Eine ganz andere Geschichte
doch es nützte leider nichts – man hatte nicht die Spur von einem Mörder.
Interessanter Vergleich, dachte Gunnar Barbarotti und wechselte einen Blick mit Eva Backman, die ungefähr zur Hälfte amüsiert, zur Hälfte beunruhigt aussah, wie ihm schien.
Aber es war natürlich noch zu früh, irgendetwas endgültig zu bewerten, und alle Berichte waren in höchstem Grade vorläufig, das betonte Schwerin immer wieder. Sie hatten mit insgesamt zweiundfünfzig Personen gesprochen, ein komplettes Kartenspiel, dreißig in Hallsberg – in erster Linie Nachbarn und Kollegen von Öhrnberg –, siebzehn im Gebiet von Örsta bei Kumla und eine Handvoll Bekannte in Örebro. Alle hatten erklärt, dass sie geschockt seien, in unterschiedlichem Grad. Niemand hatte – zumindest nach einer ersten groben Einschätzung – etwas Wesentliches zu den Ermittlungen beizutragen gehabt. Die Person, die den Ermordeten wahrscheinlich als Letzte le bendig gesehen hatte, abgesehen von dem Täter, war eine Frau, die in einem kleinen Laden fünfzig Meter von Öhrnbergs Wohnung in der Tulpangatan arbeitete. Er hatte dort kurz vor halb zehn am Dienstagabend Joghurt, Saft und Brot gekauft.
Dienstag, der 7. August, überlegte Barbarotti. Eine Woche, bevor er den Brief bekommen hatte. Danke auch für den Tipp, wie schon gesagt.
Auf der speziell von der Polizei eingerichteten Leitung waren bis jetzt (um 13.50 Uhr) einige hundert Gespräche eingegangen. Von ganz unterschiedlicher Art. Vier der Anrufer waren zu einem Gespräch geladen worden aufgrund der Angaben, die sie hinterließen, nur eine der Befragungen war bisher durchgeführt worden und schien nichts an Wert zu enthalten. Sie war jedoch aufgenommen worden und würde im Laufe des Nachmittags ausgedruckt werden.
Barbarotti bemerkte, dass Astor Nilsson eingeschlafen war. Er saß direkt rechts von ihm, zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, das Kinn auf der Brust ruhend. Er hatte sich eine dunkle Brille aufgesetzt, deshalb war es nicht so leicht zu erkennen. Barbarotti hoffte nur, dass er den Kopf an Ort und Stelle halten und nicht anfangen würde zu schnarchen – der Raum war voll mit jungen, ambitionierten Polizeibeamten, und ein schlafendes Mitglied des Ermittlungsteams würde keinen guten Eindruck machen.
Als Schwerin nach ungefähr einer halben Stunde das Wort freigab, gab es nur eine einzige Frage. Ein schmächtiger Polizeianwärter, der höflich fragte, ob die Leiche denn inzwischen identifiziert sei.
»Entschuldigung«, antwortete der Kommissar. »Das Detail habe ich vergessen. Ja, es besteht kein Zweifel daran, dass unser Mann Gunnar Öhrnberg ist.«
Aha, dachte Gunnar Barbarotti und versetzte Astor Nilsson einen Stoß mit dem Ellbogen, um ihn wieder ins Leben zu holen.
Als man es genauer betrachtete, kam man zu dem Schluss, es wäre doch besser, wenn die Pressekonferenz von nicht allzu vielen Personen abgehalten würde. Beispielsweise von zweien. Beispielsweise von Kommissar Schwerin und Inspektorin Backman.
Barbarotti stand an der Wand ganz hinten in dem zum Bersten vollen Raum, und als er die beiden Kollegen vorn an dem mit Mikrophonen reich bestückten Tisch beobachtete, stellte er fest, dass das die richtige Entscheidung gewesen war. Der ruhige, vertrauenerweckende Kommissar. Die wache, schnell reagierende Backman.
Älterer Mann, jüngere Frau, das Rezept war nicht neu.
Die Anzahl der Journalisten, deren Chefs den Ruf gehört und weitergegeben hatten, lag um die fünfzig. Man schwitzte. Drei Videokameras surrten. Der Raum war offenbar für rund dreißig Personen gedacht, und falls es eine Klimaanlage gab, war sie anscheinend außer Funktion. Die Temperatur bewegte sich irgendwo um die DreißigGrad-Marke. Alles war wie maßgeschneidert, dass man sich wünschte, den Raum so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Barbarotti fragte sich insgeheim, ob der sanfte Kommissar tatsächlich so teuflisch gerissen war. Was ihn nicht verwundern würde.
Die Fragen waren zahllos. Zu Öhrnberg. Zu den anderen Morden. Zur Lage der Fahndung.
»Haben wir es mit einem Serienmörder zu tun?«, fragte ein dunkelhäutiger Mann von TV4.
»Nein«, antwortete Eva Backman. »Wir denken, dass er seine Mordserie jetzt abgeschlossen hat. Es waren fünf Menschen, die er töten wollte, leider ist ihm sein Vorsatz gelungen.«
»Woher wissen Sie, dass es nicht mehr werden?«
»Wir haben einige Indizien, die in diese Richtung weisen.«
»Was sind das für Indizien?«
»Darauf können
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