Eine für vier 01 - Eine für vier
still.
Schließlich stieß Carmen hörbar die Luft aus. »Die Jeans kann wirklich zaubern.«
Die Idee stammte von Bridget. Dass sie an einem solchen Tag, unmittelbar vor dem ersten Sommer, den sie getrennt verbringen würden, eine Jeans mit Zauberkräften entdeckt hatten, verlangte nach einem Besuch bei Gilda. Tibby besorgte das Essen und holte ihre Filmkamera, Carmen brachte Tanzmusik
aus den wilden Achtzigeijahren mit und Lena sorgte für die Atmosphäre. Bridget brachte die großen Haarklemmen und die J EANS an. Das Eltemproblem lösten sie auf die übliche Weise: Carmen sagte ihrer Mutter, dass sie bei Lena wäre, Lena erzählte ihrer Mutter, dass sie bei Tibby wäre, Tibby sagte ihrer
Mutter, dass sie bei Bridget wäre, und Bridget bat ihren Bruder, ihrem Vater auszurichten, dass sie bei Carmen wäre. Bridget war so oft bei ihren Freundinnen, dass es zweifelhaft war, ob Perry die Botschaft ausrichten würde und ob ihr Vater überhaupt auf den Gedanken kam, sich Sorgen zu machen. Aber das gehörte nun mal zur Tradition.
Um Viertel vor zehn trafen sie sich alle am Eingang in der Wisconsin Avenue. Im Gebäude war alles dunkel und es war natürlich abgeschlossen. Da kamen die Haarklemmen ins Spiel. Alle sahen mit atemloser Spannung zu, als Bridget gekonnt das Schloss knackte. In den letzten drei Jahren hatten sie das mindestens einmal pro Jahr gemacht, aber der Einbruch wurde dadurch nicht weniger aufregend. Zum Glück verhielt sich Gildas Alarmanlage so lasch wie eh und je. Was gab es hier auch schon zu klauen? Stinkige blaue Matten? Eine Kiste mit verrosteten Gewichten, die nicht zusammenpassten?
Das Schloss klickte auf, der Türknauf ließ sich drehen, und schon stürmten sie alle die Treppe zum zweiten Stock hinauf, wobei sie sich im stockdunklen Treppenhaus mit Absicht in ein bisschen Hysterie hineinsteigerten. Lena legte die Decken hin und baute die Kerzen auf. Tibby breitete das Essen aus - rohen Plätzchenteig aus der Tube, Erdbeertörtchen mit rosa Zuckerguss, Käsegebäck von der harten Sorte, saure Gummiwürmer und ein paar Flaschen naturreinen Fruchtsaft. Carmen sorgte für die Musik und legte als Erstes ein uraltes, grässliches Stück von Paula Abdul auf und Bridget hüpfte dazu vor der Spiegelwand herum.
»Ich glaub, hier hatte deine Mutter ihren Platz, Lenny«, rief Bridget und sprang auf einem eingedellten Dielenbrett auf und ab.
»Sehr witzig«, sagte Lena. Es gab ein berühmtes Bild von ihren Müttern in ihren Aerobic-Klamotten aus den Achtzigern. Ihre Bäuche ragten weit hervor und Lenas Mutter stellte mit ihrem Umfang alle anderen in den Schatten. Lena wog bei ihrer Geburt mehr als Bridget und ihr Bruder Perry zusammen.
»Seid ihr so weit?« Carmen stellte die Musik leiser und breitete die J EANS feierlich auf einer Decke aus.
Lena war noch damit zugange, die Kerzen anzuzünden.
»Bee, komm schon«, rief Carmen zu Bridget hinüber, die sich lachend im Spiegel betrachtete.
Als sie alle versammelt waren und Bridget ihre Aerobic–Übungen eingestellt hatte, legte Carmen los.
»Am letzten Abend vor der Diaspora« - sie legte eine kurze Pause ein, damit alle ihre Wortwahl bewundern konnten - »haben wir einen Zauber entdeckt.« Sie verspürte ein juckendes Kribbeln in den Fußsohlen. »Magie tritt in vielerlei Formen in unser Leben. Heute ist sie in Form einer Jeans zu uns gekommen. Daher schlage ich vor, dass die J EANS uns allen gleichermaßen gehört, dass sie überall mitkommt, wohin wir reisen, und dass sie uns während der Zeit unserer Trennung miteinander verbinden soll.«
»Schwören wir auf die J EANS AUF R EISEN .« Bridget langte aufgeregt nach Lena und Tibby und fasste sie an der Hand. Es waren immer Bridget und Carmen, die Freundschaftszeremonien ohne jede Scham durchführten. Tibby und Lena hingegen verhielten sich immer so, als befände sich ein Kamerateam im Raum.
»Ab heute Abend sind wir die JEANS-Schwestem«, sagte Bridget feierlich, als sie alle einen Kreis gebildet hatten. »Heute verleihen wir der J EANS die Liebe von uns Schwestern, damit wir diese Liebe überallhin mitnehmen können, wohin wir auch reisen.«
In dem großen, hohen Saal flackerten die Kerzen.
Lena machte ein ernstes Gesicht. Tibby war anzusehen, dass sie gegen etwas ankämpfte, aber Carmen konnte nicht beurteilen, ob es dabei um Tränen oder Lachen ging.
»Wir sollten Regeln aufschreiben«, schlug Lena vor. »Damit wir wissen, was wir tun müssen - ihr wisst schon, wer die J EANS wann
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