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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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wir leider nicht näher eingehen.«
    »Hat er das selbst in seinen Briefen behauptet?«
    »Unter anderem, ja.«
    Und so weiter. Barbarotti schaute sich um, konnte jedoch seinen alten Widersacher vom Expressen nirgends entdecken, wusste aber den noch, dass genau diese Frage früher oder später auf den Tisch kommen würde. Und dem war auch so, ungefähr nach einer Viertelstunde stand ein hochgewachsener Mann auf und stellte sich als Petersson von Agenda vor.
    »Es gab einen Zwischenfall von polizeilicher Gewalt gegen einen Reporter Anfang der Woche. Welchen Kommentar möchten Sie dazu abgeben?«
    »Gar keinen«, sagte Eva Backman. »Wenn die offizielle Pressekonferenz beendet ist, wird der betreffende Beamte selbst eventuelle Fragen zu diesem Thema beantworten.«
    Sie hatte ihn dazu überredet. Was eigentlich nicht besonders schwer gewesen war. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, den Kopf gegenüber den Journalisten in den Sand zu stecken. Allein die Formulierung ›Kein Kommentar‹ signalisierte ja bereits Schuld und Scham. Aber er spürte eine gewisse Unruhe, als er nach fünfundvierzig verschwitzten Minuten den Platz hinter den Mikrophonen einnahm.
    »Sie waren das also?«, begann eine dunkelhaarige Frau in den Fünfzigern.
    »Was war ich?«, fragte Gunnar Barbarotti.
    »Der Mann, der Persson vom Expressen niedergeschlagen hat.«
    »Nein«, widersprach Barbarotti. »Ich habe ihn nicht niedergeschlagen.«
    »Aber Sie sind auf jeden Fall deshalb angezeigt worden«, stellte ein kräftiger Mann in der ersten Reihe fest.
    »Expressen hat seine Anzeige innerhalb von vierundzwanzig Stunden zurückgezogen«, erinnerte Barbarotti.
    »Könnten Sie uns berichten, was passiert ist?«, fragte eine Stimme mit finnischem Akzent aus dem hinteren Teil des Raumes.
    »Gern«, sagte Barbarotti. »Es war neun Uhr abends. Ich befand mich bei mir zu Hause. Wollte mich gerade zum Essen hinsetzen, nachdem ich zwölf Stunden gearbeitet hatte. Da kam Reporter Persson und versuchte sich bei mir in die Wohnung zu drängen.«
    »Und wie?«, fragte jemand.
    »Er klingelte. Ich öffnete. Er wollte hereinkommen und mir Fragen stellen. Ich sagte ihm, dass ich keine Zeit habe, er hatte im Laufe des Tages bereits mit mehreren anderen Polizeibeamten gesprochen. Ich hatte ein längeres Gespräch mit ihm am Tag zuvor gehabt.«
    »Aber Sie sind handgreiflich geworden und haben ihn rausgeworfen?«
    »Nein. Er hat mich daran gehindert, die Tür zu schließen. Zum Schluss bin ich es leid geworden. Habe ihn ins Treppenhaus geschubst und die Tür geschlossen.«
    »Aber er ist doch die Treppe runtergefallen?«, nahm der erste Fragesteller den Faden wieder auf.
    »Ich verstehe auch nicht, wie ihm das gelingen konnte«, erklärte Barbarotti. »Aber für den Expressen ist vielleicht nichts unmöglich?«
    Ein paar vorsichtige Lacher waren im Raum zu hören.
    »Sind Sie der Meinung, richtig gehandelt zu haben?«
    »Vermutlich nicht«, antwortete Barbarotti. »Aber von zwei schlechten Möglichkeiten habe ich mich für die weniger schlechte entschieden. Es war natürlich nicht meine Absicht, dass er sich verletzen sollte.«
    »Welche wäre die andere schlechte Möglichkeit?«
    Gunnar Barbarotti dachte einen Moment lang nach.
    »Ich weiß, dass die meisten von euch seriös arbeitende Journalisten sind«, sagte er dann. »Ich hoffe, dass euer Corpsgeist euch nicht verbietet, das mit ein wenig gesundem Menschenverstand zu betrachten. Arbeitsmethoden wie die des Göran Persson tragen nicht zu einer guten Presse in diesem Land bei.«
    »Ist der Expressen hier im Raum vertreten?«, wollte jemand wissen.
    »Ja«, antwortete eine blonde Frau in den Dreißigern.
    »Haben Sie einen Kommentar dazu abzugeben, warum die Zeitung zunächst eine Anzeige aufgibt und sie dann wieder zurückzieht?«
    »Nein«, sagte die Frau. »Leider nicht. Ich bin heute auch nur kurzfristig eingesprungen. Ich glaube, Göran Persson hat Urlaub.«
    »Schachmatt«, murmelte eine dunkle Männerstimme. »Ich denke, wir belassen es dabei und gehen an die frische Luft.«
    Der Vorschlag wurde einhellig angenommen, Gunnar Barbarotti leerte eine halbe Flasche Selters und seufzte tief vor Erleichterung.
    Um fünf Uhr fuhr das Fahrzeug erneut Richtung Südwesten. Astor Nilsson hatte den Rücksitz mit Beschlag belegt und schlief bereits, als man die Abfahrt nach Kumla passierte. Eva Backman fuhr. Barbarotti hatte die sieben Fotos aus der Bretagne wieder hervorgeholt und starrte sie an. Oder zumindest drei

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