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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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auf den Rücksitz. So blöd es war, ich konnte nur daran denken, wie sauer Luke sein würde, wenn er das kaputte Fenster seines Autos sah. »Fahren«, knurrte der Muskelprotz.
    »Ihr leisester Wunsch ist mir Befehl. Wohin, mein König und Herr?« Trotz des trockenen Mundes und des rebellierenden Magens kam meine Stimme, ohne zu zittern, heraus. Die vielen Jahre, in denen ich nach den hohen Maßstäben meiner Mutter Atemtechnik geübt hatte, zahlten sich in einer Krise aus.
    »Um die Ecke und dann nach links«, sagte der Muskelprotz.
    Ich bog nach links in die Albany Avenue ein. »Zum Haus von Eddie Mohr?«
    »Wir wollen das nicht von Ihnen hören.« Ein Stück Metall presste sich gegen meinen Hinterkopf. »An der Kreuzung rechts.« »Also zu Diamond Head.«
    »Ich hab doch gesagt, das wollen wir nicht von Ihnen hören. Nach links auf die Archer Avenue.«
    Wir fuhren auf die Fabrik zu. Regen kam durch die kaputte Scheibe herein, bespritzte den Mann zu meiner Rechten, aber auch das Armaturenbrett. Noch was, worüber Luke sich ärgern würde.
    Für den Fall, dass sie mich bloß in die Fabrik brachten, um mich in aller Ruhe umbringen zu können, hatte ich kein passendes Gebet parat. Ich hätte Lotty gern noch einmal gesehen. Ich wünschte mir auch, sie hätte nicht meinetwegen die letzte Woche so viel Angst ausstehen müssen. Und ich wünschte mir, dass ich meine letzten Augenblicke nicht in Angst und Schrecken verbrachte.
    Ich hatte die Pistole noch. Aber mir fiel nicht ein, wie ich sie ziehen sollte, ohne dass einer meiner Begleiter zuerst schoss. Als wir auf dem Asphalt vor der Fabrik hielten, rutschte der Muskelprotz vom Rücksitz und machte die Fahrertür auf. Sein Kumpel befahl mir, den Motor auszuschalten. Ich tat es, ließ aber den Zündschlüssel stecken. Der Muskelprotz riss an meinem linken Arm und zerrte mich aus dem Auto, während sein Kumpel ihm Deckung gab. Von der anderen Seite konnte ich das Dröhnen von Lastwagenmotoren hören.
    Ich wirbelte im Arm des Muskelprotzes herum, damit sein Körper mich vor seinem Kumpel abschirmte, und trat ihm heftig gegen das Schienbein. Die verfluchten Tigers waren zu weich.
    Der Muskelprotz ächzte, behielt mich aber weiter im Griff. »Machen Sie's sich nicht schwerer, als es sowieso schon ist, Kleine.«
    Er schob mich vor sich her ins Gebäude, während sein Partner die Waffe auf uns richtete. Wir gingen den langen Flur entlang, vorbei an dem Montageraum, in dem die Frauen so mitfühlend wegen meines Onkels gewesen waren. An der T-Kreuzung vorbei, die zu den Ladeluken führte. Weiter zu dem kleinen Flurstück, an dem die Büros lagen. Der Muskelprotz klopfte an Chamfers' Tür. Eine Stimme sagte: Herein. Milt Chamfers saß vor seinem Schreibtisch. Neben ihm saß Jason Felitti. Hinter dem Schreibtisch saß Peter, der große Bruder.
    »Danke, Simon«, sagte Chamfers. »Warten Sie draußen auf uns.«
    Simon. Warum konnte ich mir nie seinen Namen merken?
    »Sie hatte eine Pistole, als sie das letzte Mal hier war«, sagte der Muskelprotz.
    »Ah ... eine Pistole. Haben Sie sie durchsucht?« Das war Peter Felitti.
    Simon brauchte nicht lange, die Smith & Wesson zu finden. Seine Hand verweilte länger als nötig auf meiner linken Brust. Ich schaute steinern an ihm vorbei, hoffte, es gebe in der Zukunft eine Gelegenheit, angemessener zu reagieren.
    »Guten Tag, Ms. Warshawski. Sie haben doch wieder Ihren Mädchennamen angenommen, nicht wahr?«, fragte Peter Felitti, als Simon die Tür hinter sich zugemacht hatte.
    »Nein.« Ich massierte die Schulter, wo der Muskelprotz sie aus dem Gelenk gezerrt hatte.
    »Nein was?«, wollte Chamfers wissen.
    »Ich habe meinen Namen nicht wieder angenommen; ich habe ihn nie abgelegt. Gott sei Dank habe ich trotz all der Blödheiten, die ich begangen habe, als ich jung und verliebt war, nie zugelassen, dass man mich Mrs. Yarborough nennt. Und wo wir gerade darüber reden, wo ist denn der distinguierte Herr Rechtsanwalt?« Jason und Peter wechselten wütende Blicke.
    »Ich wollte ihn mitbringen«, fing Jason an, aber Peter schnitt ihm das Wort ab. »Ich habe dir doch gesagt, je weniger er weiß, desto besser.« »Du meinst, falls die Sache vor Gericht kommt«, sagte Jason. »Aber du sagst doch dauernd, dass wir das verhindern können.«
    »In wie viele Ihrer schmutzigen Tricks ist Dick eigentlich eingeweiht?« Das war im Augenblick vermutlich der geringste Grund zur Sorge, aber es kam mir wichtig vor zu erfahren, dass Dick mit den Versuchen, mich

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