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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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überlegte – und war gleichzeitig fast stolz darüber, dass es ihm gelungen war, innezuhalten. Ich bin doch ein bisschen reifer geworden, dachte er. Wäre das zur Helena-Zeit passiert, hätte ich den Hörer gleich aufgeknallt.
    »Entschuldige, ich hatte heute einen schlechten Tag«, sagte er. »Ich bin heute in ganz Schweden als Raufbold dargestellt worden. Ich habe eine Anzeige am Hals, ich bin gerade gefeuert worden, und die Frau, die ich liebe, will mich nicht haben.«
    »Du bist gefeuert worden?«
    »Habe zumindest die Anweisung erhalten, nicht zum Dienst zu erscheinen.«
    »Aber die können doch wohl nicht …«
    »Oh doch, die können. Und das ist eigentlich ganz verständlich in der Situation. Oder?«
    Sie atmete eine Weile besorgt in den Hörer. Dass man das Besorgte am Atmen hören kann, dachte er. Dass das am Telefon zu hören war. Aus irgendeinem Grund erschien ihm das tröstlich.
    »Gunnar, wollen wir es so machen?«, fragte sie schließlich. »Ruf mich am Samstag an, dann werden wir sehen. Ich werde inzwischen mit Johan und Jenny sprechen, das muss ich tun … schaffst du das?«
    »Ich denke schon«, sagte Gunnar Barbarotti. »Vielleicht brauche ich ja auch ein bisschen Zeit, um so einiges klarzukriegen.«
    »Dann also am Samstag?«
    »Am Samstag.«
    Nachdem sie das Gespräch beendet hatten, fühlte er sich zumindest ein klein wenig besser als während des Telefonats. Er versuchte es sich jedenfalls einzureden. Er schaltete das Telefon aus, ohne die anderen Nachrichten abzuhören.
    Mein Inneres?, dachte er. Dunkel oder Licht? Grabstätte oder Inferno?
    Er knüllte den Expressen zusammen und drückte ihn in den Mülleimer, ging stattdessen mit einem Kreuzworträtsel hinaus auf den Balkon.
    20
    I nspektorin Backman tauchte gegen halb sieben auf, und sie brachte
    drei dicke, rote Ordner mit.
    »Ich dachte, du brauchst ein wenig Stimulanz«, sagte sie.
    »Danke«, sagte Barbarotti.
    »Damit du nicht anfängst, in den Stadtpark zu gehen, um die Tauben zu füttern.«
    »Ja, genau.«
    »Wenn du das heute Abend durchliest, dann kann ich es morgen früh auf dem Weg zur Arbeit abholen, ja? Es ist im Großen und Ganzen alles, was wir in dem Fall bis heute haben. Aber das meiste weißt du ja bereits.«
    »Sind Jonnerblad und Asunander damit einverstanden?«
    »Ich habe sie nicht danach gefragt«, sagte Eva Backman.
    »Schlau«, sagte Barbarotti. »Komm, wir gehen auf den Balkon und setzen uns dorthin. Du hast doch Zeit für ein Bier?«
    »Auf jeden Fall«, nickte Backman. »Meine Männer haben ihre Drohung, nach Hause zu kommen, nicht in die Tat umgesetzt. Und es ist ja ein schöner Abend.«
    »Da unten im Nachbarsgarten sind sie dabei, für ein Krebsessen zu decken«, sagte Barbarotti. »Wir können uns ja ein bisschen von ihrer Stimmung klauen.«
    Inspektorin Backman lachte.
    »Perfekt«, sagte sie und ließ sich in einen der beiden Liegestühle sinken. »Du hast wirklich an alles gedacht.«
    »Man tut sein Bestes«, sagte Barbarotti. Er ging in die Küche und kam mit zwei Bieren und hohen Gläsern zurück. Dieser Balkon ist zwar klein, aber er ist schon für zwei gebaut, dachte er unwillkürlich.
    »Aber als Gegenleistung möchte ich ordentlich ins Bild gesetzt werden«, sagte er. »Mündlich und pädagogisch, bevor ich anfange zu lesen. Es ist doch wohl nicht so, dass ihr den Fall im Laufe des Tages gelöst habt?«
    »Nicht ganz«, gab Backman zu. »Obwohl es um dieses Göteborgpaar offenbar ziemlich übel bestellt aussieht, wie ich fürchte.«
    Barbarotti schenkte ein, sie hoben ihre Gläser, prosteten sich zu und tranken jeder einen großen Schluck.
    »Ach ja?«, sagte Barbarotti. »Übel bestellt?«
    »Ja«, bestätigte Backman und lehnte sich zurück. »Verdammt, wie schön, hier auf einem Balkon zu sitzen und zu arbeiten statt auf dem Revier. Ich glaube, viele Ermittlungen würden gewinnen, wenn man sie auf diese Art und Weise führte.«
    »Wir können das institutionalisieren«, schlug Barbarotti vor. »Zumindest solange ich aus dem Verkehr gezogen bin. Wenn du jeden Abend herkommst und mich informierst, dann kriegst du ein Bier für deine Mühen.«
    »Warum nicht?«, schmunzelte Eva Backman.
    »Übel bestellt?«, erinnerte Barbarotti.
    Sie wurde ernst. »Ja, alle Anzeichen weisen in diese Richtung. Henrik und Katarina Malmgren haben am Sonntag nach allem zu urteilen die späte Abendfähre von Göteborg nach Fredrikshavn genommen, und vieles deutet darauf hin, dass sie an der dänischen Seite nicht an

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