Eine Hexe in Nevermore
warten. Sie zögerte. Warum sollte sie von ihm träumen?
Aber war es nicht egal, mit wem sie sich den Strand teilte? Sie ließ sich ins warme Wasser gleiten und von den Wellen umspielen. Dann schwamm Lucinda los.
Es war herrlich! Wie von Tausenden sanft massierender Finger wurde sie in die Bucht geleitet, zu dem Mann, der dort auf sie wartete.
Schon berührten ihre Füße den Sand, und sie lief aus dem Wasser, um Gray zu begrüßen. In ihrem Traum hatte er weder eine Narbe noch Tätowierungen. Er sah fast aus wie früher, und plötzlich empfand sie ein Gefühl des Bedauerns für all das, was geschehen war. Ihm. Und ihr.
Sie betrachtete ihn. Er wirkte fit und gesund, gut trainiert. Sie verspürte den Drang, seinen Waschbrettbauch zu streicheln und mit dem Finger der Spur feiner Härchen zu folgen, die im Bund seiner schwarzen Shorts verschwanden.
Ein paar Zentimeter vor ihm blieb sie stehen, unfähig, den Blick von seinem herrlichen Körper abzuwenden. Er könnte mir gehören. Jetzt. Ihre erotischen Vorstellungen machten sie ganz nervös … und erregten sie. Sie spielte mit ihren Händen, biss sich auf die Unterlippe und fand doch keine Möglichkeit, ihren Gefühlswirren Ausdruck zu verleihen.
»Du hast mich gebeten, dich zu heiraten«, sagte er, als hätte sie ihn angesprochen. »Hast du etwa gedacht, dabei kämst du um mein Bett herum?«
»Du hast Nein gesagt!«
»Zur Ehe«, stellte er fest. »Nicht zum Sex.«
»Ich habe dir keinen Sex angeboten.«
Er grinste, und dieses verruchte Grinsen ließ seine blauen Augen flackern wie Feuer. Sie spürte, wie sich ein warmes Prickeln in ihr ausbreitete, vom Magen bis in den Schritt. Wäre ihr Bikinihöschen nicht schon vom Schwimmen feucht, wäre es das jetzt von ihrer Lust.
Ihrer Lust auf Gray Calhoun.
Eine erschreckende und zugleich erregende Vorstellung.
Gray machte einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hände.
»Wo sind wir?«, fragte sie. Irgendetwas fühlte sich seltsam an – und dann wurde es ihr klar: Das war gar nicht ihr Traum. Sie war unterwegs in der mentalen Vorstellung einer anderen Person.
War es die von Gray?
»Ja. Es ist meine«, beantwortete er die ungestellte Frage. Er sah sich um und lächelte zufrieden. »Es ist friedlich hier. Hier will niemand etwas von mir.« Sein Blick kehrte zu Lucy zurück. »Ich freue mich, dass du meiner Einladung gefolgt und zu mir gekommen bist.«
Einladung? Sie runzelte die Stirn, aber er schüttelte den Kopf, um ihre Sorgen zu vertreiben.
»Mach dir nicht so viele Gedanken, okay?«
Seine großen warmen Hände umschlossen ihre, als er sie jetzt an sich zog. Ihr Herz setzte für einen Moment aus. Er roch wie das Meer, und in den salzigen Duft mischte sich ein moschusartiges männliches Aroma. Das Begehren in ihr wurde drängender, es kam ihr vor, als würde sie Achterbahn fahren. Das war schön.
»Wie fühlst du dich?« So kannte sie ihn gar nicht. Sie wurde nervös.
Dann zuckte sie die Schultern. »Ganz okay, würde ich sagen. Was ist denn mit …«
»Still.« Gray ließ ihre Hand los, um ihr einen Finger auf die Lippen zu legen. »Wir sprechen später über alles, das verspreche ich dir. Jetzt möchte ich, dass du dich entspannst. Hast du Hunger?«
Oh ja, sie war hungrig. Aber nicht nach Essen. Sie suchte seinen Blick und las in seinen Augen dieselbe Begierde. Er wollte sie, und sie wollte sich ihm hingeben. Gleich hier, am weißen Sandstrand, wo der lilafarbene Ozean ihre Knöchel umspielte.
Ein Bild tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Grays Mund auf ihren Brüsten. Seine große sonnengebräunte Hand, die zwischen ihren Beinen und unter dem Dreieck ihres Bikinihöschens verschwand …
Bevor sie das Bild wegschieben konnte, zog Gray sie an sich und hielt sie fest. In seinen Armen zu liegen fühlte sich zuerst fremd an, doch schnell schmolz sie dahin. Es war so lange her, dass sie die Berührung eines anderen Menschen gespürt, dass jemand sich um sie gekümmert hatte. Selbst wenn seine Gefühle nicht echt waren, verlangte sie danach.
Grays Lippen liebkosten ihr Ohr. »Meinst du, dann geht es dir besser? Willst du, dass ich mit dir schlafe, Liebling?«
Sie spürte die Lust.
Das ist Gray, dachte sie irritiert. Gray würde mich niemals begehren. Niemand begehrt mich.
»Hör auf damit«, murmelte er. »An diesem Ort ist alles anders. Hier gibt es kein Verstecken. Keine Geheimnisse. Keine Lügen. Hier müssen wir unsere Herzen nicht schützen. Bitte, Lucinda. Sag mir, was du willst, und ich tu es.
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