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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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sofort zu Lotty. Audrey wartete noch und stellte mir Fragen. Als ich berichtete, was geschehen war, schnalzte sie ungeduldig mit der Zunge und folgte Max in Lottys Schlafzimmer. Ich setzte mich unter das feuerrote Gemälde in Lottys Wohnzimmer und blätterte in einer alten Ausgabe von National Geographie. Kurz darauf kam Max zu mir. »Ich kann nicht glauben, dass du Lottys Leben aufs Spiel gesetzt hast.« Ich lehnte mich in der Couch zurück und presste mir die linke Hand gegen die Stirn. »Ich will nichts darüber hören, Max, jedenfalls nicht in diesem wütenden Ton. Du musst doch wissen, dass ich niemals mit Lotty das Auto getauscht hätte, wenn ich nur eine Ahnung von der Gefahr gehabt hätte. Und falls du glaubst, dass ich so etwas tun würde, hat es keinen Sinn, darüber zu reden.« »Warum hast du es überhaupt getan?«
    »Ich wurde beschattet. Ich wollte mich frei bewegen können. Lotty war damit einverstanden, das Auto mit mir zu tauschen. Erst jetzt begreife ich, dass ich es nicht hätte tun dürfen - aber das konnte ich nicht vorher wissen.«
    Wer auch immer mir gefolgt war, hatte mich noch nie gesehen, sonst hätte sich die Horde nicht auf Lotty gestürzt. Ob Chamfers statt einer Detektei die eigenen Leute auf mich angesetzt hatte? Ich dachte an den Kerl, den ich letzte Woche auf der Laderampe getroffen hatte. Den Muskelprotz. Mit welchem Namen hatte Chamfers ihn angeredet? Ich konnte mich nicht daran erinnern - mein Gehirn kratzte an den Rändern wie die Nadel auf einer Schallplatte, die sich nicht von allein abschaltet.
    »Ich kenne Lotty, seit sie fünfzehn war«, sagte Max unvermittelt. »Sie kann einen manchmal zur Weißglut bringen wie niemand sonst. Aber ich kann mir die Welt ohne sie nicht vorstellen.«
    »Ich kenne sie erst seit ihrem vierzigsten Lebensjahr, aber ich kann mir die Welt ohne sie auch nicht vorstellen. Wie dem auch sei, schlimmere Vorwürfe, als ich mir selbst mache, kannst du mir gar nicht machen.«
    Max bewegte schließlich den Kopf, ein halbes Nicken widerwilliger Zustimmung. Er ging zum Schrank, in dem Lotty ihren Cognac aufbewahrte. Ich nahm ein Glas von ihm, trank aber nicht. Wir saßen wortlos da, bis Audrey herauskam.
    »Sie wird's überstehen. Ich würde sie gern zum Röntgen schicken - ich glaube, ihr Arm ist angeknackst und sollte einen Gips bekommen, und vorsichtshalber sollte sie eine Computertomographie von ihrem Gehirn machen lassen. Aber das hat bis morgen Zeit. Ich habe den Arm bandagiert und ihr ein Schlafmittel gegeben. Sie wollte es erst nehmen, als ich ihr versprach, dass Vic über Nacht hier bleibt. Von Ihnen aus okay, Warshawski?« Ich nickte. Max, der verletzt war, weil sich Lotty nicht für ihn entschieden hatte, erbot sich, bei mir zu bleiben.
    »Von mir aus gern. Du kannst das Gästebett haben - ich nehme die Matratze der Bettcouch heraus und schlafe auf dem Schlafzimmerboden, für den Fall, dass sie mich braucht.«
    Audreys Zähne blitzten kurz auf und hoben sich schön von ihrer Mahagonihaut ab, als sie auflachte. »Nicht nötig, die viktorianische Pflegerin zu spielen, Vic. Es i st wirklich alles in Ordnung. Du brauchst sie nicht mit Lavendelwasser abzuwaschen oder was auch immer die für Fieberkranke taten.«
    »Es geht nicht darum - es ist nur, weil sie so große Angst hatte. Wenn sie desorientiert aufwacht, möchte ich für sie da sein.« Nach dem, was passiert war, war das das Mindeste, was ich für sie tun konnte.
    »Wie Sie wollen ... Wie war's mit einem Glas von diesem Cognac, ehe ich wieder in den Regen hinausmuss?«

22
    Wache am Bett
    Ehe Audrey ging, erinnerte sie mich daran, dass sie den Überfall der Polizei melden müsse. Sie sprach kampflustig, als rechnete sie damit, ich wolle sie daran hindern. »Nein, ich bin einverstanden«, sagte ich. »Ich möchte sogar selbst beim hiesigen Revier anrufen. Wollen Sie warten, während ich das mache? Vielleicht schicken sie jemanden her.«
    Audrey ging in die Küche, um Kaffee zu kochen. Wie Lotty ist sie eine äußerst mäßige Trinkerin - ein Glas Cognac reicht ihr für den Rest des Monats. Max war beim zweiten Glas, aber schließlich kauft Lotty nur für ihn Otard.
    Ich hatte Glück, als ich auf dem Revier anrief. Conrad Rawlings, ein Sergeant, den ich kenne und mag, hatte die Schicht von vier bis Mitternacht. Er versprach nachzuschauen, was sie über den Überfall wussten, und jemanden herzuschicken, der mit Audrey und mir sprach. Eine halbe Stunde später, als Audrey, Max und ich mühsam

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