Eine ganz andere Geschichte
aufrechtzuerhalten. Oder was meint ihr?«
»Warum sollten wir ihn nicht aufrechterhalten?«, fragte Sorgsen aufmerksam.
»Weil er wahrscheinlich keines unserer Überwachungsobjekte ermorden wird«, sagte Astor Nilsson. »Sonst hätte er es schon getan. Was Anna Eriksson betrifft, hat er uns so gut wie gar keine Zeit gegeben. Oder aber … ja, oder aber es geht um einen Hans Andersson, der woanders wohnt.«
»Und dann kann er bereits tot sein«, warf Tallin ein. »Es gibt in diesem Land mehr als fünfhundert Personen, die Hans Andersson heißen. Und wenn einer davon während der Urlaubszeit für einige Zeit abgetaucht ist, kann es dauern, bis das an die Oberfläche kommt. Aber wir haben die Sache natürlich landesweit ausgedehnt.«
»Natürlich«, nickte Jonnerblad. »Und vergesst nicht, dass der Teufel los sein wird, wenn wir die Überwachung einfach abbrechen würden. Obwohl wir sie natürlich nicht für alle Ewigkeiten aufrechthalten können. Das ist teurer als ein Einsatz beim Fußball, wenn Randale ansteht.«
»Interessante Lage«, sagte Eva Backman. »Und was tun wir jetzt?«
»Vorschlag?«, fragte Jonnerblad und schaute sich in der Runde um.
»Die Überwachung einstellen«, sagte Astor Nilsson. »Aber den Betroffenen nichts davon sagen.«
»Begründung«, sagte Jonnerblad.
»Gern«, sagte Astor Nilsson. »Könnte ich nur erst etwas Wasser haben?«
Tallin drehte den Verschluss einer Seltersflasche auf und schenkte ihm ein Glas ein.
»Danke«, sagte Astor Nilsson. »Nun, zum einen, mit dieser jämmerlichen Überwachung werden wir kein Verbrechen verhindern können … das Einzige, was wir tun, das ist den Schein zu wahren, und das ist albern. Ein Eingeständnis an die allgemeine Meinung. Zum anderen erscheinen wir wahrscheinlich als noch inkompetenter, wenn der Täter zuschlägt und trotz der Überwachung Erfolg hat. Zum dritten … ja, zum dritten, so glaube ich wie gesagt nicht, dass unser lieber Freund, der mordende Briefeschreiber, einem der Hanse, die wir versuchen im Blick zu behalten, auch nur ein Härchen krümmen wird. Ergo, einstellen den Mist.«
»Dem stimme ich zu«, sagte Eva Backman.
»Dem stimme ich zu«, sagte Barbarotti.
»Hm«, sagte Jonnerblad. »Ich glaube, wir müssen darüber noch erst genauer nachdenken.«
»Mach, was du willst«, sagte Astor Nilsson. »Können wir nicht stattdessen jetzt zu den Leichen übergehen, die wir schon haben?«
Das konnten sie.
Zunächst berichtete Sorgsen ausführlich über die fortlaufenden Befragungen von Leuten, die Erik Bergman kannten. In der einen oder anderen Funktion. Zusammengefasst erklärte er, dass das Bild von Bergman in vielerlei Hinsicht deutlicher geworden sei, aber für die Ermittlungen dabei kaum etwas Entscheidendes herausgekommen war.
Anschließend referierte Eva Backman die entsprechenden Fakten, was Anna Erikssons Bekanntenkreis betraf. Es gab eine Art psychologischer Übereinstimmung zwischen den beiden Opfern, wie Back-man betonte – sie waren beide ausgeprägte Individualisten gewesen, wurden von fast allen, mit denen man gesprochen hatte, als starke, wenn auch vielleicht ein wenig oberflächliche Typen beschrieben, die sich selbst genug waren. Mehrere Informanten hatten Anna Eriksson als ›hart‹ oder ›tough‹ beschrieben, und ein alter Schulfreund von Erik Bergman hatte den Begriff ›gefühlskalt‹ für seinen früheren Freund benutzt.
Insgesamt dauerten die Berichte von Sorgsen und Backman gut eine Stunde, eine Information wurde zur anderen gefügt, unter anderem konnte mit Sicherheit festgestellt werden, dass Anna Eriksson am Dienstag um 11.55 Uhr noch am Leben gewesen war, da sie von einem zuverlässigen Zeugen von der Straße aus auf ihrem Balkon gesehen worden war – und dass sie mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit zwei Stunden später tot war, als eine Freundin sie mehrere Male übers Handy anrufen wollte, ohne eine Antwort zu bekommen. In diesem Zeitraum – diesen zwei Stunden – hatte der Mörder also zugeschlagen. Die Spurensicherung der beiden Tatorte war abgeschlossen, eine Anzahl von Plastiktüten mit höchst unterschiedlichem Inhalt war zur Analyse nach Linköping geschickt worden, aber bisher war noch nichts zurückgekommen, und es wurde als nicht besonders wahrscheinlich angesehen, dass auf diesem Wege etwas für die Ermittlungen Interessantes zu Tage treten würde. Fingerabdrücke und DNA schienen durch Abwesenheit zu glänzen, und eine glaubhafte Theorie, wie der Mörder sich zu Anna
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