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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Ihnen Handschellen anlegen, Sir. Verstehen Sie mich?« Er drückte noch fester zu. Er war nicht größer als ich, aber er war zwanzig Jahre jünger und zwanzig Kilo schwerer, und das war reine Muskelmasse. »Dr. Brockton, bitte zwingen Sie mich nicht, Ihnen Handschellen anzulegen. Haben Sie mich verstanden?«
    Ich gab auf. »Ja«, sagte ich. »Ich habe Sie verstanden. Sagen Sie mir, was los ist. Ist Miranda da drin?«
    »Wir haben jemanden drin«, sagte er. »Ich kenne die Lage nicht. Wenn ich Sie loslassen kann, frage ich über Funk, was drinnen los ist und ob Sie reinkommen können.«
    »Bitte«, sagte ich.
    »Haben Sie sich so weit im Griff«, fragte er, »dass ich Sie loslassen kann, ohne dass Sie da reinrennen und den Helden spielen?«
    »Ja«, antwortete ich. »Wenn Sie mich loslassen, trete ich einen Schritt zurück, damit Sie nachfragen können.«
    Erst als er mich losließ und ich wieder Luft bekam, merkte ich, wie fest er mich gehalten hatte.
    Er drückte den Sendeknopf an seinem Funkgerät. »Hier spricht Markham«, sagte er. »Dr. Brockton ist hier draußen, direkt vor der Tür zum Erdgeschoss. Ist es in Ordnung, wenn er jetzt reinkommt?«
    Die Antwort kam über den Ohrhörer, also konnte ich sie nicht verstehen, doch er nickte und wies mich mit einer Geste hinein. Ich lief los, doch er rief mir schnell hinterher: »Gehen! Nicht laufen! Da drin sind bewaffnete Polizeibeamte. Wenn Sie so da reinstürmen, besteht die Gefahr, dass die Sie erschießen!«
    Ich zwang mich zu einem ruhigen Schritt. Als ich die Metalltür erreichte, die in das Gebäude führte, hörte ich Markham sagen: »Er kommt jetzt zur Tür herein.« Ein zweiter Beamter stand im Treppenhaus zwischen der äußeren Tür und der Tür zum Knochenlabor. Die Metalltür zum Labor wurde von einem Keil offen gehalten – ein verwirrender Anblick, denn wir hielten sie stets geschlossen. Die Tür war aus Stahl und hatte ein kleines Fenster, das wir von innen mit einem Blatt Papier verklebt hatten, damit niemand reinschauen konnte. Das Papier war verschwunden. Genau wie die Fensterscheibe. An der Tür lief Blut herunter, das jedoch noch nicht bis zum Boden getropft war.
    Panisch blickte ich mich um. Zwei uniformierte Beamte standen links von mir an den Schreibtischen und Arbeitstischen der Doktoranden. Rechts war eine Lagerfläche, wo auf ein Meter tiefen Regalen reihenweise Kartons mit Skeletten von nordamerikanischen Indianern aufbewahrt wurden – insgesamt mehrere Tausend.
    Ein Rettungssanitäter kam rückwärts aus dem Gang zwischen den Regalreihen und zog eine Fahrtrage hinter sich her, auf der eine reglose Gestalt lag. Unter einem Laken sah ich die Umrisse von Füßen, Beinen, dem Torso. Ich hatte diesen Körper seit Jahren in verschiedenen Körperhaltungen jeden Tag gesehen – sitzend, stehend, auf allen vieren kriechend, vornübergebeugt, um einen Knochen vom Boden aufzuheben. Doch ich hatte ihn nie reglos daliegen sehen. Trotzdem erkannte ich Miranda sofort.
    »Lieber Gott«, sagte ich. »Was ist passiert?«
    »Wurde ja auch allmählich Zeit, dass Sie kommen.« Miranda setzte sich halb auf und stützte sich auf die Ellbogen.
    »Himmel«, keuchte ich, »Miranda! Geht es Ihnen gut? Sind Sie verletzt? Was ist passiert?«
    »Könnten Sie die Fragen noch mal langsam und der Reihe nach wiederholen? Ach, wenn ich’s mir recht überlege, sparen Sie sich die Mühe. Mir geht es gut; ich glaube, ich habe mir nur den Fuß verstaucht, aber da draußen ist ein Kerl, dem ich kein zweites Mal begegnen möchte.«
    »Wer? Sagen Sie schon. Erzählen Sie mir alles.«
    »Ich war damit beschäftigt, Messergebnisse in die Datenbank einzugeben, drüben an dem Tisch am Fenster; ich habe den digitalen Messfühler benutzt. Ich war gerade zu dem ziemlich großen Schädel gekommen und hatte die Hälfte der Schädelmaße schon eingegeben, als ich plötzlich so ein gruseliges Gefühl hatte, als würde mich jemand beobachten oder so. Ich habe aufgeschaut, aber nur mein Spiegelbild gesehen.«
    »Erinnern Sie mich daran, dass wir gleich morgen draußen Flutlicht installieren lassen«, sagte ich. »Oder eine Videokamera. Oder einen Elektrozaun.«
    »Ich habe mich wieder der Arbeit zugewandt«, sagte sie, »aber eine Minute später habe ich gehört, wie die Außentür auf- und wieder zuging. Ich war schon nervös, also habe ich gelauscht, ob ich jemanden die Treppe zum ersten Stock raufgehen höre. Nichts. Ich habe mich umgedreht, um nachzuschauen und zu lauschen, und da hab

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