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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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noch gewußt haben. Bin ich denn nicht wie jeder andere vier Tage in der Woche zur Arbeit gegangen?“
    „Natürlich“, bestätigte Hagopian gelassen. „Sie sind bei einer Firma in Oakland beschäftigt, Triplan Industries, in der San Pablo Avenue nahe der Einundzwanzigsten Straße. Sehen Sie wegen der genauen Adresse in Ihrem Videofonbuch nach. Aber – ich würde Ihnen empfehlen, zu Bett zu gehen und zu schlafen; Sie waren die ganze letzte Nacht über auf, und es ist offensichtlich, daß Sie an Übermüdung leiden.“
    „Angenommen“, sagte Cupertino, „daß größere und größere Elemente des Illusionssystems verschwinden. Das wäre nicht sehr angenehm für mich.“ Das eine fehlende Detail entsetzte ihn; es war, als ob ein Teil seines Selbst nicht mehr existierte. Nicht zu wissen, wo er arbeitete – binnen eines Augenblicks war er von allen anderen Menschen getrennt, vollkommen isoliert. Und was hatte er wohl noch vergessen? Vielleicht lag es an der Müdigkeit; Hagopian mochte recht haben. Schließlich war er schon zu alt, um eine ganze Nacht aufzubleiben; es war nicht mehr so wie noch vor einem Jahrzehnt, als derartige Dinge für ihn und Carol noch möglich gewesen waren.
    Er wollte, wie er erkannte, an dem Illusionssystem festhalten; er wollte nicht, daß es rings um ihn zerfiel. Ein Mensch bestand aus seiner Umwelt; ohne sie existierte er nicht.
    „Doktor“, sagte er, „kann ich Sie heute abend besuchen?“
    „Aber Sie waren doch vor kurzem bei mir“, erinnerte Dr. Hagopian. „Es gibt keinen Grund, so kurz danach eine weitere Sitzung abzuhalten. Kommen Sie später in der Woche. In der Zwischenzeit …“
    „Ich glaube, ich weiß, wie das Illusionssystem aufrechterhalten wird“, unterbrach Cupertino. „Durch tägliche Dosen Frohedadrin, die mir oral zusammen mit den Mahlzeiten verabreicht werden. Vielleicht habe ich durch meinen Besuch in Los Angeles eine Dosis verpaßt; das könnte den Ausfall eines Segmentes dieses Systems erklären. Oder es liegt wirklich an der Übermüdung, wie Sie behaupten; auf jeden Fall beweist dies, daß ich recht habe: Dies ist ein Illusionssystem, und ich brauche weder den Bluttest noch die Universität von Kalifornien, um dies festzustellen. Carol ist tot – und Sie wissen das. Sie sind mein Psychiater auf Ganymed, und ich befinde mich in Ihrem Gewahrsam, vermutlich schon seit drei Jahren. Ist es denn nicht so?“ Er wartete, aber Hagopian antwortete nicht; das Gesicht des Arztes blieb ausdruckslos. „Ich bin nie in Los Angeles gewesen“, fuhr Cupertino fort. „Wahrscheinlich darf ich mich sogar nur in einem verhältnismäßig kleinen Gebiet frei bewegen. Und ich habe heute morgen Carol nicht gesehen, stimmt’s?“
    Langsam entgegnete Hagopian: „Was meinen Sie mit dem »Bluttest4? Wie kamen Sie auf die Idee, darum zu bitten?“ Er lächelte matt. „Falls es sich um ein Illusionssystem handelt, John, dann wäre auch der Bluttest illusionär. Was würde er Ihnen also nutzen?“
    Daran hatte er nicht gedacht; betäubt schwieg er, nicht in der Lage, darauf zu antworten.
    „Und die Akte, um die Sie Dr. Green gebeten haben“, fuhr Hagopian fort. „Die Sie erhalten und dann an die Universität von Kalifornien zur Analyse weitergeleitet haben; all das wäre ebenfalls illusionär. Wie können also die Ergebnisse dieser …“
    Cupertino unterbrach ihn. „Es gibt keine Möglichkeit für Sie, davon zu wissen, Doktor. Zugegeben, Sie wissen, daß ich mit Dr. Green gesprochen und um die Akte ersucht und sie erhalten habe; Green hat sich wahrscheinlich mit Ihnen in Verbindung gesetzt. Aber mein Ersuchen an die Universität, die Akte zu analysieren – davon können Sie unmöglich erfahren haben. Es tut mir leid, Doktor, aber durch einen Widerspruch in der inneren Logik hat sich diese Struktur selbst als irreal entlarvt. Sie wissen zuviel über mich. Und ich glaube, ich weiß nun, welchen letzten, endgültigen Test ich vornehmen kann, um meine Zweifel zu erhärten.“
    „Was für einen Test?“ Hagopians Stimme klang kalt.
    „Ich werde nach Los Angeles zurückkehren“, erklärte Cupertino. „Und Carol erneut umbringen.“
    „Großer Gott, wie …“
    „Eine Frau, die seit drei Jahren tot ist, kann nicht zum zweitenmal sterben“, sagte Cupertino. „Mit Sicherheit wird es sich als unmöglich erweisen, sie zu töten.“ Er wollte die Videofon-Verbindung unterbrechen.
    „Warten Sie“, bat Hagopian hastig. „Sehen Sie, Cupertino, ich werde jetzt die Polizei

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