Eine Handvoll Worte
ein Lunch haben würden, habe ich mir erlaubt, Ihnen ein paar Sandwichs zu bestellen. Ich hoffe, das ist Ihnen recht.«
»Sehr nett, Moira. Danke.«
»Möchten Sie die jetzt? Zum Tee?«
Er nickte und lächelte sie kurz an. Moira gab sich die größte Mühe, nicht rot zu werden. Sie wusste, dass die anderen Sekretärinnen sich über sie lustig machten, weil sie ihrem Chef gegenüber eine Aufmerksamkeit an den Tag legte, den ihre Kolleginnen für übertrieben hielten, ganz zu schweigen von ihrer prüden Kleidung und ihrer etwas steifen Art. Aber er war ein Mann, der gern alles ordentlich haben wollte, und das hatte sie immer verstanden. Diese albernen Gören, die ihre Köpfe stets in eine Zeitschrift steckten und stundenlang in der Damentoilette tratschten, begriffen nicht, welche Freude einer gut gemachten Arbeit innewohnte. Sie kapierten nicht, wie befriedigend es war, unersetzlich zu sein.
Sie zögerte kurz und holte dann den letzten Brief aus ihrem Ordner. »Die zweite Post ist gekommen. Ich dachte, Sie sollten sich das hier wohl ansehen. Wieder einer von diesen Briefen über die Männer in Rochdale.«
Er zog die Augenbrauen zusammen, wobei das kleine Lächeln erstarb, das sein Gesicht erhellt hatte. Er las den Brief zwei Mal. »Hat den sonst noch jemand gesehen?«
»Nein, Sir.«
»Legen Sie ihn zu den anderen.« Er schob ihn ihr zu. »Das Zeug macht nur Ärger. Dahinter stecken die Gewerkschaften. Mit denen will ich nichts zu tun haben.«
Wortlos nahm sie den Brief entgegen und machte Anstalten zu gehen, drehte sich aber noch einmal um. »Und wie geht es Ihrer Frau, wenn ich fragen darf? Wahrscheinlich ist sie froh, wieder zu Hause zu sein.«
»Es geht ihr gut, danke. Sie ist schon fast wieder wie früher«, sagte er. »Zu Hause zu sein ist eine große Hilfe für sie.«
Sie schluckte. »Freut mich sehr, das zu hören.«
Er war mit seiner Aufmerksamkeit bereits woanders – er überflog die Verkaufszahlen, die sie ihm dagelassen hatte. Lächelnd wie immer drückte Moira Parker ihre Papiere an sich und marschierte hinaus an ihren Schreibtisch.
Alte Freunde, hatte er gesagt. Keine große Herausforderung. Zwei Freundinnen waren ihr inzwischen vertraut, sie hatten Jennifer im Krankenhaus besucht und dann noch ein Mal, als sie wieder zu Hause war. Yvonne Moncrieff, eine hoch aufgeschossene, dunkelhaarige Frau Anfang dreißig war ihre Freundin, seitdem sie am Medway Square direkte Nachbarn geworden waren. Sie hatte eine trockene, sarkastische Art, ganz anders als die andere Freundin Violet, die Yvonne schon seit Schulzeiten kannte und den schneidenden Humor und die spaßig gemeinten, herabsetzenden Bemerkungen der anderen anscheinend pflichtschuldig über sich ergehen ließ.
Jennifer hatte anfangs Mühe, die gemeinsamen Anspielungen mitzubekommen, den Namen, die sie untereinander austauschten, eine Bedeutung beizumessen, aber sie hatte sich in ihrer Gesellschaft wohlgefühlt. Sie lernte, ihrer intuitiven Reaktion auf Menschen zu vertrauen: Erinnerungen konnten eingeordnet werden, anders als der Verstand.
»Ich wünschte, ich könnte mein Gedächtnis verlieren«, hatte Yvonne gesagt, als Jennifer ihr gestanden hatte, wie eigenartig ihr zumute gewesen war, als sie im Krankenhaus aufgewacht war. »Ich würde in den Sonnenuntergang hineingehen. Als Erstes vergessen, dass ich Francis geheiratet habe.« Sie war kurz vorbeigekommen, um Jennifer zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Es sollte eine »ruhige« Abendgesellschaft werden, doch im Lauf des Nachmittags wurde Jennifer so nervös, dass sie sich wie gelähmt fühlte.
»Ich weiß nicht, warum du so ausflippst, Schätzchen. Deine Partys sind legendär.« Sie saß auf der Bettkante, während Jennifer ein Kleid nach dem anderen anprobierte.
»Ja. Aber wofür?« Sie versuchte, ihren Busen in einem Kleid zurechtzurücken. Anscheinend hatte sie im Krankenhaus abgenommen, und das Vorderteil schlug reizlose Falten.
Yvonne lachte. »Oh, entspann dich. Du musst gar nichts tun, Jenny. Die fabelhafte Mrs C wird dir alle Ehre machen. Das Haus sieht schön aus. Du siehst verblüffend aus. Wenigstens dann, wenn du endlich etwas anziehen würdest.« Sie streifte ihre Schuhe ab und legte die langen, eleganten Beine auf das Bett. »Deine Begeisterung für Gäste habe ich nie kapiert. Versteh mich nicht falsch, ich gehe wirklich gern zu Partys, aber diese ganze Organisiererei.« Sie prüfte ihre Fingernägel. »Partys sind dazu da, besucht zu werden, nicht, um sie
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