Eine geheimnisvolle Lady
Gesicht, das süße Gefühl zwang ihn, genüsslich die Augen zu schließen. Als er sie wieder öffnete, senkte sie die Lider, ihr Körper beugte sich zu seinem – eine unmissverständliche Kapitulation.
Küss sie, forderten seine Sinne.
Küss sie nicht, mahnte sein Verstand.
Reglos stand er da, zwischen zwei gegensätzlichen Impulsen gefangen. Sein Herz hämmerte gegen die Rippen. Glühend heiß strömte das Blut durch seine Adern.
Aus Dianas Kehle rang sich ein leises Stöhnen, flehend hob sie ihr Kinn. Dieser winzige Laut durchbrach Ashcrofts seltsame Lähmung. Abrupt trat er wieder zurück, noch einen Schritt, um der betörenden Versuchung zu entrinnen. Er straffte seinen Rücken und verschränkte die Arme vor der Brust. Nur er wusste, dass diese Geste ihn daran hinderte, nach ihr zu greifen. Welche Magie sie auch immer ausstrahlen mochte, ihr Zauber erschien ihm teuflisch.
Diana kehrte etwas langsamer in die Realität zurück und hob schwer die Lider. Kraftlos sank sie gegen die Tür. Mit einer behandschuhten Hand tastete Diana nach dem Holz, als bräuchte sie eine Stütze.
Was sie empfand, wusste er. Auch seine Knie waren ein bisschen weich geworden. Und er hatte sie nicht einmal berührt. Oh Gott, was tat sie ihm an? »Ich bleibe bei meinem ursprünglichen Entschluss, Madam.«
Verwundert runzelte sie die Stirn. Entweder war sie eine erstklassige Schauspielerin oder tatsächlich unfähig, ihre Gedanken und Gefühle zu verhehlen. »Das verstehe ich nicht.«
Er trat noch weiter zurück. Hinter seinem Rücken umklammerte er die Kante des Schreibtisches. Auf diese Weise zügelte er den Drang, über Diana herzufallen. »Ich finde Sie charmant, doch weiter geht mein Interesse nicht.«
Aus ihrem klaren, reinen Gesicht wich alle Farbe, ihre Augen verdunkelten sich. Erschrocken über seine Ablehnung, drohte sie aus dem Gleichgewicht zu geraten. »Lord Ashcroft …«
Er musste sie aus diesem Raum entfernen, aus seinem Haus, bevor er eine Dummheit machte und sie doch noch berührte. »Unser Gespräch ist beendet.«
Bebend und unschlüssig blieb sie stehen, und er wappnete sich gegen eine peinliche Szene, Tränen oder inständiges Flehen. Doch sie überraschte ihn erneut. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Für eine Frau war sie hochgewachsen, eine Amazone, stark, mit runden Brüsten. Plötzlich erschien eine Vision vor seinem geistigen Auge – ihre langen Beine, um seine Hüften geschlungen –, und er unterdrückte ein Stöhnen.
Diana hob das Kinn und presste die Lippen fest aufeinander, was ihren Reiz nicht schmälerte. »Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag, Mylord«, sagte sie frostig. Sogar ihre Hand wirkte sicher und energisch, als sie den verdammten Hutschleier wieder hinunterzog. Gegen seinen Willen bedauerte er die Verhüllung.
Oh, sie war gut, wer immer sie sein mochte.
Entschlossen raffte sie ihre Röcke und stolzierte selbstbewusst aus der Bibliothek, als hätte es den kurzen Augenblick erotischer Anziehung nie gegeben.
»Dummes kleines Luder!«
Diana straffte die Schultern, aber sie zuckte nicht zusammen, als Lord Burnley seine Hand hob. Wie sie schon vor langer Zeit gelernt hatte, konnte sie sich gegen den Marquess nur behaupten, wenn sie Mut vortäuschte, den sie nicht besaß. Den Kopf hoch erhoben, die Füße fest auf dem Teppich, stand sie vor ihm. »Wenn Sie mein Gesicht verletzen, verzögern Sie unser Vorhaben, bis die Spuren verheilt sind.«
»Ich werde Sie nicht ins Gesicht schlagen«, stieß er hervor und begann in der winzigen Bibliothek des Hauses in Chelsea umherzuwandern, das er für Diana gemietet hatte. Diese Gegend war nicht fashionabel, lag aber nahe genug bei Mayfair, um dem angestrebten Zweck zu dienen. »Was ist bloß in Sie gefahren? Warum mussten Sie sich in die Höhle des Löwen wagen? Ich habe Ihnen doch erklärt, wie Sie sich an ihn heranmachen sollen. Eine zufällige Begegnung, ein verstauchter Knöchel im Park, ein verirrter Hund …«
Anscheinend verebbte sein Drang zu Gewaltakten. Um ihre Erleichterung zu verbergen, senkte sie den Kopf. »Ich dachte, ein direkter Annäherungsversuch würde ihn beeindrucken.«
»Und er hat Sie prompt abgewiesen.«
In gespielter Nonchalance zuckte sie die Achseln. »Dieser Mann kann jede Frau in England haben. Warum sollte ich ihn interessieren?«
Burnley blieb stehen, und der abschätzende Blick seiner kalten grünen Augen, an den sie sich in den letzten Wochen gewöhnt hatte, schweifte über ihre Gestalt.
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