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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schwangler das Testament des alten Lohmann, deshalb der Ehrenplatz in der ersten Reihe. Es konnte kein kompliziertes Testament sein. Irmi erbte alles, weil sie der Lebensinhalt ihres Vaters gewesen war. Sonst gab es niemanden, der Ansprüche erheben konnte.
    Der Pfarrer kam zum Ende, betete wieder, der Orgelspieler ließ das Largo von Händel aufrauschen, irgendwo hinter Wegener schluchzte eine Frau; es klang ja so schön feierlich.
    Wenn ich einmal begraben werde, dachte Wegener, soll das ganz anders werden. Still und ohne Aufwand. Ein unauffälliger Weggang, eine Reise ins Nichts. Trauer hat nichts mit Fahnen und großen Worten zu tun. Leid kauert sich ganz unten im Herzen, und dort bleibt es auch.
    Dann, nach einer weiteren Stunde, war alles vorbei. Die Neugierigen verließen in Scharen den Friedhof Melaten, als kämen sie aus einem Fußballstadion. Ein paar Pressefotografen schossen Fotos, um Bilder von der ungeheuren Teilnahme des Volkes am Opfer des feigen Mordes zu haben. Man fragte Wegener, ob er für die Todesstrafe sei und ob der sechzehnjährige Junge in seinen Augen ein kaltblütiger Mörder oder auch nur ein Opfer des verrohenden Krieges sei.
    »Mein Schwiegervater ist tot!« antwortete Wegener steif. »Alles andere ist Sache der Behörden und des Gesetzes. Den Gedanken an Rache kenne ich nicht. Von mir aus schreiben Sie, was Sie wollen … Es stimmt ja doch nur die Hälfte!«
    Das machte ihn sofort unbeliebt bei den Presseleuten, aber das war ihm gleichgültig. Nur Dr. Schwangler meinte später, als sie noch ein paar Minuten am halb zugeschaufelten Grab standen:
    »Sie sollten diplomatischer sein, Herr Wegener. Ein neues Deutschland entwickelt sich, das zwar eines Tages genauso dumm und unbelehrbar sein wird wie alle vorangegangenen Deutschlands, aber wir müssen in ihm leben. Ich glaube, wir sollten über alles einmal gründlich sprechen. Die meisten Menschen nehmen das Leben hin, wie es ist, und merken gar nicht, daß es eine dauernde Prostitution ist!«
    So lernten sie sich kennen, Hellmuth Wegener und Dr. Eduard Schwangler, am offenen Grab. Hannes Lohmann stand neben ihnen und sagte beifällig: »Genau so ist es, Hellmuth!« Und der dicke Bluttke, schwitzend vor Ergriffenheit und deshalb noch kurzatmiger als sonst, schnaufte auf der anderen Seite und verkündete nach einer stillen Gedenkminute, daß er jetzt Durst auf ein Riesenglas Bier habe.
    »Das wird zischen, wie wenn man einem heißen Mädchen auf den Nabel spuckt!« sagte er fett. Dann wandten sich alle ab, überließen das Grab den wartenden Totengräbern und fuhren zu einem Restaurant in der Aachener Straße, in dem Wegener einen kleinen Saal gemietet hatte, um Johann Lohmanns ›Fell zu versaufen‹. Es war ein auserwählter, kleiner Kreis, die Spitzen der einzelnen Verbände und Kammern, die nächsten Nachbarn, ein paar Unbekannte, die sich aber alte Freunde nannten – eine nach einigen Stunden sehr fröhliche Gesellschaft, die sich an knalligen Witzen delektierte, die vor allem Dr. Schwangler zum Besten gab. Er war darin unerschöpflich und servierte seine kleinen Schweinereien mit der Sprachkunst eines Burgschauspielers.
    »Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau –«, sagte Schwangler, als man sich gegen Abend verabschiedete. »Ich nehme an, Sie fahren jetzt ins Krankenhaus.«
    »So ist es.«
    »Darf man sie besuchen?«
    »Natürlich.«
    »Sollen wir mit der Testamentseröffnung warten, bis sie wieder zu Hause ist?«
    »Ich halte es für besser.«
    »Ist ja auch nur eine Formsache. Ich kenne den Text. Sie ist Alleinerbin. Werden Sie jetzt auf Pharmazie umschwenken, Herr Wegener?«
    »Ich glaube nicht. Ich werde einen Apotheker einstellen und mich um den Aufbau der Fabrik kümmern.« Wegener verhielt sich sehr kühl. »Ehrlich gesagt … ich habe keine Lust mehr, nochmals auf einer Schulbank zu sitzen. Nochmals zu büffeln und Examina zu machen. Der Krieg hat mich in eine andere Bahn geworfen, und die fahre ich jetzt hinunter. Ich habe das Gefühl, daß ich dabei viel Neuland erkunden und gar nicht schlecht vorankommen werde.«
    Am Abend saß er wieder an Irmis Bett, roch nach Kognak und säuerlich nach Bier und aß ihr Abendessen, weil sie noch keinen Appetit hatte. Kalbsklopse mit Kapernsoße und Kartoffelbrei. Hinterher einen labberigen Schokoladenpudding mit einem Tupfer Sahne darauf. Dazu gab es Pfefferminztee. Krankenhausköche haben eine eigene Geschmacksrichtung.
    »Es war ein würdiges Begräbnis«, sagte Wegener, als Irmi ihn stumm

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