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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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darauf kam Katerina, vom Duft des köchelnden Gemüses umgeben, in den Raum. Sie nahm ihre Schürze ab, setzte sich aufs Sofa und lächelte ihre beiden Dimitris an.
    Â»Ihr habt auf mich gewartet, nicht?«
    Â»Natürlich«, antwortete ihr Ehemann liebevoll. »Es ist genauso deine wie meine Geschichte.«
    Und im dämmrigen Licht der Wohnung, das sie sanft einzuhüllen schien, fingen sie an zu erzählen.

1
    Mai 1917
    D urch einen blassen, zarten Dunst schimmerte das Meer Auf dem Festland ging die lebendigste und weltoffenste Stadt Griechenlands ihren Geschäften nach. Thessaloniki war ein Ort von eindrucksvoller kultureller Vielfalt, in dem Christen, Muslime und Juden friedlich zusammenlebten und sich gegenseitig ergänzten wie ineinander verwobene Fäden eines orientalischen Teppichs. Seit fünf Jahren gehörte Thessaloniki nicht mehr zum Osmanischen Reich, sondern war ein Teil Griechenlands geworden, aber es blieb eine Stadt der Vielgestaltigkeit und Toleranz.
    Die Farben und Kontraste dieses Völkergemischs spiegelten sich in der breiten Palette der Kleidungsformen. Man sah Männer mit Fez, Filzhut und Turban, jüdische Frauen in traditionellen pelzgefütterten Jacken und muslimische Männer in langen Gewändern. Es gab wohlhabende griechische Damen in Schneiderkostümen mit einem Anflug von Pariser Chic, die sich stark von den Bäuerinnen in bestickten Schürzen und Kopftüchern aus der ländlichen Umgebung abhoben. Die obere Stadt wurde eher von Muslimen bewohnt, die am Meer gelegenen Viertel von Juden und der Stadtrand von Griechen, aber es gab keine scharfen Trennlinien, und in jedem Viertel mischten sich Angehörige aller drei Kulturen.
    Thessaloniki erhob sich über einer großen halbkreisförmigen Bucht und wirkte wie ein riesiges Amphitheater. Hoch oben auf dem Hügel, an dem Punkt, der am weitesten vom Meer entfernt lag, markierte ein antiker Wall die Grenze der Stadt. Blickte man von dort hinab, stachen die religiösen Landmarken ins Auge: Dutzende von Minaretten reckten sich in den Himmel, und die farbigen Kuppeln von Kirchen und Synagogen sprenkelten das Häusermeer, das sich in weitem Rund zum Golf hinab erstreckte. Zwischen all den Bauten der drei Religionsgemeinschaften gab es Überreste aus römischer Zeit: Triumphbögen, Teile antiker Mauern und gelegentlich freie Stellen, an denen wie Wächter antike Säulen aufragten.
    Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte war die Stadt modernisiert worden, und breite Boulevards bildeten nun einen starken Gegensatz zu den alten verwinkelten Gassen, die sich wie die Schlangen auf dem Haupt der Medusa in die Oberstadt hinaufschlängelten. Ein paar große Kaufhäuser hatten eröffnet, aber der Hauptteil des Handels lag noch immer in Händen Tausender kleiner, von Familien geführten Läden, die, in engen Gassen eingezwängt, miteinander um Kundschaft wetteiferten. Neben Hunderten von Kafenions gab es Cafés im europäischen Stil, wo Wiener Bier ausgeschenkt wurde, und Klubs, in denen man über Literatur und Philosophie diskutierte.
    Da sich die Bevölkerung auf begrenztem Raum zusammendrängte, herrschte ein ständiger Lärm. Die Rufe von Eis-, Milch-, Obst- und Joghurtverkäufern hallten durch die Gassen, jeder anders und typisch für sein Gewerbe, aber gemeinsam ergaben sie einen wohlklingenden Akkord.
    Tag und Nacht gab es kein Innehalten in dieser immerwährenden Musik. Viele Sprachen konnte man hören in den Straßen, nicht nur Griechisch, Türkisch und Ladino, die Sprache der sephardischen Juden, sondern genauso oft Französisch, Armenisch und Bulgarisch. Dazu das Rattern der von Pferden gezogenen Straßenbahn, die durchdringenden Rufe der Muezzins, das Rasseln der Ankerketten, wenn ein Schiff im Hafen anlegte, und die rauen Stimmen der Schauermänner, die neben Waren für den täglichen Bedarf auch Luxusgüter entluden – all dies vereinte sich zur endlosen Melodie der Stadt.
    Die Gerüche der Stadt waren zuweilen nicht ganz so süß wie ihre Klänge. Ein stechender Ammoniakgestank stieg von den Färbereien auf, und aus den ärmeren Gegenden flossen immer noch Abwässer und verfaulter Unrat in den Hafen hinab. Und wenn die Frauen den Fang der vergangenen Nacht ausnahmen, überließen sie die dampfenden, stinkenden Innereien den Katzen zum Fraß.
    Im Zentrum befand sich der Blumenmarkt, und zarter Blü

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