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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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murmelte Andrews. Er blickte auf. »Ist das richtig?«
    Die alte Frau antwortete nicht.
    »Sie ist vollkommen taub, Sir«, erklärte der Robotdiener.
    Andrews brummte etwas Unverständliches und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Aktenfolie zu. Irma Gordon gehörte zu den ersten Siedlern im Riga-System. Ihre eigentliche Herkunft war unbekannt. Vermutlich war sie im Weltraum auf einem der alten Sublichtschiffe geboren worden. Ein seltsames Gefühl überkam ihn. Dieses kleine, alte Geschöpf. All die Jahrhunderte, die es erlebt hatte! All die Veränderungen ...
    »Sie möchte abreisen?« fragte er den Robotdiener.
    »Ja, Sir. Sie hat ihr Heim verlassen und ist hierhergekommen, um ein Ticket zu erwerben.«
    »Verträgt sie die Belastungen des Raumfluges?«
    »Sie flog von Riga II nach hier, nach Fomalhaut IX.«
    »Wohin möchte sie?«
    »Zur Erde, Sir«, antwortete der Robotdiener.
    »Zur Erde! « Andrews Kinn fiel nach unten. Dann fluchte er nervös. »Was meinst du damit?«
    »Sie möchte zur Erde reisen, Sir.«
    »Verstehen Sie nun?« murmelte Norton. »Sie ist vollkommen verrückt.«
    Andrews klammerte sich an dem Tisch fest und wandte sich an die alte Frau. »Madam, wir können Ihnen kein Ticket zur Erde verkaufen.«
    »Sie kann Sie nicht hören, Sir«, erinnerte der Robotdiener.
    Andrews griff nach einem Blatt Papier und schrieb in Großbuchstaben:
     
    ICH KANN IHNEN KEIN TICKET ZUR ERDE VERKAUFEN
     
    Er hielt ihr das Blatt vor das Gesicht. Die Augen der alten Frau bewegten sich, während sie die Worte betrachtete. Ihre Lippen zitterten. »Warum nicht?« brachte sie schließlich hervor. Ihre Stimme war matt und trocken. Wie raschelndes Unkraut. Andrews kritzelte die Antwort.
     
    ES GIBT KEINEN DERARTIGEN ORT
     
    Grimmig fügte er hinzu:
     
    MYTHOS – LEGENDE – HAT NIE EXISTIERT
     
    Die trüben Augen der alten Frau überflogen die Notiz. Sie blickte zu Andrews auf, und ihr Gesicht war ausdruckslos. Andrews wurde unbehaglich zumute. Neben ihm schwitzte Norton nervös.
    »Jesses«, knurrte Norton. »Werfen Sie sie raus. Sonst wird sie uns noch verhexen.«
    Andrews wandte sich an den Robotdiener. »Kannst du sie nicht zur Vernunft bringen? Es gibt keinen Planeten namens Erde. Das ist schon mehr als tausendmal bewiesen worden. Eine derartige Ursprungswelt hat nie existiert. Alle Wissenschaftler stimmen überein, daß das menschliche Leben gleichzeitig in der gesamten Galaxis ...«
    »Es ist ihr Wunsch, zur Erde zu reisen«, erklärte der Robotdiener geduldig. »Sie ist dreihundertfünfzig Jahre alt, und man hat ihr jetzt die lebenserhaltenden Medikamente versagt. Sie möchte die Erde besuchen, bevor sie stirbt.«
    »Aber die Erde ist doch nur ein Mythos!« brach es aus Andrews hervor. Er öffnete und schloß den Mund, aber er war nicht in der Lage weiterzusprechen.
    »Wieviel?« fragte die alte Frau. »Wieviel?«
    »Ich kann es nicht!« schrie Andrews, »Es gibt keine ...«
    »Wir haben einen Kilokredit«, sagte der Robotdiener.
    Andrews wurde mit einmal völlig ruhig. »Einen Kilokredit.« Er schloß den Mund, und alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
    »Wieviel?« wiederholte die alte Frau. »Wieviel?«
    »Wird das genügen?« fragte der Robotdiener.
    Andrews schluckte stumm. Abrupt fand er seine Sprache wieder. »Natürlich«, nickte er. »Warum nicht?«
    »Kapitän!« protestierte Norton. »Sind Sie verrückt geworden? Sie wissen, daß es keinen Planeten Erde gibt! Wie, zum Teufel, können Sie dann ...«
    »Natürlich bringen wir sie dorthin.« Langsam, mit zitternden Händen knöpfte Andrews seine Jacke zu. »Wir bringen sie zu jedem Planeten, zu dem sie hin will. Sag ihr das. Für tausend Kredits freuen wir uns, sie zur Erde bringen zu können. Okay?«
    »Natürlich«, bestätigte der Robotdiener. »Sie hat viele Jahrzehnte lang dafür gespart. Das Kilokredit bekommen Sie sofort. Sie hat es mitgebracht.«
    »Hören Sie«, sagte Norton. »Dafür können Sie zwanzig Jahre bekommen. Man wird Ihnen Ihren Rang und Ihr Patent abnehmen und Sie ...«
    »Still jetzt.« Andrews drehte an der Skaleneinstellung des Intersystem-Vidsenders. Unter ihnen brüllten und donnerten die Raketendüsen. Das schwerfällige Transportschiff stand tief im Raum. »Ich möchte eine Verbindung mit der Zentralbibliothek von Centauri II«, sagte er in das Mikrofon.
    »Selbst für tausend Kredits können Sie das nicht tun. Niemand kann es. Seit Generationen sucht man nach der Erde. Schiffe des Direktorats haben jeden gottverdammten

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