Eine Geschichte von Liebe und Feuer
als seine GroÃmutter zu besuchen. »Kommst du mit, Eugenia? Vielleicht brauche ich ein wenig seelischen Beistand, wenn ich ihr die Nachricht überbringe.«
»Natürlich, meine Liebe. Sollen wir heute Nachmittag gehen?«
Um drei Uhr trafen sie in der NikistraÃe ein.
Pavlina war begeistert, als sie in der Villa ankamen, und machte einen solchen Wirbel um das Baby, als würde sie es zum ersten Mal sehen. Der Kinderwagen blieb in der Diele stehen, während Theodoris geradezu feierlich die Treppe hinaufgetragen wurde, um seine GroÃmutter kennenzulernen.
Olga klatschte in die Hände vor Freude, hielt das schlafende Baby eine Stunde lang in den Armen, sah es immer wieder an und konnte sich nicht beruhigen über die groÃe Ãhnlichkeit mit seinem Vater.
»Pavlina, hol doch bitte ein paar Babyfotos von Dimitri!«
Obwohl die Bilder in einem Fotoatelier aufgenommen worden waren, als er schon mindestens ein Jahr alt war und aufrecht sitzen konnte, bestand eine verblüffende Ãhnlichkeit zwischen Dimitri und dem schlafenden Kind.
»Er ist so hübsch«, sagte Olga lächelnd. »Ich wünschte, wir wüssten, wo Dimitri ist. Wäre es nicht herrlich, wenn wir es ihm sagen könnten?«
Katerina tauschte einen Blick mit Eugenia, die ein wenig steif auf ihrem Stuhl saÃ. Sie konnte die schlimme Neuigkeit nicht mehr länger für sich behalten.
»Ich habe einen Brief bekommen«, begann Katerina und zog den Umschlag aus der Tasche. »Dimitri ist verhaftet worden.«
»Verhaftet!«, rief Olga aus. »Und wo hat man ihn hingebracht?«
Katerina reichte ihr den Brief.
»Du weiÃt, was man dort mit ihnen macht?«, sagte sie leise. »Man versucht sie zu brechen, damit sie ihre Ãberzeugungen widerrufen.«
»Ich weië, antwortete Katerina. »Aber wenigstens wissen wir, dass er lebt.«
»Sie werden nie erreichen, dass Dimitri einen Widerruf unterschreibt«, erwiderte Olga entschieden. »Selbst wenn er den Rest seines Lebens dort bleiben müsste, würde er nicht nachgeben. Er ist der sturste Mensch auf der ganzen Welt. AuÃerdem würde er einen solchen Widerruf als Niederlage seinem Vater gegenüber ansehen.«
»Er muss tun, was er für richtig hält«, erwiderte Katerina.
Pavlina war mit Pfefferminztee hereingekommen und hatte entsetzt die letzten Worte des Gesprächs mitbekommen.
»Aber es gibt etwas, was seine Meinung ändern könnte«, sagte sie.
Die drei Frauen sahen auf, und Pavlina blickte auf das Baby.
»Nein!«, sagte Katerina. »Ich will nicht, dass er von Theodoris erfährt.«
»Ich bin ganz deiner Meinung«, sagte Olga. »Stell dir vor, in welchen Konflikt ihn das stürzen würde. Es würde ihn zerreiÃen.«
»Und diese Männer, die nach Hause kommen, nachdem sie widerrufen haben â sie sind vollkommen gebrochen. Der Ehemann einer Frau, die ich aus der Fabrik kenne, hat einen Widerruf unterschrieben und wurde entlassen«, sagte Eugenia. »Seine Frau meint, er sei nicht mehr derselbe. Er findet keine Arbeit, sitzt den ganzen Tag mutlos daheim herum und ist völlig verzweifelt, dass er dem Druck nachgegeben hat.«
»Ich kann mir Dimitri unmöglich so vorstellen«, sagte Katerina.
»Das stimmt. Wer wäre Dimitri denn ohne seine Ãberzeugungen? Ich bin mir nicht sicher, ob er so überhaupt weiterleben könnte«, gab Pavlina zu.
»Du musst ihm schreiben, dass Gourgouris gestorben ist«, sagte Olga. »Dann hat er zumindest etwas, worauf er hoffen kann.«
»Ja, das mache ich«, antwortete Katerina.
Monate später erhielt Dimitri ihren Brief, und als er darauf antwortete, gestand er ihr offen seine Liebe. Die Zensoren erlaubten solche Briefe, weil sie meinten, Beziehungen auÃer halb des Lagers beschleunigten die Bereitschaft, den Widerruf zu unterschreiben.
Er schilderte ihr auÃerdem, dass er beim Bau einer Minia turversion des Parthenon-Tempels auf Makronisos mitarbeite. »Er repräsentiert den Geist der Freude und die Hingabe an unser Vaterland, die wir hier alle so stark empfinden.«
Katerina zeigte seine Briefe immer auch Eugenia, und sein Sarkasmus lieà sie jedes Mal zusammenzucken. Sie erfuhren, dass der Bau solcher Reproduktionen klassischer Monumente als Teil ihrer Umerziehung angesehen wurde. Doch die beiden Frauen wussten, dass diese Zwangsarbeiten nur dazu führten, dass Dimitri
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