Eine für alle
lieber das angeschaut, statt mit mir zu reden.
»Sie sind also in den Kanal gefallen, was?«
»Haben Ihre Kumpel Ihnen das nicht erzählt? Wir hatten einen tollen Abend miteinander. Als sie versuchten, mich als Straßenbelag zu verwenden, dachte ich, wer kämpft und flieht, ein Morgen kommen sieht.«
»Wer hat versucht, Sie zu überfahren?«, murmelte sie, den Blick auf den Bildschirm gerichtet.
»Milton Chamfers, Mrs. Polter. Sie kennen ihn: Sie haben ihn sofort angerufen, als ich mich bei Ihnen gemeldet hatte, um ihm zu sagen, dass ich wieder in die Gegend komme.« »Ich weiß nicht, worüber Sie reden.«
»Doch, das wissen Sie, Mrs. Polter.« Ich stand von der Couchlehne auf und nahm ihr die Fernbedienung aus der Hand. »Warum kommen wir nicht später auf Clint zurück? Meine Abenteuer Freitagnacht waren genauso aufregend wie seine. Ich verspreche, sie in knalligem Technicolor zu schildern, wenn Sie mir zuhören.« Ich drückte auf die Austaste, und der riesige Fernseher wurde leer.
»Hey, Sie haben kein Recht -«, schrie sie. »Lily, bist du okay?« Sam tauchte nervös auf der Schwelle auf. Er konnte im dunklen Flur nur ein paar Schritte gegangen sein, bereit, ihr zu Hilfe zu kommen.
»Ach, geh und iss zu Abend, Sam. Mit der werde ich schon allein fertig.« Er versuchte, ihr Zeichen zu geben. Als sie nicht darauf achtete, schlurfte er ins Zimmer und beugte sich über ihren Sessel. »Ron sagt, sie hat eine Knarre. Er hat sie gesehen, als sie sich umgezogen hat.«
Mrs. Polter lachte rau auf. »So, sie hat also eine Knarre. Um durch mein Fleisch zu kommen, müsste sie schon eine Kanone haben. Mach dir keine Sorgen, Sam.« Als er wieder in der Finsternis verschwand, musterte sie mich prüfend. »Sind Sie hergekommen, um mich zu erschießen?« »Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich die Pistole gezogen, als Sie mit dem verfluchten Feuerlöscher vor mir herumgewedelt haben - das hätten mir die Cops als Notwehr abgekauft.«
»Ich hab nicht gewusst, dass Sie es sind«, sagte sie entrüstet. »Ich hab jemand an meiner Tür gehört. Ich hab auch das Recht, mich zu verteidigen, genau wie Sie, und in dieser Gegend kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Und dann gehen Sie auf mich los wie ein wilder Stier, was erwarten Sie da? Den Bürgermeister und ein Empfangskomitee?« Ich grinste über ihre letzte Bemerkung, setzte aber den Angriff fort. »Hat Chamfers Sie am Samstag angerufen? Ihnen gesagt, ich sei tot?«
»Ich kenn niemand namens Chamfers«, brüllte sie. »Kriegen Sie das endlich in den Kopf.«
Ich schlug mit der Handfläche gegen den Fernseher. »Kommen Sie mir nicht mit dieser Scheiße, Mrs. Polter. Ich weiß, dass Sie ihn angerufen haben; die haben es mir Freitagnacht in der Fabrik gesagt.«
»Ich kenn niemand, der so heißt«, wiederholte sie bockig. »Und prügeln Sie nicht auf den Fernseher ein. Ich hab eine Menge Geld dafür ausgegeben. Wenn Sie ihn kaputtmachen , kaufen Sie mir einen neuen, und wenn ich Sie vor Gericht bringen muss.«
»Schön, irgendjemanden haben Sie aber angerufen. Wer war das?« Plötzlich ging mir ein Licht auf. »Nein, sagen Sie es mir nicht - Sie haben Mitch Krugers Sohn angerufen. Er hat Ihnen eine Telefonnummer gegeben, als er wegen Mitchs Sachen hier war, und Sie gebeten, ihm sofort Bescheid zu sagen, wenn jemand herkommt und Fragen nach seinem Dad stellt. Sie müssen ihm gesteckt haben, dass ich hier war, und er hat Ihnen eingetrichtert, er muss es sofort wissen, wenn ich zurückkomme.«
Ihre Kinnlade klappte nach unten. »Woher wissen Sie das? Er hat gesagt, niemand darf wissen, dass er hier war.«
»Sie haben es mir gesagt. Wissen Sie noch? Letzten Dienstag, als ich hier war, weil ich Mitchs Papiere sehen wollte.«
»Oh.« Es war schwer, im trüben Licht ihren Ausdruck zu deuten, aber sie schien bekümmert zu sein. »Ich hab versprochen, dass ich nichts sage. Ich hab's vergessen ... «
Ich hockte mich auf den staubigen Boden unter der Lampe, damit wir unsere Gesichter deutlicher sehen konnten. »Der Kerl, der hier war, der Ihnen erzählt hat, er ist Mitchs Sohn - ist der etwa so groß wie ich? Glattrasiert, kurzes braunes Haar, aus der Stirn frisiert?«
Sie beäugte mich misstrauisch. »Könnte sein. Aber so sehen jede Menge Typen aus.« Ich gab ihr recht. Es ist schwer, über das Äußere eines Managers etwas zu sagen, das ihn aus der Menge heraushebt. »Ich will Ihnen mal was sagen, Mrs. Polter. Ich würde ein hübsches Sümmchen darauf wetten, sagen
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