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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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wollte nur fragen … ob wir rasch etwas zusammen trinken können.«
    »Ja, sehr gern, aber ich bin noch nicht ganz fertig. Möchtest du raufkommen und warten?«
    Er räumte sein Zimmer schnell auf, trat verirrte Sachen unter das Bett. Er spannte die Seite wieder in die Schreibmaschine, als hätte er an dem Artikel gearbeitet, den er eine Stunde zuvor telegrafiert hatte. Er zog ein sauberes Hemd an, obwohl er keine Zeit hatte, es zuzuknöpfen. Als er ein leises Klopfen vernahm, machte er die Tür auf. »Was für eine schöne Überraschung«, sagte er. »Ich habe gerade noch etwas zu Ende geschrieben, aber komm doch rein.«
    Verlegen stand sie im Flur. Als sie seine nackte Brust erblickte, schaute sie zur Seite. »Soll ich lieber unten warten?«
    »Nein. Bitte. Es dauert nur ein paar Minuten.«
    Sie trat ein und ging in die Mitte des Raumes. Sie trug ein blassgoldenes, ärmelloses Kleid mit Mandarin-Kragen. Ihre Schultern waren an den Stellen leicht gerötet, an denen die Sonne sie bei der Fahrt berührt hatte. Die offenen Haare fielen ihr auf die Schultern, ein wenig vom Wind zerzaust, als wäre sie in Eile gewesen.
    Ihr Blick umfasste das Bett, übersät mit Notizblöcken, den fast gepackten Koffer. Die Nähe brachte sie beide kurz zum Schweigen. Jennifer erholte sich als Erste. »Willst du mir nichts zu trinken anbieten?«
    »Verzeih. Wie unaufmerksam von mir.« Er rief unten an, um einen Gin Tonic zu bestellen, der kurz darauf gebracht wurde. »Wohin gehen wir?«
    »Gehen?«
    »Habe ich noch Zeit, mich zu rasieren?« Er ging ins Bad.
    »Natürlich. Nur zu.«
    Das hatte er absichtlich gemacht, dachte er hinterher, sie an der erzwungenen Vertrautheit teilhaben zu lassen. Er sah besser aus: Die gelbliche Blässe des kranken Mannes war verschwunden, die Falten der Anstrengung um seine Augen waren ausgebügelt. Er ließ das warme Wasser laufen und beobachtete sie im Badezimmerspiegel, während er seine Haut einschäumte.
    Sie war zerstreut, beschäftigt. Als das Rasiermesser über seine Haut schabte, ging sie auf und ab, wie ein rastloses Tier. »Ist alles in Ordnung?«, rief er und spülte das Messer im Wasser ab.
    »Ja.« Sie hatte schon den halben Gin Tonic leergetrunken und goss sich noch ein Glas ein.
    Er rasierte sich zu Ende, trocknete sich das Gesicht ab, trug ein wenig Rasierwasser auf, das er in der pharmacie gekauft hatte. Es roch scharf, mit einem Hauch Zitrone und Rosmarin. Er knöpfte sich das Hemd zu und schaute in den Spiegel, um den Kragen zu richten. Er mochte diesen Moment, in dem sich Appetit und Möglichkeit einander näherten. Ein eigenartiges Triumphgefühl überkam ihn. Er trat aus dem Bad und stellte fest, dass sie auf dem Balkon stand. Der Himmel wurde dunkler, die Lichter am Ufer leuchteten, während die Dämmerung herabsank. Sie hielt ihr Glas in einer Hand, der andere Arm lag ein wenig abwehrend über ihrer Taille. Er kam einen Schritt näher.
    »Ich habe vergessen zu sagen, wie schön du bist«, bemerkte er. »Diese Farbe gefällt mir an dir. Sie ist …«
    »Larry kommt morgen zurück.«
    Sie zog sich vom Balkon zurück und stellte sich vor ihn. »Heute Nachmittag erhielt ich ein Telegramm. Am Dienstag fliegen wir nach London.«
    »Verstehe«, sagte er. Auf ihrem Arm waren winzige blonde Härchen. Die Brise vom Meer hob sie an und glättete sie.
    Als er aufschaute, begegnete er ihrem Blick. »Ich bin nicht unglücklich«, sagte sie.
    »Das weiß ich.«
    Sie betrachtete ihn genau, einen ernsten Zug um den reizenden Mund. Sie biss sich auf die Lippe und wandte ihm den Rücken zu. Sie stand sehr still. »Der obere Knopf«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Den bekomme ich nicht auf.«
    Irgendetwas in ihm fing Feuer. Er erlebte es beinahe als Erleichterung, dass es so kommen würde, dass die Frau, von der er geträumt hatte, die er nachts in sein Bett gezaubert hatte, am Ende doch ihm gehören sollte. Ihre Distanz, ihr Widerstand hatten ihn fast überwältigt. Er wollte die Erlösung, die mit der Freigabe einhergeht, wollte sich verausgabt fühlen, den Schmerz ständig unerfüllten Verlangens gelindert wissen.
    Er nahm ihr das Glas ab, und sie fuhr mit der Hand in ihr Haar, hob es im Nacken an. Er kam der stummen Aufforderung nach. Seine sonst so sicheren Finger fummelten, waren dick und unbeholfen. Er beobachtete sie wie aus weiter Ferne, hatte mit dem seidenbezogenen Knopf zu kämpfen und merkte dabei, dass seine Hände zitterten. Er hielt inne und betrachtete ihren Nacken, der jetzt entblößt

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