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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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wir mal, hundert Dollar, dass der Mann, der gesagt hat, er ist Mitchs Sohn, in Wahrheit Milt Chamfers ist, der Fabrikleiter von Diamond Head. Sie wissen schon - die Motorenfabrik in der Thirty-first Street am Kanal. Wären Sie bereit, morgen früh mit mir hinzufahren und sich ihn anzuschauen? Um zu beweisen, ob ich recht oder unrecht habe?«
    Die schwarzen Knopfaugen schimmerten einen Moment lang gierig, aber als sie darüber nachdachte, verschwand das Glitzern. »Sagen wir mal, Sie haben recht. Nicht dass ich Ihnen glaube, aber sagen wir mal, Sie haben recht. Warum hat er das getan?« Ich holte tief Luft und wählte die Worte sorgfältig. »Sie haben Mitch Kruger nicht gekannt, Mrs. Polter, aber ich bin mir sicher, dass Sie im Lauf der Jahre jede Menge Typen wie ihn kennengelernt haben. Immer auf der Lauer nach einem leicht verdienten Dollar, nie bereit, es mit Arbeit zu etwas zu bringen.« »Ja, ein paar solche Typen hab ich kennengelernt«, sagte sie widerwillig.
    »Er hat geglaubt, er hat bei Diamond Head was rausgekriegt. Fragen Sie mich nicht, was, denn ich weiß es selber nicht. Ich kann nur sagen, er hat sich dort herumgetrieben, hat Andeutungen gemacht, er sei einer Maus chelei auf der Spur, und ist gestorben. Chamfers hat vermutlich geglaubt, Mitch hätte wirklich Beweise für etwas Illegales. Sobald seine Leiche gefunden wurde, kam Chamfers also hierher und gab sich als Mitchs Sohn aus, damit er an seine Papiere herankam.« Es war nicht wahrscheinlich, dass Mitch auf einen schriftlichen Beweis für Wirtschaftskriminalität gestoßen war. Andererseits - wer weiß -, vielleicht hatte er auf der Suche nach Dokumenten, die ihm Erpressungsmaterial lieferten, die Abfalleimer durchstöbert.
    »Sagen wir also mal, ich habe ihn am Freitag angerufen«, unterbrach Mrs. Polter meine Gedanken. »Nicht dass ich's wirklich getan hab, bloß mal angenommen. Was dann?« »Ich versuche seit zwei Wochen mit dem Kerl über Mitch Kruger zu sprechen, und er will nicht mit mir reden. Freitagnacht war ich in der Fabrik in der Hoffnung, eine Möglichkeit zu finden, wie ich ihn dazu zwingen kann, mit mir zu reden. Sieben Männer haben mir dort aufgelauert. Wir haben gekämpft, aber es waren zu viele für mich, und wie gesagt, als sie mich überfahren wollten, bin ich in den Kanal gesprungen.« Ich erzählte Mrs. Polter nichts von den Kupferspulen. Wenn sie versucht hätte, Chamfers zu erpressen, wäre sie wahrscheinlich die Nächste gewesen, die nach Stickney trieb. »Sieben Kerle gegen Sie, was? Hatten Sie Ihre Waffe dabei?«
    Ich lächelte vor mich hin. Sie wollte wirklich die Technicolorfassung. Ich gab ihr eine plastische Schilderung, einschließlich des Niesens, das zu meiner Entdeckung geführt hatte. Und einschließlich der Bemerkungen über den »Boss«, der den Ganoven gesagt hatte, ich komme auf das Grundstück. Ich ließ nur den Teil mit dem Kupfer und den Lastwagen aus.
    Sie seufzte lautstark. »Sind Sie wirklich das Krangerüst hinuntergeklettert? Wenn bloß jemand mit einer Kamera dabei gewesen wäre. Natürlich bin ich auch mal jung gewesen. Aber ich glaub nicht, dass ich je von einem Sims auf einen Kran hätte springen können. Das liegt an meinem Kopf - ich hab Höhenangst.«
    Sie grübelte eine Weile schweigend. »Klar, der Kerl hat mich reingelegt, als er behauptet hat, er ist Mitch Krugers Sohn. Ich hätt's wissen müssen, als er mir so viel Geld angeboten hat...« Sie beäugte mich unsicher, entspannte sich aber, als ich sie ruhig ansah. »Das ist meine einzige Schwäche«, sagte sie mit Würde. »Wir waren zu arm, als ich klein war. Haben Schmalzbrote in die Schule mitgenommen. Es waren gute Zeiten, wenn wir zwei Scheiben Brot um das Schmalz herum hatten. Aber ich bin eine gute Menschenkennerin und hätte merken müssen, dass er mich durchschaut hatte.« Sie dachte noch etwas nach und hievte sich dann unvermittelt aus dem Sessel. »Bleiben Sie hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Ich stand auf. Die Knie taten mir weh, weil ich so lange auf dem Linoleum gehockt hatte. Während sie im Flur mit Sam flüsterte, setzte ich mich auf ihren Schemel und machte Winkelstütze. Ich brachte es auf fünfzig, bis sie zurückkam.
    »Das hier hab ich aus Mitchs Zimmer genommen, als sein Sohn, oder wer das auch ist, hier war. Sie können ruhig auch das Schlimmste über mich wissen. Ich hab gemerkt, dass ihm die Finger nach den Papieren des alten Mannes jucken, und ich hab gedacht, vielleicht sind sie was wert. Aber ich bin sie

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