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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die jeder kennt. Kommt man damit ein ganzes Leben aus? Genügt das? Was würde Hellmuth Wegener tun?
    Dämliche Frage. Er hätte längst vieles getan, was nicht getan worden ist. Er hätte bestimmt weiter Medizin studiert und wäre jetzt Angehöriger eines feudalen Corps.
    Das kann ich auch, dachte er plötzlich. Ich habe ja alle Papiere. Ich bin ja Medizinstudent, nur durch den Krieg zurückgeworfen. Ich könnte mich einschreiben lassen, fünftes Semester, mitten drin in der Chose. Und dann steh ich am Anatomietisch oder im Labor und weiß nicht einmal, was ich mit einem Bunsenbrenner anfangen soll. Hier draußen, im sogenannten freien Leben, kann man mit Schlagworten alles machen. Aber dort, in den Universitätsinstituten, erkennt man sofort, welcher Vogel da im falschen Nest sitzt. Also weitermachen wie bisher! Je älter man wird, um so nachsichtiger wird die Umwelt. Und dann der Kriegsschock. Partielle Vergeßlichkeit ist damit hinreichend motiviert. Wir alle sind doch Opfer, auch wenn wir überlebt haben. Wenn man das immer und überall erzählt, wird's zu einem Heiligenschein, der einen sogar noch erhöht, unangreifbar macht. Ein Märtyrer unserer Zeit. Rührt ihn nicht an, er hat genug hinter sich …!
    Am Nachmittag war Wegener wieder im Krankenhaus.
    Irmi ging es gut, sie saß im Bett, von Kissen unterstützt, und hatte zwei Schluck Tee trinken dürfen. Aber sie hing an einem Tropf, der ihr alles Durstgefühl nahm. Die Wundschmerzen waren gekommen, aber man hielt sie mit vorsichtigen analgetischen Dosen in erträglichen Grenzen.
    »Hast du Vater noch einmal gesehen?« fragte sie, als sie sich geküßt und einander versichert hatten, der kleine Peter sei das schönste Kind auf der Welt.
    »Nein. Fortmann hat alles übernommen.«
    »Wann ist die Beerdigung?«
    »Nächste Woche Dienstag. Auf dem Melaten. Mutter wird umgebettet und kommt dazu.«
    »Das ist schön. Ich danke dir, Hellmuth.«
    Sie legte den Arm um seinen Hals, zog ihn zu sich herunter und küßte seine Augen. Damit, so schien es, war das Thema Johann Lohmann beendet. Das neue Leben, das in einer halben Stunde wieder zu ihr kommen und Kraft aus ihren Brüsten trinken würde, war stärker. Alle Angst, Irmi könne wieder in das Grauen des Mordes zurückkehren, war unbegründet. Ihre Mütterlichkeit, das Wissen um ihre Aufgabe, jetzt nur noch Mutter und Frau zu sein, waren viel zu stark. Es gab für sie nur das Kind und den Mann.
    »Ich habe genug Milch«, sagte sie glücklich. »Stell dir das vor! Frau Viernisch sagt, es reicht sogar für zwei. Plötzlich war sie da, in beiden Brüsten. Fühl mal …«
    Er beugte sich vor, schob seine Hand in den Schlitz des Nachthemdes und umfaßte zärtlich ihre Brust. Erst die linke, dann die rechte. Harte, pralle, runde Brüste mit aufgerichteten Brustwarzen.
    »Schön«, sagte er heiser. »Sehr schön, Irmi. Er wird ein starker Junge werden!«
    »So stark wie du, Liebling.« Sie legte ihre Hände fest auf seine Hand, als er sie von ihrer rechten Brust wegziehen wollte. »So klug, so überlegen wie du.«
    Er schämte sich wieder maßlos, nickte aber und küßte ihre Lippen. Das Fieber war vorüber, sicherlich durch das Penicillin heruntergedrückt, die Lippen waren weich geworden – was zwei Schluck Tee bewirken können! –, sie war überhaupt weicher und anschmiegsamer geworden. Er spürte es, als er über ihren Leib streichelte, über ihre Schenkel und dann über ihre Schultern. Unter ihrer Haut blühte sie.
    Am Abend sah Professor Goldstein noch einmal ins Zimmer, schon im Mantel, also inoffiziell. Er fühlte Irmi den Puls, aber man sah, daß er das nur tat, um sein Hiersein zu rechtfertigen. Dann blickte er auf den Blumenstrauß, den Wegener mitgebracht hatte. Rosen und Chrysanthemen, ein Strauß, den man mit beiden Armen umfassen mußte, um ihn wegzutragen. Irmi hatte sich tadelnd darüber geäußert: »Das viele Geld!« hatte sie gesagt. »Und wie schnell verwelkt das alles! Wir müssen jetzt für drei denken, Liebling.«
    »Die Blumen müssen über Nacht leider raus!« sagte Goldstein.
    »Ich weiß, Herr Professor.« Wegener ging zum Tisch. »Ich trage sie auf den Flur. Für die Schwester ist er zu schwer.«
    Er schleppte den Strauß mit der großen Vase aus dem Zimmer. Goldstein folgte ihm sofort und schloß die Tür.
    »Das wollte ich ja nur«, sagte er, als Wegener die Vase abgestellt hatte. »Ich wollte Sie allein sprechen.« Goldstein räusperte sich. »Sie haben die letzten Nachrichten im Rundfunk

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