürschlüssel - wenn Sie ihn verlieren, zahlen Sie ein neues Schloss.«
    Ich nickte ernst und befestigte ihn betont auffällig an einer Gürtelschlaufe. Mrs. Polter hatte wegen des Hausschlüssels Streit mit mir angefangen. Als ich ihr sagte, sie habe die Wahl, mir den Schlüssel zu geben oder mitten in der Nacht von mir geweckt zu werden, hatte sie zunächst darauf bestanden, dass ich anderswo wohnte. Mitten im Streit hatte sie sich unterbrochen, mich böse angefunkelt und mir dann unvermittelt den Schlüssel zugestanden. Sie hatte sich zum dritten Mal freiwillig über einen Einwand gegen mein Hiersein hinweggesetzt. Ich war hier, obwohl wir beide wussten, dass ich nicht hierhergehörte - das gab uns jedenfalls ein gemeinsames Gesprächsthema.
    Sie schaltete mit eindeutigem Widerstreben die nackte Vierzigwattbirne ein. Um Geld für Strom zu sparen, bewegte sie sich so viel wie möglich im Dunkeln. Sie blieb auf de r Schwelle stehen und beäugte meinen Koffer, der ein Zahlenschloss hatte.
    »Soll ich Ihnen die Kombination sagen?«, fragte ich fröhlich. »Oder wollen Sie sie selber rauskriegen?«
    Daraufhin murmelte sie etwas Finsteres und schob ihre Masse vom Eingang weg. Als ich hörte, dass sie langsam die Treppe hinunterging, machte ich das Schloss auf und musterte den Kofferinhalt. Bis auf Ersatzmunition für meine Pistole war nichts darin, was sie nicht sehen durfte, nichts, was auf meine Adresse oder mein Einkommen hinwies. Die

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