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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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enthielt keine Informationen über die Implantation einer Wahnidee. Entweder hatte man die Akte manipuliert, oder Carol irrte sich. Sie irrte sich – oder sie log. Auf jeden Fall brachte ihm die Akte keinen Nutzen.
    Er setzte sich mit der Universität von Kalifornien in Verbindung und bekam dann – nachdem man ihn mehrmals weitervermittelt hatte – jemanden an den Apparat, der den Eindruck machte, als wüßte er, worüber er sprach. „Ich benötige eine Analyse“, erklärte Cupertino, „eines Schriftdokumentes. Um festzustellen, ob es kürzlich transkribiert wurde. Da es sich um ein Telex der Western Union handelt, stehen Ihnen zur Analyse nur die Wortanachronismen zur Verfügung. Ich möchte wissen, ob das Material vor drei Jahren oder erst kürzlich zusammengestellt wurde. Glauben Sie, daß dies durchführbar ist?“
    „In den vergangenen drei Jahren hat sich der Wortschatz nur sehr wenig verändert“, gab der Universitätsphilologe zu bedenken. „Aber wir können es versuchen. Wann möchten Sie das Dokument zurückhaben?“
    „Sobald wie möglich“, sagte Cupertino.
    Er rief den Hausboten herbei und ließ von ihm die Akte zur Universität bringen, und dann nahm er sich Zeit, über ein anderes Detail seiner Situation nachzudenken.
    Vorausgesetzt, die Erde war eine Illusion, so näherten sich seine Sinnesempfindungen – wie er meinte – am weitesten der Realität während seiner Besuche bei Dr. Hagopian. Das Illusionssystem zu durchstoßen und die tatsächliche Realität wahrzunehmen, würde ihm demnach am leichtesten an diesem Ort gelingen; bei dieser Gelegenheit also mußte er seine Anstrengungen intensivieren. Denn eine Tatsache war unzweifelhaft: Er sah Dr. Hagopian wirklich.
    Er trat ans Videofon und begann Dr. Hagopians Nummer zu wählen. Gestern nacht, nach der Festnahme, hatte Dr. Hagopian ihm geholfen; es war ungewöhnlich früh, erneut den Arzt aufzusuchen, aber er wählte ihn trotzdem an. Angesichts seiner Analyse der Situation erschien ihm dies gerechtfertigt; er konnte die Kosten verantworten … Und dann kam ihm ein anderer Gedanke.
    Die Festnahme. Mit einemmal erinnerte er sich an die Worte des Polizisten; er hatte Cupertino für einen von der ganymedschen Droge Frohedadrin Abhängigen gehalten. Und das aus guten Gründen: Cupertino hatte die entsprechenden Symptome gezeigt.
    Vielleicht war dies das Mittel, mit dem das Illusionssystem aufrechterhalten wurde; man verabreichte ihm in kleinen, regelmäßigen Dosen Frohedadrin; vielleicht mit den Mahlzeiten.
    Aber war dies nicht ein paranoides – mit anderen Worten psychotisches – Konzept?
    Aber ob nun paranoid oder nicht, es ergab Sinn.
    Was er brauchte, war ein Bluttest. Ein derartiger Test würde ergeben, ob er unter Drogeneinfluß stand; er mußte sich nur in der Klinik seiner Firma in Oklahoma einfinden und unter dem Vorwand, sich womöglich eine Blutvergiftung zugezogen zu haben, einen Test beantragen. Und binnen einer Stunde würde das Ergebnis feststehen.
    Und wenn er unter Frohedadrin stand, bewies dies, daß er recht hatte; er befand sich dann noch immer auf Ganymed und nicht auf der Erde. Und alles, was er erlebte – oder zu erleben schien –, war eine Illusion, vielleicht von seinen regelmäßigen, gerichtlich vorgeschriebenen Besuchen bei dem Psychiater abgesehen.
    Offensichtlich sollte er den Bluttest vornehmen lassen – sofort. Und dennoch schrak er davor zurück. Warum? Nun hatte er die Möglichkeit, eine wahrscheinlich stichhaltige Analyse zu erstellen, und trotzdem zögerte er.
    Wollte er denn die Wahrheit erfahren?
    Natürlich mußte er sich dem Test unterziehen; er verwarf den Gedanken, sich mit Dr. Hagopian in Verbindung zu setzen, ging ins Badezimmer, rasierte sich, zog ein frisches Hemd und eine Krawatte an, verließ das Konap und begab sich zu seinem Wagen; in fünfzehn Minuten würde er in der Klinik seines Arbeitgebers sein.
    Seines Arbeitgebers. Er blieb stehen, die Hand am Türgriff seines Wagens, und kam sich wie ein Narr vor.
    Irgendwie hatte man in sein Illusionssystem eingegriffen. Denn er wußte nicht mehr, wo er arbeitete. Ein wichtiger Teil des Systems war einfach nicht mehr vorhanden.
    Er kehrte in sein Konap zurück und rief Dr. Hagopian an.
     
    Säuerlich sagte Dr. Hagopian: „Guten Abend, John. Sie haben sich nicht sehr lange in Los Angeles aufgehalten.“
    „Doktor“, entgegnete Cupertino rauh, „ich weiß nicht, wo ich arbeite. Offensichtlich ist etwas schiefgegangen; ich muß es bis heute

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