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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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begann zu arbeiten. Labyrinth verschränkte die Arme, und wir warteten. Draußen brach die Nacht herein und erstickte die Helligkeit, bis auch der letzte Lichtschimmer erloschen war. Schließlich blinkte ein Signallämpchen an der Front der Maschine auf. Der Doktor schaltete die Kontrollen auf AUS. Wir standen schweigend da, und keiner von uns wollte derjenige sein, der es brach.
    »Nun?« sagte ich endlich. »Wer von uns soll einen Blick darauf werfen?«
    Labyrinth gab sich einen Ruck. Er öffnete die Klappe und griff in die Maschine. In seinen Fingern hielt er ein schmales Blatt, eine Partitur. Er reichte sie mir. »Das ist das Ergebnis«, erklärte er. »Wir können nach oben gehen und es spielen.«
    Wir gingen hinauf in das Musikzimmer. Labyrinth setzte sich an das große Klavier, und ich gab ihm die Partitur zurück. Er schlug das dünne Notenheft auf und studierte es eine Weile; und sein Gesicht war leer, ausdruckslos. Dann begann er zu spielen.
    Ich lauschte der Musik. Sie klang abscheulich. Etwas Ähnliches hatte ich noch nie gehört. Sie war verzerrt, diabolisch, ohne Sinn oder Bedeutung, sah man von einer fremdartigen, abstoßenden Bedeutung ab, die nicht hätte vorhanden sein sollen. Nur mit äußerster Anstrengung konnte ich mir ins Gedächtnis zurückrufen, daß dies einst eine Fuge von Bach gewesen war, Teil eines akkuraten und respektierten Werkes.
    »Das gibt den Ausschlag«, sagte Labyrinth. Er stand auf, nahm das Notenheft in die Hand und zerriß es in kleine Stücke.
    Als wir den Weg hinunter zu meinem Auto gingen, erklärte ich: »Ich vermute, daß der Überlebenskampf eine weit stärkere Macht ist als jedes menschliche Ethos. Dagegen ist unsere kostbare Moral, sind unsere Sitten ein Nichts.«
    Labyrinth stimmte zu. »Vielleicht ist dann jeder Versuch, derartige Dinge zu retten, von vornherein zum Scheitern verurteilt.«
    »Die Zeit wird das erweisen«, versicherte ich. »Auch wenn diese Methode versagte, geht es vielleicht auf eine andere Art; auf eine Art, die wir jetzt weder vorhersehen noch uns vorstellen können und die sich eines Tages von ganz allein aufdrängt.«
    Ich wünschte ihm eine gute Nacht und setzte mich in mein Auto. Es war völlig finster; es war jetzt tiefe Nacht. Ich schaltete die Scheinwerfer ein und rollte die Straße hinunter, steuerte hinein in die Tintenschwärze. Nirgends war ein anderes Fahrzeug in Sicht. Ich war allein, und mir war sehr kalt.
    An der Biegung bremste ich, um in einen anderen Gang zu schalten. Plötzlich bewegte sich etwas am Straßenrand, am Fuß eines großen Sykomore-Baumes, und floh in die Dunkelheit. Ich äugte hinaus und versuchte zu erkennen, was es war.
    Am Fuß des Sykomore-Baumes baute ein fetter, graubrauner Käfer an einem sonderbaren, ungefügen Gegenstand und befestigte einen Klumpen Lehm. Ich sah dem Käfer eine Zeitlang zu, verwirrt und neugierig, bis er mich schließlich bemerkte und innehielt. Abrupt wandte sich der Käfer ab und verschwand in seinem Bau, schlug die Tür mit Nachdruck hinter sich zu.
    Ich fuhr davon.
     
Der unmögliche Planet
    (THE IMPOSSIBLE PLANET)
     
    »Sie steht nur da«, sagte Norton nervös. »Kapitän, Sie müssen mit ihr sprechen.«
    »Was will sie denn?«
    »Sie will ein Ticket. Sie ist stocktaub. Sie steht nur da und starrt vor sich hin und will nicht wieder gehen. Das geht mir auf die Nerven.«
    Langsam stand Kapitän Andrews auf. »Na schön. Ich werde mit ihr sprechen. Bringen Sie sie herein.«
    »Danke.« In Richtung Korridor gewandt, rief Norton: »Der Kapitän will Sie sprechen. Kommen Sie herein.«
    Vor dem Kontrollraum bewegte sich etwas. Metall blitzte auf. Kapitän Andrews schob den Mikroleser zur Seite und stand abwartend da.
    »Hier herein.« Norton kehrte in den Kontrollraum zurück. »Kommen Sie. Direkt hier herein.«
    Hinter Norton erschien eine verhutzelte, kleine, alte Frau. Begleitet wurde sie von einem glitzernden Roboter, einem riesigen Robotdiener, der sie am Arm führte. Langsam betraten der Roboter und die kleine, alte Frau den Kontrollraum.
    »Hier sind ihre Papiere.« Norton warf eine Folie auf den Kartentisch, und seine Stimme klang ehrfürchtig. »Sie ist dreihundertfünfzig Jahre alt und damit eine der ältesten Langlebigen. Herkunftsplanet ist Riga II.«
    Bedächtig überflog Andrews die Aktenfolie. Schweigend stand die alte Frau vor dem Tisch und blickte starr geradeaus. Ihre müden Augen waren von einem blassen Blau. Wie altes chinesisches Porzellan.
    »Irma Vincent Gordon«,

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