Eine Geschichte von Liebe und Feuer
würde sie patsas machen, eine kräftige Suppe. Für ein paar Euro konnte sie alle tagelang satt bekommen. Bei ihr wurde nichts vergeudet.
»Das ist ein sicheres Mittel gegen den Kater, Mitsos!«, sagte Dimitri und zwinkerte seinem Enkel zu. »Deine GroÃmutter hat nur dein Bestes im Sinn!«
Nach einem zehnminütigen Weg durch die heruntergekommenen StraÃen des alten Thessaloniki kamen sie zum Haus der GroÃeltern. An der Ecke, kurz vor dem Eingang, machten sie am Kiosk halt, um Dimitris besten Freund zu begrüÃen. Die beiden Männer kannten sich seit mehr als siebzig Jahren, und es verging kaum ein Tag, an dem sie nicht hitzig über die neuesten Nachrichten diskutierten. Da er von morgens bis abends in seinem Kiosk saÃ, wusste Lefteris über die Politik in der Stadt besser Bescheid als die allermeisten Bewohner Thessalonikis.
Das Wohnhaus war ein hässlicher, vierstöckiger Block aus den Fünfzigerjahren. Der gelb gestrichene Eingangsbereich wirkte zwar einigermaÃen freundlich, aber der helle, wie ein Hühnerei gesprenkelte Steinboden war gerade mit einem stark riechenden Desinfektionsmittel gereinigt worden, sodass Mitsos den Atem anhielt, als sie langsam die Treppen zur Tür seiner GroÃeltern hinaufstiegen.
Im Treppenhaus war es geradezu blendend hell, verglichen mit dem Innern der Wohnung. Wann immer die beiden ausgingen, wurden die Fensterläden fest geschlossen und erst nach ihrer Rückkehr wieder von Katerina geöffnet, um frische Luft einzulassen. Doch die Stores vor den Fenstern lieÃen kaum mehr Licht herein. Es war immer dämmrig hier drinnen, aber Katerina und Dimitri mochten es so. Mitsos stellte die Einkaufstüte auf den Küchentisch, die seine GroÃmutter schnell auspackte, bevor sie mit dem Schnippeln und Schneiden begann. Ihr Enkel beobachtete sie dabei und war fasziniert, wie ordentlich und gleichmäÃig die kleinen Zwiebel- und Auberginenstücke geschnitten waren. Da Katerina diese Arbeit wohl schon einige Tausend Mal gemacht hatte, arbeitete sie so akkurat wie eine Maschine. Nicht das kleinste Zwiebelstückchen fiel dabei vom Brett auf das geblümte Plastiktischtuch, und so landete alles schlieÃlich ohne den geringsten Verlust in der Bratpfanne, aus der duftender Rauch aufstieg, als das Ãl hinzugegeben wurde. Beim Kochen verfügte Katerina über die Geschicklichkeit einer jungen Frau und bewegte sich leichtfüÃig wie eine Tänzerin durch die Küche. Rastlos eilte sie zwischen dem alten, ratternden Kühlschrank und ihrem Elektroherd hin und her, dessen klemmende Backofentür kräftig zugeschlagen werden musste.
Mitsos war einen Moment lang ganz in seine Beobachtung versunken, und als er aufblickte, stand sein GroÃvater in der Tür.
»Bist du bald fertig, meine SüÃe?«
»Noch fünf Minuten, dann ist alles im Ofen«, antwortete Katerina. »Der Junge braucht jetzt was im Magen!«
»Natürlich braucht er das. Komm, Mitsos, lass deine GroÃmutter einen Moment allein.«
Der junge Mann folgte seinem GroÃvater in das abgedunkelte Wohnzimmer und setzte sich in einen Polstersessel. Ãber jedem Sessel lag ein bestickter Schonbezug, und weiÃe Häkeldeckchen zierten Tisch und Kommode. Vor dem elektrischen Kamin stand ein kleiner Wandschirm mit einer aufgestickten Blumenvase. Schon so oft hatte Mitsos seiner GroÃmutter beim Handarbeiten zugesehen, und er wusste, dass jedes Stück von ihr selbst angefertigt worden war. Es war still im Zimmer, das einzige Geräusch kam vom leisen, rhythmischen Ticken der Uhr.
Auf dem Regal hinter seinem GroÃvater standen Fotogra fien aufgereiht. Die meisten zeigten ihn selbst oder seine Cousins in Amerika, aber es gab auch Hochzeitsfotos â von seinen Eltern und Verwandten. Und ein weiteres gerahmtes Foto, ein sehr formelles Porträt seiner GroÃeltern. Es lieà sich schwer schätzen, wie alt sie waren, als es aufgenommen wurde.
»Wir müssen auf deine GroÃmutter warten, bevor wir anfangen«, sagte Dimitri.
»Ja, sicher. SchlieÃlich würde yiayia lieber auf einen Sack Diamanten verzichten, als diese Stadt hier zu verlassen. Der Gedanke, jemals von hier wegzugehen, hat sie ja geradezu wütend gemacht. Dabei wollte ich ihr gar nicht zu nahetreten.«
»Das bist du auch nicht«, antwortete sein GroÃvater. »Ihre Gefühle sind bloà sehr stark, das ist alles.«
Bald
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