Eine große Zeit
jedes Mitspracherecht zu verwehren. »Sie dienen immer noch als Soldat, Rief, vergessen Sie das nicht.«
Mehr wollte er partout nicht verraten. Wir haben uns zwanglos über den Kriegsverlauf ausgetauscht – vor allem über die große Offensive von Aubers – sowie über meine Erlebnisse beim E.S.L.I. und die Arbeit im Lager von Bishop’s Bay.
»Ich denke, dieses Kapitel Ihres Lebens können Sie als abgeschlossen betrachten«, war Munros einziger Kommentar.
Also sitze ich hier in einem kleinen Hotel in Bayswater (Greville und ich haben die Wohnung am Chandos Place untervermietet) und habe eine Woche Urlaub vor mir. Mehr weiß ich nicht, ich habe nicht die geringste Ahnung, was mich erwartet, außerdem wären Spekulationen müßig. Egal, was Munro mit mir vorhat, es dürfte in jedem Fall interessanter sein als Frau Schumachers Wehwehchen.
Was das Ende der Swansea-Episode angeht, empfinde ich nur Cerridwyns wegen leises Bedauern. Ich male mir aus, wie sie – fein herausgeputzt für ihren Ausflug nach London – am Bahnhof von Swansea neben dem Fahrkartenschalter steht und auf mich wartet. Und dann fährt auch schon der Neun-Uhr-Zug. Natürlich wird sie auf den nächsten warten, für alle Fälle, aber mit stetig schwindender Zuversicht, und nachdem ich auch nach einer guten Stunde nicht erschienen bin, wird sie nach Hause gehen und die ewige Doppelzüngigkeit der Männer verfluchen.
9. Der Kriegshilfefonds von Claverleigh Hall
»Es ist ein Riesenerfolg. Damit hätte ich nie gerechnet. Wir haben bereits mehr als 200 Pfund eingenommen, und das vor dem Mittagessen. Gestern waren es insgesamt 500 Pfund«, sagte Lysanders Mutter, die sich vor Erstaunen fast beschämt zeigte. Sie standen in der Haupteinfahrt und betrachteten die in Reihen geparkten Automobile und großen Mietkutschen, während eine meterlange Schlange von Menschen darauf wartete, ihren Shilling Eintrittsgebühr für die » GROSSE KIRMES VON CLAVERLEIGH HALL « zu entrichten – wie das Plakat am Parkeingang verkündete.
»Bravo«, sagte Lysander. »Die belgischen Flüchtlinge können sich glücklich schätzen.«
»Ach was«, antwortete seine Mutter. »Jetzt haben wir eine viel größere Reichweite. Gerade haben wir wieder sechs Ambulanzen nach Frankreich entsandt.«
Die Wohltätigkeit von Claverleigh Hall hatte kurz nach Kriegsausbruch als lokale Initiative begonnen, um belgische Flüchtlinge mit warmer Kleidung, Wolldecken und Zelten zu versorgen. Der überwältigende Zuspruch animierte Anna Faulkner weiterzumachen, und so konnte sie ihre ganze Energie in den Kriegshilfefonds von Claverleigh Hall, wie die Initiative inzwischen hieß, stecken, ebenso wie ihr Organisationstalent, das jahrelang brachgelegen hatte – seit sie nicht mehr die Geschäfte der Theaterkompanie von Halifax Rief führte. Plötzlich hatte sie wieder einen Grund, sich zu engagieren, und die beträchtlichen Geldsummen, die sie sammelte, verliehen ihrer Stimme Gewicht. Nun fuhr sie ein- bis zweimal die Woche nach London, um sich mit Vertretern des Innenministeriums zu treffen, und auch mit hohen Offizieren im Kriegsministerium. Ihr neuer Plan sah vor, eine Schule zu eröffnen, in der angehende Krankenschwestern in erster Linie lernten, die Leiden und Wunden von Frontsoldaten zu behandeln. Wer braucht bei Fußbrand schon eine Hebamme?, lautete eine ihrer eingängigsten Parolen. Man bat sie immer öfter, sich diesem oder jenem Komitee anzuschließen oder Petitionen zu unterschreiben oder sich für andere gute Zwecke einzusetzen. Lysander kam sie jetzt noch jünger vor, als sie ohnehin schon ausgesehen hatte. So wurde man also belohnt, wenn man mit seinem Leben etwas Sinnvolles anfing.
»Wie geht es Crickmay heute?«, fragte er. Seit seiner Ankunft hatte er seinen Stiefvater noch nicht zu Gesicht bekommen.
»Unverändert schlecht. Er keucht und hustet und soll immer noch das Bett hüten, der Arme.«
»Nach dem Mittagessen muss ich nach London zurück«, sagte Lysander.
»Er wird nicht mit uns essen. Ich richte ihm deine Genesungswünsche aus. Ihr werdet euch sehen, wenn dudas nächste Mal kommst.«
Mit diesen Worten eilte seine Mutter davon, um die übervolle Geldkassette am Eingang gegen eine leere auszutauschen, und Lysander streifte durch den Park, passierte die Verkaufsstände für Kuchen und Konfitüre, die Wurfbude, das Bierzelt, die Hundeschau, die Laufspiele – Eierlauf, Sackhüpfen, Dreibeinlauf – , die Viehausstellung und das Reitfest, während er nach Hamo
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