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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht gehört?«
    »Nein, Herr Professor.«
    »Es scheint so, als habe man den Mörder Ihres Schwiegervaters ergriffen. Durch puren Zufall. Auf frischer Tat beim Klauen auf einem Neubau, in Ehrenfeld. Er hat noch nichts gestanden, aber Kommissar Runckel ist sicher, daß er den Mörder hat. Auch die Waffe stimmt. Eine Pistole 7,65 mm. Es ist ein junger Bursche, sechzehn Jahre alt! Stellen Sie sich das vor: sechzehn Jahre und schon Mörder! Er gibt an, als dreizehnjähriger Pimpf in einer Flakbatterie Granaten geschleppt zu haben, mit vierzehn war er im Werwolf, mit fünfzehn brach er bei den Alliierten in Verpflegungslager ein. Zeitumstände können Menschen vertieren …«
    »Wir haben alle einen Knacks weg, Herr Professor.«
    »Aber wir dürfen ihn uns nicht leisten, Sie nicht und ich nicht, als Mediziner. Wollen Sie weitermachen?«
    »Vielleicht, Herr Professor.«
    »Spezialität?«
    »Sicherlich Chirurgie.«
    »Dann viel Glück.« Professor Goldstein gab Wegener die Hand und ging dann schnell den Flur entlang zum Ausgang der Privatstation.
    Chirurgie, dachte Wegener. Da habe ich allerlei gesehen im Kriegsgefangenenlazarett. Da kann ich etwas vom Stapel lassen, wenn es sein muß. Vor allem Unfall-Chirurgie. Amputationen. Oder Spaltung von Furunkeln, das war damals an der Tagesordnung. Oder Erfrierungen. Oder Selbstverstümmelungen! O du Scheiße, man wird nie mehr davon loskommen. Das bleibt an einem wie eine vom Brand verschrumpelte Haut.
    Er sah Professor Goldstein nach, bis hinter ihm die Pendelglastür zuschwang. Dann nahm er eine rote Rose aus dem gewaltigen Strauß und trug sie zurück in Irmis Zimmer. Eine einzelne Rose gefährdete bestimmt nicht die Nachtluft. Er steckte sie in Irmis blondes Haar, küßte ihre Hände und wartete auf Frau Else Viernisch und seinen Sohn Peter Johann.
    Begräbnisse sind etwas Schreckliches. Für viele allerdings bedeuten sie nicht viel mehr als gesellschaftliche Abwechslung im ermüdenden Einerlei des Alltags. Man sieht Bekannte und lernt Fremde kennen, erfährt viel Neues und darf sich selber sehen lassen, kann über den teuren Verblichenen sprechen und Erlebtes mit Gehörtem mischen und hat hinterher noch tagelang Gesprächsstoff.
    Die Grablegung des Apothekers Johann Lohmann auf dem Friedhof Melaten zu Köln war, durch die Tagespresse hochgetrauert, ein Ereignis besonderer Art. Das Institut Fortmann hatte alles getan, um Lohmann würdig zu bestatten. Der Apotheker Lohmann, das stellte sich jetzt heraus, war ein Menschenfreund, ein Wohltäter der Gemeinde gewesen, und so durfte ein jeder bei der Beerdigung gewisse Rechte auf ihn geltend machen. Die Abordnung der Apothekerkammer, der Kegelclub, das Deutsche Rote Kreuz, die Kriegsgräberfürsorge, die Delegierten einer liberalen Partei, der Lohmann nie beigetreten war, die sich jedoch Hoffnungen auf ihn gemacht hatte, drei Sprecher pharmazeutischer Fabriken, vier alte Kameraden (etwas verschämt im Hintergrund, gleichsam unter dem Rockrevers das NS-Parteiabzeichen), ein gerade gegründeter Kriegerbund (noch ohne Lizenz der Besatzungsbehörde), zwei Ärzte von der Ärztekammer und endlich auch Onkel Hannes Lohmann, der jüngere Bruder, und sein Freund, der Fuhrunternehmer Heribert Bluttke. Beide kamen aus Hamburg, wohin sie sich abgesetzt hatten, nachdem ihnen 1945 in Köln zu Ohren gekommen war, daß man sie als Parteigenossen und somit als Mitschuldige an dem ganzen Schlamassel suchte. Die Gefahr war jetzt vorbei, sie waren entnazifiziert als harmlose Mitläufer, aber da sie in Hamburg ihre neue Existenz aufgebaut hatten, waren sie im Norden geblieben, wenn auch mit kölscher Wehmut im Herzen.
    »Wir kennen dich gut, Hellmuth«, sagte Hannes Lohmann und schüttelte Wegener die Hand. »Da staunste, was?! Wir waren deine Trauzeugen … ich und der Heribert Bluttke. Du standest als Foto vor uns auf dem Tisch, der Stahlhelm daneben, und ich habe mich damals gefragt, was ist das bloß für ein Rindvieh, das heiratet, ohne seine Braut auch nur einmal gesehen zu haben?! Dann kam der Fliegeralarm, und aus war die Feier. Jetzt endlich lernen wir uns kennen – und wie ein Rindvieh siehst du eigentlich nicht aus!«
    »Danke«, sagte Wegener still. »Es war schon eine verrückte Zeit. Es ist schön, daß ihr gekommen seid.«
    »Um Johann zu begraben. Ehrensache. Wird ermordet! Unfaßlich.«
    Heribert Bluttke, noch dicker als damals, jetzt fast zweieinhalb Zentner, schnaufte und putzte sich die Nase. Die geladenen Gäste drängten in die

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