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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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hatte Carol an ihrem Arbeitsplatz aufgesucht, sie an ihrem Schreibtisch getroffen, sie vor den Augen ihrer Kollegen umgebracht, sich dann umgedreht und war ungehindert wieder hinausgegangen; alle waren vor Furcht und Überraschung zu gelähmt gewesen, um etwas zu unternehmen.
    Und trotzdem stand nichts darüber in der Zeitung. Die Homöozeitung hatte nicht die geringste Notiz davon genommen.
    „Sie suchen vergeblich“, bemerkte Dr. Hagopian, der hinter seinem Schreibtisch saß.
    „Es muß dort stehen“, sagte Cupertino halsstarrig. „Ein Kapitalverbrechen wie dieses – was ist der Grund?“ Er schob die Homöozeitung beiseite und blickte verwirrt drein. Es ergab keinen Sinn; es widersprach offensichtlich der Logik.
    „Zunächst einmal“, stellte Dr. Hagopian müde fest, „der Laserstrahler existierte nicht; er war eine Illusion. Zweitens haben wir Ihnen nicht gestattet, Ihre Frau erneut zu besuchen, da wir wußten, daß Sie ein Verbrechen planten – Sie haben das deutlich genug gesagt. Sie haben sie nicht gesehen, nicht getötet, und die Zeitung, die vor Ihnen liegt, ist nicht die Los Angeles Times, sondern der New Detroit-G Star … der auf lediglich vier Seiten begrenzt ist, weil wir hier auf Ganymed knapp an Zeitungspapier sind.“
    Cupertino starrte ihn an.
    „Es stimmt“, sagte Dr. Hagopian und nickte. „Es ist wieder geschehen, John; Sie besitzen eine illusionäre Erinnerung, sie jetzt zum zweitenmal getötet zu haben. Und jede Tat ist so irreal wie die andere. Sie armer Kerl – Sie sind offenbar verdammt, es wieder und wieder zu versuchen, und jedesmal wird es Ihnen mißlingen. Auch wenn unsere Führer Carol Holt Cupertino hassen und sie für das, was sie getan hat, verurteilen und verabscheuen …“ Er gestikulierte. „Wir müssen sie beschützen; so ist das Gesetz. Sie wird ihre Strafe abbüßen; sie wird noch zweiundzwanzig Jahre in Haft bleiben, falls die Erde uns nicht vorher besiegt und sie befreit. Ohne Zweifel wird man aus ihr eine Heldin machen, wenn sie sie befreien können; man wird in jeder von der Erde kontrollierten Homöozeitung des Sonnensystems von ihr lesen.“
    „Sie wollen zulassen, daß sie sie lebend bekommen?“ fragte Cupertino schließlich.
    „Meinen Sie, daß wir sie töten sollten, bevor sie sie herausholen?“ Dr. Hagopian schnitt ein finsteres Gesicht. „Wir sind keine Barbaren, John; wir begehen keine Rachemorde. Sie hat bereits drei Jahre Gefängnis hinter sich; sie wird genügend bestraft.“ Er fügte hinzu: „Genau wie Sie. Ich frage mich, wer von Ihnen beiden mehr leidet.“
    „Ich weiß, daß ich sie getötet habe“, beharrte Cupertino. „Ich ließ mich von einem Taxi bis zu ihrer Arbeitsstelle fahren; Fallende Sterne GmbH, die die Sechs-Planeten-Bildungsgesellschaft kontrolliert, in San Fernando. Ihr Büro befand sich im sechsten Stock.“ Er erinnerte sich an die Fahrt mit dem Aufzug hinauf, selbst an den Hut, den der andere Passagier, eine Frau mittleren Alters, getragen hatte. Er erinnerte sich an die schlanke, rothaarige Rezeptionistin, die Carol mit ihrem Tisch-Intercom angerufen hatte; er erinnerte sich an die Hektik der Büros und wie er plötzlich Carol begegnet war. Sie hatte sich erhoben, hinter ihrem Schreibtisch gestanden, den Laserstrahler gesehen, als er ihn hervorholte; Begreifen hatte ihr Gesicht verzerrt, und sie hatte zu fliehen, fortzulaufen versucht … aber sie war von ihm getötet worden, als sie die gegenüberliegende Tür erreicht und mit der einen Hand die Klinke umklammert hatte.
    „Ich versichere Ihnen“, sagte Dr. Hagopian, „daß Carol quicklebendig ist.“ Er wandte sich an das Tischvideofon und wählte. „Hier, ich werde sie anrufen; Sie können mit ihr sprechen.“
    Benommen wartete Cupertino, bis schließlich ein Gesicht auf dem Bildschirm erschien. Carol.
    „Hallo“, sagte sie, als sie ihn erkannte.
    Zögernd erwiderte er den Gruß. „Hallo.“
    „Wie geht es dir?“ fragte Carol.
    „Gut.“ Schwerfällig fügte er hinzu: „Und dir?“
    „Prächtig“, entgegnete Carol. „Ich bin nur ein wenig schläfrig, weil ich heute morgen so früh geweckt worden bin. Von dir.“
    Dann legte er auf. „In Ordnung“, nickte er Dr. Hagopian zu. „Ich bin überzeugt.“ Es war offensichtlich, daß seine Frau am Leben und unverletzt war; tatsächlich wußte sie augenscheinlich nicht das geringste davon, daß er zum zweitenmal einen Mordanschlag auf sie versucht hatte. Er war nicht einmal in ihrer Firma gewesen; Hagopian

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