Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
Vom Netzwerk:
Pünktlichkeit nicht an den Tag legten, wenn es um den Arbeitsantritt ging. Dann folgte David Moreton, Buchhaltung, und kurz darauf Stevens, der sich in der Kneipe an der Ecke noch mit ein paar Whiskys stärken würde, bevor er sich auf den Heimweg machte. Der Rest ging in kleinen Gruppen, man hüllte sich in Schals und Mäntel, die Männer nahmen ihre Sachen von den Garderobenständern in der Ecke, ein paar winkten ihr zum Abschied, wenn sie an Mr Stirlings Büro vorbeikamen. Felicity Harewood, zuständig für die Lohnbuchhaltung, wohnte nur eine Haltestelle von Moira entfernt in Streatham, hatte aber noch nie vorgeschlagen, sie sollten mit demselben Bus fahren. Als Felicity im Mai anfing, hatte Moira gedacht, es wäre nett, auf dem Heimweg mit jemandem plaudern zu können, mit einer Frau, mit der sie Rezepte austauschen oder ein paar Bemerkungen über die Tagesereignisse in den miefigen, engen Räumen der Nummer 274 loswerden konnte. Doch Felicity ging jeden Abend, ohne sich auch nur ein Mal umzudrehen. Bei der einzigen Gelegenheit, als Moira und sie in einem Bus saßen, hatte sie ihre Nase auf der ganzen Strecke in einen Taschenbuchroman gesteckt, obwohl sie genau wusste, dass Moira nur zwei Sitze hinter ihr saß.
    Mr Stirling ging um Viertel vor sieben. Er war am Nachmittag größtenteils zerstreut und ungeduldig gewesen, hatte den Fabrikdirektor angerufen, um ihn wegen des Krankenstandes zusammenzustauchen, und eine Besprechung abgesagt, die er für vier Uhr angesetzt hatte. Als sie von der Post zurückgekommen war, hatte er sie angeschaut, als wollte er sich vergewissern, ob sie seinem Wunsch entsprochen hatte, und sich dann wieder seiner Arbeit gewidmet.
    Moira zog die beiden Ersatztische an den Rand des Raumes neben der Buchhaltung. Sie breitete festliche Tischtücher darüber und steckte etwas Lametta an die Ränder. In zehn Tagen würde hier das Büfett aufgebaut; unterdessen wäre der Platz nützlich, um die Geschenke der Lieferanten unterzubringen, sowie den Weihnachtsbriefkasten, in den die Belegschaft gegenseitige Festtagsgrüße stecken sollte.
    Gegen acht Uhr hatte Moira es geschafft. Sie betrachtete das leere Büro, das durch ihre Bemühungen festlich glitzerte, strich sich über den Rock und gab sich der Vorstellung hin, wie erfreut alle wären, wenn sie am nächsten Morgen durch die Tür kämen.
    Erfreut und glücklich.
    Sie würde nicht dafür bezahlt werden, aber die kleinen Gesten, die Extras, waren ausschlaggebend. Die anderen Sekretärinnen hatten keine Ahnung, dass die Aufgabe einer persönlichen Assistentin nicht nur darin bestand, persönlichen Briefwechsel zu erledigen und dafür zu sorgen, dass die Aktenablage in Ordnung war. Die Rolle war viel umfangreicher. Man musste dafür sorgen, dass ein Büro nicht nur glatt lief, sondern dass die Menschen darin sich wie … na ja, wie eine Familie fühlten. Ein Weihnachtsbriefkasten und ein paar fröhliche Dekorationen schmiedeten ein Büro letztlich zusammen und machte es zu einem Ort, an den man gern kam.
    Der kleine Weihnachtsbaum, den sie in der Ecke aufgestellt hatte, sah dort hübscher aus. Ihn zu Hause zu haben, hatte keinen Sinn, jetzt, da niemand außer ihr da war, ihn anzuschauen. Hier konnten sich viele Menschen daran erfreuen. Und falls jemand zufällig eine Bemerkung über den sehr hübschen Engel auf der Spitze fallen lassen sollte oder über die schönen Kugeln mit den Eiskristallen, würde sie vielleicht beiläufig erzählen, als wäre es ihr gerade erst eingefallen, dass es die Lieblingskugeln ihrer Mutter gewesen waren.
    Moira zog den Mantel an. Sie sammelte ihre Habseligkeiten ein, band ihren Schal um und legte ihren Füllhalter und Bleistift ordentlich auf den Schreibtisch, bereit für den nächsten Morgen. Sie ging zu Mr Stirlings Büro, die Schlüssel in der Hand, um die Tür abzuschließen, und dann, nach einem kurzen Blick auf die Tür, schlüpfte sie rasch in den Raum und griff in den Papierkorb unter seinem Schreibtisch.
    Sie brauchte nicht lange, um den zerknüllten handgeschriebenen Brief zu entdecken. Ohne zu zögern, nahm sie ihn an sich, und nachdem sie noch einmal durch die Glasscheibe geschaut hatte, um sicherzugehen, dass sie noch allein war, glättete sie das Papier auf dem Schreibtisch und begann zu lesen.
    Sie atmete tief durch.
    Sie stand ganz still.
    Dann las sie ihn noch einmal.
    Die Glocke draußen läutete acht Uhr. Aufgeschreckt von dem Geräusch verließ Moira das Büro von Mr Stirling, stellte seinen

Weitere Kostenlose Bücher