Eine Handvoll Worte
begegnet? Und sie war zu faul, sich an ihren Namen zu erinnern.
»Moira«, half Mr Stirling aus, als das Schweigen unangenehm wurde.
»Ja. Moira. Natürlich. Schön, Sie wiederzusehen.«
»Ich bin gleich wieder da.« Mr Stirling dirigierte seine Frau zur Tür. Moira sah zu, wie sie ein paar Bemerkungen austauschten, und dann war sie fort, nachdem sie ein Mal kurz mit der behandschuhten Hand gewinkt hatte.
Die Sekretärin holte tief Luft und versuchte, es ihr nicht übel zu nehmen. Mr Stirling blieb reglos stehen, als seine Frau das Gebäude verließ.
Noch bevor sie sich dessen bewusst war, ging Moira schnell aus dem Büro an ihren Schreibtisch. Sie zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche und öffnete die abgeschlossene Schublade, wühlte sich durch verschiedene Briefe, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Sie war noch vor Mr Stirling wieder in seinem Büro.
Er machte die Tür hinter sich zu, warf einen Blick durch die Glaswand, als rechnete er beinahe damit, dass seine Frau zurückkam. Er wirkte weicher, etwas entspannter. »Also«, sagte er und setzte sich, »Sie haben die Büroparty erwähnt. Sie haben etwas geplant.« Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.
Moira fiel das Atmen schwer. Sie musste schlucken, bevor sie normal sprechen konnte. »Eigentlich, Mr Stirling, ist da noch etwas anderes.«
Er hatte einen Brief herausgezogen, den er unterschreiben wollte. »Ach so. Worum geht’s?«
»Das hier ist vor zwei Tagen gekommen.« Sie reichte ihm den handgeschriebenen Briefumschlag. »In das Postfach, das Sie erwähnten.« Als er nichts sagte, fügte sie hinzu: »Ich habe es im Auge behalten, wie Sie es wünschten.«
Er starrte auf den Brief, schaute dann zu ihr auf, und die Farbe wich so rasch aus seinem Gesicht, dass sie schon dachte, er würde ohnmächtig. »Sind Sie sicher? Das kann nicht stimmen.«
»Aber er …«
»Sie müssen die falsche Nummer haben.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass ich das richtige Postfach hatte, Nummer dreizehn. Ich habe Mrs Stirlings Namen benutzt, wie Sie … vorgeschlagen haben.«
Aber er …
Er riss den Brief auf, beugte sich über den Schreibtisch und las die paar Zeilen. Sie stand auf der anderen Seite und wollte nicht neugierig erscheinen, wohl wissend, dass sich die Atmosphäre im Raum aufgeladen hatte. Sie fürchtete sich bereits angesichts dessen, was sie getan hatte.
Als er aufblickte, schien er um Jahre gealtert zu sein. Er räusperte sich, zerknüllte das Blatt mit einer Hand und warf sie mit Nachdruck in den Papierkorb unter seinem Schreibtisch. Seine Miene war finster. »Der muss auf dem Postweg verloren gegangen sein. Niemand darf das erfahren. Haben Sie verstanden?«
Sie trat einen Schritt zurück. »Ja, Mr Stirling, natürlich.«
»Kündigen Sie das Postfach.«
»Jetzt? Ich muss den Revisionsbericht noch …«
»Heute Nachmittag. Tun Sie, was Sie tun müssen. Kündigen Sie es einfach. Verstanden?«
»Ja, Mr Stirling.« Sie klemmte sich ihren Aktenordner unter den Arm und verließ sein Büro. Sie nahm ihre Handtasche und den Mantel, um zur Post zu gehen.
Jennifer hatte vorgehabt, nach Hause zu fahren. Sie war erschöpft, der Ausflug ins Büro war erfolglos gewesen, und es hatte angefangen zu regnen. Fußgänger liefen über den Bürgersteig, den Mantelkragen hochgeschlagen, den Kopf gesenkt. Doch als sie auf den Stufen vor dem Bürogebäude ihres Mannes stand, hatte sie gewusst, dass sie nicht in das stille Haus zurückkehren konnte.
Sie trat von der Bordsteinkante weg und rief ein Taxi, winkte, bis sie das gelbe Licht auf sich zukommen sah. Sie stieg ein und klopfte die Regentropfen von ihrem roten Mantel. »Kennen Sie ein Lokal Alberto’s?«, fragte sie, als der Fahrer sich zur Trennscheibe zurücklehnte.
»In welchem Teil Londons ist es denn?«
»Tut mir leid, ich habe keine Ahnung. Ich dachte, Sie könnten es wissen.«
Er runzelte die Stirn. »In Mayfair gibt es einen Club Alberto’s. Dorthin kann ich Sie fahren, aber ich bin nicht sicher, ob die auf haben.«
»Prima«, sagte sie und lehnte sich auf ihrem Sitz zurück.
Sie brauchten nur eine Viertelstunde bis dorthin. Das Taxi fuhr vor, und der Fahrer zeigte über die Straße. »Das ist das einzige Alberto’s, das ich kenne«, sagte er. »Bin mir nicht sicher, ob es Ihre Kragenweite ist, Ma’am.«
Sie fuhr mit dem Ärmel über das Fenster und spähte hinaus. Eisengeländer umgaben einen Kellereingang, die unteren Treppenstufen waren nicht zu sehen. Ein mickriges Schild trug
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