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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Jetzt mache ich das seit acht Jahren tagein, tagaus, und ich brauche eine Veränderung.«
    »Und zu Hause zu bleiben und Guillermo zu pflegen ist die Abwechslung, die du dir vorstellst?«
    Sie lief leicht rot an. »Kannst du nicht ohne Sarkasmus sagen, was du denkst? Ich weiß, was du und Lotty glaubt - dass ich mich mit vierunddreißig endlich von meiner Mutter trennen und ein eigenes Leben führen sollte. Aber für mich ist meine Familie keine Last. Und so viel anders bist du ja auch nicht. Schließlich wärst du letztes Jahr fast ermordet worden, als du dich um deine Tante Elena gekümmert hast.« »Schon, aber ich hab's scheußlich gefunden.« Ich spielte mit einem losen Sesselfaden. Noch was, das ich hätte tun können, wenn ich zu einer versnobten Kanzlei gegangen wäre: neue Wohnzimmermöbel kaufen. »Ich habe bei der Pflege meiner Mutter geholfen, als ich fünfzehn war und sie an Krebs starb, und bei der Pflege meines Vaters, der zehn Jahre später an einem Emphysem starb. Ich würde das wieder tun, wenn ich es müsste, aber jemanden, der mir nicht so nahesteht, könnte ich auf diese Weise nicht pflegen.« »Deshalb bist du Detektivin, Vic, und keine Krankenschwester.« Sie hob die Hand, als ich etwas sagen wollte. »Ich opfere mich nicht auf, glaub mir das. In der Praxis bin ich ausgebrannt. Ich brauche Veränderung. Genau das kann Lotty nicht verstehen: Sie steckt so viel von sich, so viel Energie in diese Patienten, dass sie für andere Ansichten nicht offen ist. Aber wenn ich zu Hause bin und mich mit einem einzigen medizinischen Problem herumschlage, habe ich Zeit zum Nachdenken, kann mir schlüssig werden, was ich will.«
    »Und das soll ich Lotty verkaufen?«
    Ich konnte Carol nicht verübeln, dass sie die Praxis verlassen wollte. Ich war nach fünf Jahren Pflichtverteidigung ausgebrannt gewesen, und Carols Arbeit war noch viel aufreibender. Aber natürlich kam sich Lotty verraten vor. Sie hatte so gut wie keine Familie. Ein Bruder in Montreal und ein Onkel waren ihre einzigen Angehörigen, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten. Sie konnte also nicht wissen, was einem eine Familie abverlangt.
    Es klingelte an der Tür, bevor ich diesen Gedanken weiterverfolgen konnte. Ich schaute durch den Spion auf das Gesicht von Mr. Contreras. Als ich die Tür aufmachte, spürte ich, wie mein Blut ins Kochen geriet.
    »Tut mir leid, Engelchen, ich weiß, Sie werden nicht gern gestört, wenn Sie Besuch haben, aber -«
    »Stimmt. Das habe ich gar nicht gern. Und ich weiß, dass Sie jedes Mal, wenn ich Besuch bekomme, mit beleidigtem Gesicht vor der Tür stehen. Sehen Sie nach: Carol Alvarado. Also kein Mann. Und jetzt gehen Sie nach unten und lassen mich in Frieden, okay?« Er stemmte die Hände in die Hüften und verzog das Gesicht. »In letzter Zeit sind Sie ganz schön daneben, Vic. Ich meine, es ist daneben, wie Sie mit mir reden. Wenn ich Sie immer in Ruhe gelassen hätte, wären Sie jetzt tot. Vielleicht wollen Sie ja, dass ich Sie in Ruhe lasse, damit Sie sich in einem Sumpf ertränken oder abknallen lassen können.« Es stimmte, er hatte mir tatsächlich das Leben gerettet, und damit glaubte er, sich daran ein Besitzrecht erworben zu haben. Aber als ich seinen zornigen Blick sah, brachte ich es nicht fertig, etwas zu sagen, das ihn verletzt hätte. Ich brachte es auch nicht über mich, mich zu entschuldigen, doch fragte ich in einem milderen Ton, was ihn in den zweiten Stock geführt habe.
    Er runzelte noch kurz die Stirn, beschloss dann aber, es dabei bewenden zu lassen. »Es geht um diesen Anwalt, diesen Pichea. Er ist unten, um ein Aufgebot zusammenzutrommeln, und Vinnie Buttone ist natürlich mit von der Partie. Ich war mir sicher, dass Sie das wissen wollen.« »Ein Aufgebot wofür?«
    »Damit das County die Hunde der alten Dame abholt. Er sagt, sie machen seit vierundzwanzig Stunden Radau, und niemand geht bei ihr an die Tür.«
    Ich erinnerte mich daran, dass ich mich heute Morgen gefragt hatte, warum sie nicht ans Fenster kam. »Macht sich der Kerl denn gar keine Sorgen um Mrs. Frizell?«
    »Glauben sie, ihr ist etwas passiert?« Er bekam große Augen.
    »Ich glaube gar nichts. Vielleicht geht sie nicht an die Tür, weil sie weiß, dass es Pichea ist, und der ist nun mal eine Nervensäge. Andererseits ist sie vielleicht im Bad ohnmächtig geworden. Ich glaube, ehe wir das County dazu bringen, die Hunde wegzuschaffen, sollten wir erst mal nach ihr sehen und uns anhören, was sie zu sagen hat.«
    Er

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