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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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der Zeitung erschienen sind. Es scheint so eine Art Volkswanderung zu den Tatorten zu geben. Zu beiden. Ein Nachbar behauptet, er habe am Dienstagabend einen unbekannten Mann im Treppenhaus von Anna Eriksson gesehen, das Lustige ist, dass er sich erst von einem Journalisten interviewen ließ, bevor wir ihn verhören konnten. Und Asunander rennt herum und sieht aus wie ein Biber mit Darmkrämpfen. Er redet die ganze Zeit davon, dass wir Verstärkung brauchen, ich nehme an, er meint aus Stockholm. Wir haben mit ihm und dem Staatsanwalt um zwei eine Besprechung, dann bist du doch sicher zurück?«
    Gunnar Barbarotti ging automatisch mit der Geschwindigkeit herunter und schaute auf die Uhr. »Ich weiß nicht so recht. Ich werde auf jeden Fall reinschauen, wenn ich es schaffe … Hat der Gerichtsmediziner sich schon über den Zeitpunkt des Todes geäußert?«
    »Er sagt, dass Dienstagnachmittag in Frage kommt.«
    »Aber es kann auch Mittwoch gewesen sein?«
    »Es kann auch Mittwoch gewesen sein. Obwohl der Dienstag wahrscheinlicher ist.«
    »Irgendwelche Spuren in der Wohnung?«
    »Das werden wir in einer Woche wissen. Aber irgendwas wird hoffentlich zu finden sein. Er muss sie ja da drinnen getötet haben.«
    »Aber nichts Offensichtliches?«
    »Wenn der Herr Polizist die Mordwaffe meint, nein, die scheint er mitgenommen zu haben.«
    »Ich verstehe«, sagte Gunnar Barbarotti. »Und dieser Zeuge, der einen Fremden gesehen hat … ist er zuverlässig?«
    »An und für sich schon. Obwohl seine Beschreibung so vage ist, dass sie auf die Hälfte von Schwedens Bevölkerung zutreffen könnte. Er hat ihn nur von hinten auf der Treppe gesehen. Eine männliche Person zwischen fünfundzwanzig und fünfzig, helles Hemd, mittelblondes Haar … es gibt außerdem absolut nichts, was dafür spricht, dass es sich um unseren Täter handelt. Obwohl morgen in der Zeitung stehen wird, dass er es war, da kannst du sicher sein.«
    »Und sonst hat keiner was gesehen?«
    »Nein, aber wir haben noch Millionen Leute, mit denen wir reden müssen. Wie war die Mama?«
    Er suchte eine Weile nach einem einfachen Begriff.
    »White trash«, sagte er. »Obwohl sie recht standesgemäß wohnt.«
    »White trash?«, wiederholte Eva Backman. »Ich dachte, das gäbe es nur in Amerika, aber das ist … ja, das ist wahrscheinlich ein Irrtum. Nun, jetzt habe ich noch ein paar Freundinnen hier sitzen, die darauf warten, sich aussprechen zu können. Wir sehen uns um zwei, ja?«
    »Wenn ich es schaffe«, sagte Gunnar Barbarotti.
    Als er das Polizeigebäude in Kymlinge erreichte, war es schon Viertel vor drei, und der Termin mit Asunander und Staatsanwalt Sylvenius bereits vorbei. Inspektor Barbarotti kommentierte seine ungewöhnlich langsame Fahrt von Jönköping nicht, und er sah Backman an, dass sie es vermutlich ebenso gemacht hätte.
    »Ab morgen haben wir wahrscheinlich einen neuen Ermittlungsleiter«, stellte sie stattdessen lakonisch fest. »Asunander ist in Ver handlungen mit dem Zentralkriminalamt und Göteborg. Wäre nicht schlecht, wenn etwas pfiffige Leute herkommen, die uns sagen können, was wir tun sollen.«
    »Stimmt«, sagte Barbarotti. »Aber Astor Nilsson ist sicher schon da, oder?«
    Sie nickte. »Der redet gerade mit einem interessanten Typen. Julius Bengtsson. Wie zum Teufel kann man heutzutage noch Julius Bengtsson heißen? Klingt wie so ein Heiratsschwindler in einem alten Heimatfilm.«
    »Wer ist das?«
    »Der frühere feste Freund unseres letzten Opfers. Er kann offenbar mit einigen interessanten Informationen dienen. Willst du hören?«
    Barbarotti zuckte mit den Schultern. »Warum nicht?«
    Sie ließen sich an dem Tisch vor dem Verhörraum mit der einseitig getönten Scheibe nieder, und Backman drehte den Ton auf. Barbarotti betrachtete die beiden Akteure, die sich in dem kahlen Raum am Tisch gegenübersaßen.
    Er sah von beiden die Profile, Astor Nilssons linkes, Julius Bengtssons rechtes. Ein Mann um die fünfunddreißig, wie es schien, mit blondiertem Tim-und-Struppi-Haar und einem kleinen Schnauzbart in der gleichen Farbe. Orangefarbenes T-Shirt, das eine tätowierte Schlange auf dem kräftigen Oberarm entblößte. Ein kleiner Goldring im Ohrläppchen. Etwas übergewichtig.
    »Also, wie war das noch mal?«, fragte Astor Nilsson.
    »Und dann hat sie alle meine Kleider auf den Hof geworfen«, erzählte Julius Bengtsson erregt. »Ich war gezwungen, ohne einen Faden am Körper rauszurennen. Völlig gaga, das Mädchen, wenn Sie mich

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