Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Bardsley
Vom Netzwerk:
würde.
    »Das habe ich dir zu verdanken«, spuckte er ihr entgegen.
    Ihr Lachen war ätzend wie Säure. »Das hast du dir selbst zu verdanken. Niemand hat dich gezwungen, den Fluch anzuwenden. Dein mieser Charakter ist schuld. Der bringt dich um.«
    »Von dir habe ich den Fluch. Du hast mir gesagt …«
    »Alles hat seinen Preis. Du hättest ja fragen können, wie hoch er ist.« Sie sah ihn herausfordernd an.
    »Wie kann ich das wieder rückgängig machen?«
    Die Art, wie sie ihren Kopf kokett zur Seite legte, machte ihn wahnsinnig. »Ich schätze, indem du Lucinda umbringst. Das könnte klappen.«
    Aha. Das war neu. Kerren wollte, dass er ihre Schwester wegsperrte, aber anfangs hatte sie ihm verboten, Lucinda umzubringen. Quälen, fertigmachen, emotional traumatisieren – all das war in Ordnung. Und Lucinda war eine gute Marionette gewesen, eines seiner Lieblingsspielzeuge. Bis sie ihn verraten hatte. Bis sie ihre eigene Macht entdeckte und ab da unverhohlen seine Wünsche ignorierte. Am Ende war Lucinda zur Plage geworden. Und seit sie geflohen war – und ihn bestohlen hatte –, wollte er nichts anderes, als sie langsam, sehr langsam, und qualvoll zu töten.
    Kerren war vollkommen anders als ihre Schwester. Sie hatte kein Gewissen und scherte sich einen Dreck um Moral. Wenn sie etwas wollte, holte sie es sich. Wahrscheinlich sollte er wieder mal nach ihrer Pfeife tanzen, aber diesmal würde er sich nicht von ihr reinlegen lassen.
    »Was, wenn ich sterbe?«, fragte er Kerren.
    »Ohne dich kann Lucinda sich nicht von dem Fluch befreien. Nur Mut, Bernard! Wenn du vor ihr abnibbelst, bleibt dir wenigstens der Trost, dass sie nie mehr ihre Thaumaturgie anwenden kann.« Sie musterte ihn. Ihre hässlichen Augen waren so leer wie ihre Seele. »Ist es nicht eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet sie der einzige Mensch ist, der dich heilen kann? Wenn du nicht gerade diese Fähigkeit unterbunden hättest.«
    »Das war doch das, was du wolltest.« Bernard fühlte sich ausgelaugt. Das Einzige, was ihn noch weitermachen ließ, war die grelle, stechende Flamme seiner Wut. Lucinda würde für das bezahlen, was sie ihm angetan hatte – und wenn möglich, Kerren auch. »Kein Thaumaturge will mir helfen, und es gibt ohnehin nur so wenige! Du und deine Spielchen! Wenn ihre Begabung tatsächlich eine so große Bedrohung wäre, könntest du sie doch einfach umbringen.«
    »Was? Meine eigene Schwester umbringen?«, fragte sie in gespieltem Schock. »Natürlich könnte ich ihr das Herz herausreißen. Aber das habe ich schon bei so vielen gemacht, es bereitet mir einfach keine Freude mehr.«
    »Stattdessen hast du sie mir überlassen.«
    »Also wirklich, Bernard! Findest du das nicht reichlich melodramatisch?«
    »Wird es mein Leben retten, wenn sie stirbt?«, fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Was glaubst du wohl, woher die Kraft kommt, die den Fluch aufrechterhält? Es ist deine Kraft, die du dafür aufbringst.«
    »Aber du hast gerade gesagt, wenn ich sterbe, wird sie trotzdem weiterleiden.«
    »Es ist ein Fluch, du Idiot. Wenn du stirbst, wird dein Zauber auf deinen nächsten Blutsverwandten übergehen. Solange Lucinda lebt, werden du und deine Nachfahren mit ihrer Lebensenergie dafür sorgen, dass der Fluch weiterbesteht.«
    Der kalte Schrecken durchfuhr Bernard. Kerren hatte also gewusst, dass der Fluch ihm seine Lebenskraft rauben würde, und auch die seiner Familie. Sie hatte ihm den Zauberspruch erst vor drei Monaten gegeben, und er war jetzt schon dem Tod nahe. Wenn das so weiterging, waren die Francos in weniger als fünf Jahren ausgestorben. Dieses verdammte Weib! Am liebsten würde er in die Wasserschale greifen und sie erdrosseln.
    Kerren verstand sich gut darauf, Männer scharfzumachen – ob von menschlicher oder anderer Gestalt. Ganz sicher hatte sie auch schon nach einer Möglichkeit gesucht, wie sie Kahl wieder loswerden konnte. Doch Bernard wusste aus eigener Erfahrung, dass es unmöglich war, die Bande mit den Dienern der Hölle zu lösen.
    Er wischte sich die Mundwinkel ab. Neuerdings wurde er sehr schnell müde, er musste sich ausruhen. »Und wieso darf ich sie auf einmal töten?«
    »Weil sie mich langweilt.«
    »Aha. Und die Bedrohung, die von ihr angeblich ausgeht, ist verschwunden? Und der Schutz, den sie besaß? Wem hast du gelobt, sie nicht zu töten?«
    »Ist das süß! Du glaubst, du weißt über alles Bescheid. Dabei bist du nur ein kleiner Bauer auf dem großen Schachbrett.«
    Die

Weitere Kostenlose Bücher