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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Kampf, an dem ich beteiligt war. Brauchen Sie wieder mal Hilfe, junge Dame? Sind Sie deshalb hier?«
    Ich musterte ihn gründlich; er war nicht so besoffen, wie er mich glauben machen wollte. Wenn er Mr. Contreras den Grappa weggesoffen und trotzdem noch die Kraft gehabt hatte, für ein paar Kurze das Haus zu verlassen, hatte er jedenfalls einen Kopf aus Granit. »Jetzt hör mal, Mitch«, fuhr Mr. Contreras fort. »Gestern Nacht hast du dauernd darüber geredet, wie du es den Bossen zeigen, sie zur Vernunft bringen willst, obwohl mir nicht ganz klar ist, in welcher Hinsicht. Mir kommt's so vor, als hätten wir ein paar ganz gute Abmachungen durchgesetzt, wenn wir auch um jeden Zentimeter Boden kämpfen mussten.«
    Er wandte sich mir zu. »Tut mir leid, Engelchen. Tut mir leid, dass ich Sie aus dem Bett geholt habe, bloß damit Sie mitkriegen, dass Kruger sich aufführt wie ein preisgekrönter Truthahn, der darauf wartet, an Thanksgiving geschlachtet zu werden.« Das nahm Kruger übel. »Ich bin kein Truthahn, Sal. Glaub mir lieber, dass ich weiß, worüber ich rede. Und falls du meinst, wir hätten ein paar gute Abmachungen durchgesetzt, bist du bloß denen ihr Handlanger und ein Streikbrecher. Was für Vorteile gibt es denn jetzt für die Jungs? Sie müssen über Lohnkürzungen verhandeln, damit sie ihren Job behalten, während die Bosse japanische Autos fahren und sich scheckig lachen, weil sie tun, was sie können, damit noch mehr Amerikaner noch mehr Jobs verlieren. Ich habe bloß gesagt, dass ich diesem Scheißdreck ein Ende machen kann. Du gönnst mir deinen Schnaps nicht, schön, aber ich besorg dir Martell und Courvoisier, dann musst du dieses Terpentin, das du säufst, nicht mehr schlucken.«
    »Das ist kein Terpentin«, blaffte Mr. Contreras. »Das ist das, was mein Daddy getrunken hat, und mein Granddaddy vor ihm.«
    Kruger zwinkerte mir zu. »Ja, und sieh mal an, was aus ihnen geworden ist. Beide tot, stimmt's? Wirklich, Sal, es gibt keinen Grund, die junge Dame zu belästigen. Ich weiß, was ich weiß, und da gibt es für sie nichts zu ermitteln. Aber hören Sie, Vic«, fügte er hinzu, »wenn Sie mal bei einer Schlägerei Hilfe brauchen, sagen Sie Bescheid. Ist lange her, dass mir was so viel Spaß gemacht hat wie an dem Tag, wo Sal und ich Ihnen und Ihrer Freundin, der Ärztin, zu Hilfe gekommen sind.«
    Er war eindeutig nicht so blau, wie er uns vormachen wollte, wenn er aus Mr. Contreras' Schmähreden meinen Namen heraushören und ihn sich merken konnte. »Ich glaube nicht, dass ich hier gebraucht werde«, sagte ich zu meinem Nachbarn und unterbrach damit eine Aufzählung der Anlässe, bei denen sich Mitch Kruger geirrt hatte. Sie reichten von Krugers Überzeugung, er könne Mr. Contreras an seinem -Mr. Contreras' - fünfzigsten Geburtstag unter den Tisch trinken, und der Katastrophe, als er - Kruger - das nicht geschafft hatte, bis zu Krugers Fehler, beim Rennen in Hawthorne im Jahr 1975 auf Betty-by-Golly statt auf Ragged Rose gesetzt zu haben.
    Mr. Contreras wandte mir stirnrunzelnd sein Gesicht zu, versuchte aber nicht, mich aufzuhalten, als ich zur Hintertür hinausging, um die eigene Küche aufzusuchen. Während ich frischen Kaffee kochte, dachte ich kurz über Kruger nach. Seine dick aufgetragenen Andeutungen, bei Diamond Head tue sich etwas Kriminelles, beeindruckten mich nicht. Er hatte herumgelungert in der Hoffnung auf eine Geldzuwendung, schämte sich aber, das zuzugeben. Wahrscheinlich hatten sie ihm eine Abfuhr erteilt, und nun schwor er mit der Paranoia des Säufers eine Rache, zu der es nie kommen würde. Vielleicht ließ jemand bei Diamond Head Inventar oder Werkzeuge mitgehen - das wäre nicht die einzige Fabrik in Chicago gewesen, in der das passierte. Aber falls er glaubte, er könne diese Leute erpressen, ihn an ihrem schäbigen Geschäft zu beteiligen, war das bloß typisches Säufergelaber.

5
    Bloß ein Lynchmob aus der Nachbarschaft
    Als ich mit den Aufwärmübungen fertig war und die Belmont Avenue entlang joggte, war es nach elf. Die Absätze meiner Laufschuhe waren so abgetreten, dass ich auf dem Asphalt langsam laufen musste, um meine Knie zu schonen. Außerdem waren die Seiten ausgefranst, so dass meine Knöchel keinen guten Halt hatten. Wer so viel läuft wie ich, sollte alle vier Monate ein neues Paar kaufen. Die hier waren sieben Monate alt, und ich versuchte, sie neun Monate lang zu behalten. Mein Anteil an Peppys Tierarztrechnung hatte meine Rücklagen

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