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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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einem Satz Tüten war das mazerierte Skelett, das uns als Lockvogel hatte dienen sollen. In dem anderen war das frische Skelett, von dem ich inbrünstig hoffte, dass es Garland Hamiltons war.

28
    Miranda und ich saßen im Knochenlabor – unserem zweiten Zuhause – über dem Puzzle, das einst ein menschlicher Schädel gewesen war. Das Schädeldach war von herabfallenden Brettern zerstört worden, als Balken und Sparren durchgebrannt und in den Keller gestürzt waren. Die beiden Skelette schienen sich nicht vermischt zu haben; zum Glück für uns hatte die Wucht der Explosion sie auseinandergeschleudert statt zusammengeworfen, und da wir das erste Skelett bereits als das von Billy Ray Ledbetter identifiziert hatten, konnten wir uns jetzt ganz auf das zweite konzentrieren. Doch den zweiten Schädel zusammenzusetzen erwies sich als Herkulesarbeit.
    Auf den Boden von zwei Backformen hatten wir fünf Zentimeter Sand geschüttet. Der Sand war weich, sodass er die zerbrechlichen Knochenfragmente gut abpolsterte, und er war auch leicht zu formen, etwa zu einer Vertiefung, die einer Schädelkrümmung entsprach. Wenn wir Schädelfragmente zusammensetzten, trugen wir auf eine Kante eine dünne Schicht Duco-Klebstoff auf, drückten das Stück an Ort und Stelle und betteten es dann in den Sand, um nach einem weiteren passenden Stück zu schauen, während der Klebstoff eine Minute trocknete. Es war nicht so raffiniert wie die Hightech-Spielereien im Fernsehen, aber es funktionierte. Trotzdem war es bestenfalls ermüdend, die Schädel aus einem Haufen winziger Scherben – kaum größer als mein Daumennagel – zusammenzusetzen, und ich wusste, dass der Punkt kommen würde, an dem wir nicht mehr weiterkamen, weil wir schlicht keine deutlich ausgeprägten Kanten mehr fanden, an welche die übrig gebliebenen winzigen Knochenstückchen passten.
    Draußen klopfte es an die Stahltür. Sie ging nach außen auf, und Steve Morgan trat ein. Morgan und ich hatten vor einer Weile miteinander gesprochen, als er auf dem Weg zu Hamiltons Zahnarzt war, um dort die Zahnarztunterlagen zu holen. Ich war überrascht, als ich nun sah, dass er mit leeren Händen kam.
    »Probleme mit dem Zahnarzt?«, fragte ich.
    »Das könnte man so sagen«, sagte er. »Er ist letzte Woche gestorben. Herzinfarkt.«
    Ich erinnerte mich, einen kurzen Beitrag in der Zeitung gelesen zu haben, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich ihm keine große Aufmerksamkeit geschenkt. »Das war Hamiltons Zahnarzt? Dr. Vetter oder so?«
    Morgan nickte verdrossen.
    »Wie alt war der Mann?«
    »Sechzig.«
    »Gab es in der Vorgeschichte Herzerkrankungen?«
    »Sie wären ein guter Arzt geworden«, sagte Morgan. »Oder ein guter Vernehmungsbeamter. Vetter hat vor zwei Jahren einen Herzschrittmacher bekommen.«
    »Ich dachte, einen Herzschrittmacher bekäme man, um einen Herzinfarkt zu verhindern?«
    »Ich auch«, sagte er, »also habe ich angerufen und Dr. Garcia genau diese Frage gestellt. Garcia hat mir erklärt, wenn das Herz stehen bleibt, wirft der Herzschrittmacher es wieder an. Aber wenn die Koronararterien verstopft sind, kann ein Herzschrittmacher einen auch nicht retten. Es ist wie bei einer neuen Batterie fürs Auto – wenn die Benzinleitung verstopft ist, nützt die Batterie auch nichts.«
    »Hatte Dr. Vetter eine Gemeinschaftspraxis?«
    Morgan schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Eine Zahnhygienikerin und eine Zahnarzthelferin, das war’s.«
    »Hätte nicht eine von denen Ihnen die Akte raussuchen können?«
    »Keine da zum Raussuchen«, sagte er. »Sie haben die Akte nicht gefunden.«
    » Hallo? «, sagte Miranda und schaute von ihrer Sandkiste auf. »Na, wie praktisch ist das denn? Der Zahnarzt gibt den Löffel ab, kurz bevor Sie an seine Tür klopfen, und die entscheidende Akte verschwindet einfach im Äther?«
    Mir gefiel das genauso wenig. »Hat Garcia eine Autopsie durchgeführt?«
    »Nein«, sagte Morgan. »Die Witwe hatte etwas dagegen. Sie sagte, er hätte sich nicht gesund ernährt und sich kaum bewegt. Sie hat ihm ständig in den Ohren gelegen, er würde einen Herzinfarkt bekommen, aber er wollte nicht auf sie hören. Klingt, als würde sie denken, er hätte bekommen, was er verdient.«
    »In meinen Ohren klingt das eher danach, als wäre sie gerade im Zorn-Stadium des Trauerprozesses«, sagte ich.
    »Klingt, als wäre er womöglich in den Armen einer Geliebten gestorben«, sagte Miranda. »Ist das nicht das, was euch alten Knackern den Rest gibt, myokardial

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