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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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„Hallo. Wer, zum Teufel, ist da?“
    Eine zittrige weibliche Stimme sagte: „Es tut mir leid, Mr. Barefoot … Ich wollte Sie nicht wecken. Aber mein Anwalt hat mir geraten, Sie sofort nach meiner Ankunft auf der Erde anzurufen.“ Sie fügte hinzu: „Ich bin Kathy Egmont, obwohl ich in Wirklichkeit Mrs. Kathy Sharp bin. Kennen Sie mich?“
    „Ja“, erklärte Johnny, rieb seine Augen und gähnte. Er fröstelte angesichts der Kälte im Zimmer; neben ihm zog Sarah Belle die Decke über ihre Schulter und drehte sich auf die andere Seite. „Soll ich Sie abholen? Können Sie irgendwo unterkommen?“
    „Ich besitze keine Freunde auf der Erde“, gestand Kathy. „Aber die Leute vom Raumhafen sagten mir, daß das Beverly ein gutes Hotel sein soll, also werde ich dorthin gehen. Ich habe Callisto verlassen, sobald ich von dem Tod meines Großvaters hörte.“
    „Das ging sehr schnell“, murmelte Johnny. Er hatte sie nicht vor morgen erwartet.
    „Gibt es eine Möglichkeit …“ Das Mädchen klang nervös. „Kann ich vielleicht bei Ihnen bleiben, Mr. Barefoot? Die Vorstellung, in einem Hotel zu wohnen, wo mich niemand kennt, ängstigt mich.“
    „Es tut mir leid“, sagte er schnell. „Ich bin verheiratet.“ Und dann erkannte er, daß eine derartige Antwort nicht nur unangebracht, sondern sogar beleidigend war. „Ich meine“, erklärte er, „ich habe kein Gästezimmer. Sie bleiben heute nacht im Beverly, und morgen werden wir Ihnen eine akzeptablere Unterkunft suchen.“
    „In Ordnung“, stimmte Kathy zu. Sie wirkte resigniert, aber immer noch ängstlich. „Sagen Sie, Mr. Barefoot, ist es inzwischen gelungen, meinen Großvater wiederzubeleben? Ist er jetzt ein Halblebender?“
    „Nein“, gestand Johnny. „Bis jetzt hatte man noch keinen Erfolg. Aber man versucht es weiter.“ Als er das Institut verlassen hatte, waren fünf Techniker damit beschäftigt gewesen, den Fehler zu suchen.
    „Ich dachte mir schon, daß so etwas geschehen würde“, sagte Kathy.
    „Warum?“
    „Nun, mein Großvater – er war so ganz anders als alle anderen Menschen. Ich nehme an, Sie wissen das sogar noch besser als ich … schließlich waren Sie jeden Tag mit ihm zusammen. Aber – ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß er so erstarrt ist, wie die Halblebenden sind. Passiv und hilflos. Können Sie ihn sich so vorstellen, nach all dem, was er getan hat?“
    „Sprechen wir morgen weiter“, entgegnete Johnny. „Ich bin gegen neun im Hotel. In Ordnung?“
    „Ja, gut. Ich bin froh, mit Ihnen gesprochen zu haben, Mr. Barefoot.
    Ich hoffe, daß Sie bei Archimedean bleiben und für mich arbeiten. Gute Nacht.“ Es klickte in der Leitung; sie hatte aufgelegt.
    Mein neuer Chef, dachte Johnny. Wow.
    „Wer war das?“ murmelte Sarah Belle. „Um diese Uhrzeit?“
    „Der Besitzer von Archimedean“, antwortete Johnny. „Mein Arbeitgeber.“
    „Louis Sarapis?“ Seine Frau setzte sich auf. „Oh … du meinst seine Enkeltochter; also ist sie bereits da. Wie klang sie?“
    „Ich weiß nicht“, erwiderte er sinnend. „Hauptsächlich ängstlich. Sie kommt von einer begrenzten, kleinen Welt im Vergleich zur Erde.“ Er sagte seiner Frau nichts von den Dingen, die er über Kathy wußte, ihre Drogensucht, ihre Gefängnisstrafen.
    „Kann sie die Gesellschaft jetzt schon übernehmen?“ wollte Sarah Belle wissen. „Muß sie nicht warten, bis Louis’ Halbleben zu Ende ist?“
    „Rechtlich gesehen ist er tot. Sein Testament wird damit gültig.“ Und, dachte er verbittert, er ist nicht einmal ein Halblebender; er liegt stumm und tot in seinem Plastiksarg, in seiner Frostpackung, die offensichtlich nicht frostig genug war.
    „Wie, glaubst du, wirst du mit ihr auskommen?“
    „Ich weiß es nicht“, gestand er aufrichtig. „Ich weiß nicht einmal, ob ich es versuchen werde.“ Ihm gefiel der Gedanke nicht, für eine Frau zu arbeiten, vor allem, wenn diese Frau jünger war als er selbst. Und die – zumindest dem Hörensagen nach – eine Psychopathin war. Aber am Telefon hatte sie ganz gewiß nicht psychopathisch geklungen. Hellwach begann er darüber nachzugrübeln.
    „Wahrscheinlich ist sie sehr hübsch“, vermutete Sarah Belle. „Vielleicht wirst du dich in sie verlieben und mich verlassen.“
    „Oh, nein“, wehrte er ab. „Nichts so Aufregendes. Ich werde wahrscheinlich versuchen, für sie zu arbeiten, mich einige schreckliche Monate lang quälen, und dann werde ich kündigen und mich nach einer anderen Stellung

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