Eine Hand voll Asche
Männer oder in der Art.«
Die Beamte der Campuspolizei standen planlos herum, also hoffte ich, dass wir für heute Feierabend machen konnten. »Werden Sie die Spurensicherung der Polizei von Knoxville hinzuziehen, damit die davon eine Probe nehmen?«
»Sind schon unterwegs«, sagte er. »Sie müssten in zwei Minuten hier sein.«
»Soll ich noch hierbleiben, um dann abzuschließen, wenn sie fertig sind?«
»Nein, Sir«, sagte er. »Wir haben Schlüssel, wir können abschließen. Wir können auch dem Hausmeister Bescheid sagen, damit morgen früh als Erstes die Fensterscheibe ersetzt wird.«
»Das wäre nett«, sagte ich. »Können Sie ihn bitten, drahtverstärktes Sicherheitsglas oder kugelsicheres Glas einbauen zu lassen, damit so etwas nicht noch einmal passieren kann?«
Er nickte, und dann sah ich, wie er einen Blick auf die Reihe großer Fenster an der Außenseite des Labors warf.
»Ich sollte ihn wahrscheinlich auch anrufen«, sagte ich, »und mit ihm über ein Gitter für die äußeren Fenster sprechen.«
»Ich glaube, das wäre eine gute Idee«, meinte er.
Ich sah zu Miranda hinüber, und mir dämmerte, wie knapp sie entronnen war.
»Wenn er nicht reingekommen wäre, hätte er wahrscheinlich einfach draußen auf mich gewartet. Die Hauptsache ist doch, dass es mir gut geht.«
»Sicher, das ist wichtig«, sagte ich. »Genauso wichtig ist aber, dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt.«
Ich bot Miranda für die Nacht mein Gästezimmer an, teils, weil ich mich um ihre Sicherheit sorgte, und teils, weil ich fürchtete, sie käme mit dem verstauchten Fuß allein nicht gut zurecht.
»Ausgeschlossen«, sagte sie.
»Warum nicht?«, fragte ich. »Ich habe keinen Anschlag auf Sie vor.«
»Ich weiß«, sagte sie, »und die Enttäuschung darüber würde ich nicht verkraften.« Dann wurde sie ernst. »Eigentlich vermute ich, dass Sie der nächste Punkt auf der Agenda dieses Typen sind. Wahrscheinlich hat er nach Ihnen gesucht, als er hergekommen ist. Ich war nur der Trostpreis.«
Plötzlich ging mir ein Licht auf. »Das glaube ich nicht«, sagte ich. »Ich befürchte, Sie sind sein neuer Liebling«, zitierte ich die Worte von der Karte, die in den Blumen gesteckt hatte. Sämtliche Farbe wich aus Mirandas Gesicht. Dann schüttelte sie energisch den Kopf.
»Nein«, sagte sie. »So werde ich nicht denken. Ich will mich nicht jeden Augenblick hektisch umsehen, weil ich Angst habe, ein Perverser oder ein Widerling ist hinter mir her.«
»Das sollten Sie auch nicht«, sagte ich. »Aber halten Sie wenigstens ein bisschen Pfefferspray griffbereit.«
»Im Nachttisch ist welches.«
Ich fuhr Miranda nach Hause und half ihr die Stufen hinauf und ins Haus. »Ich habe noch nie gesehen, wo Sie wohnen«, sagte ich. »Es ist bezaubernd.«
»Sie haben es noch nie von innen gesehen«, sagte sie pointiert. Sie sah die Scham in meiner Miene und legte eine Hand auf meinen Arm. »Es ist okay«, sagte sie, und diese schlichten Worte voller Verständnis und Vergebung waren mit das Tiefempfundenste und Großzügigste, was jemals jemand zu mir gesagt hatte. Ich umarmte Miranda wie ein Bär, wahrscheinlich hielt ich sie so fest, wie der Beamte der Campuspolizei mich festgehalten hatte. Nach einem Augenblick tippte sie mir auf den Rücken, und ich ließ sie los.
»Vielleicht muss ich jetzt doch in die Notaufnahme«, sagte sie. »Ich glaube, Sie haben mir die halben Rippen gebrochen.«
»Himmel, Sie sind mir eine«, sagte ich. »Was würde ich nur ohne Sie anfangen?«
»Sie würden jemand anderen finden«, sagte sie. »Die Welt ist voller tapferer, kluger Frauen. Zum Teufel, die ganze Uni ist voller tapferer, kluger Frauen.«
»Ich glaube nicht, dass es so eine wie Sie noch einmal gibt«, sagte ich. »Gute Nacht, Miranda.«
»Nacht, Dr. B.«
Sie schloss die Tür. Ich wartete unten an der Treppe, bis ich den Schließriegel einrasten hörte, und auch dann ging ich nur bis zu meinem Auto. Ich neigte die Rückenlehne ein Stück nach hinten, kurbelte die Fenster herunter, damit ich alles hören konnte, und hielt besorgt die ganze Nacht vor ihrem Haus Wache.
22
Ziel auf den Kopf , ermahnte ich mich , als ich über Kimme und Korn anvisierte. Mitten in den Kopf – der tödlichste Treffer . Die Waffe lag stabil in meiner Hand, viel stabiler, als ich mich innerlich fühlte. Als ich auf den schwarzen Schemen zielte, hoffte ich, dass die schwere Waffe in meiner rechten Hand ein wenig von ihrer Stabilität auf mich übertrug.
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