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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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mich zu ihrem Schöpfer führen, aber
Rache war nicht mein wahrer Grund. Ich wollte diese Bedrohung vernichten und
Fort Handfest wieder zu seiner Betriebsamkeit verhelfen. Jetzt war es nur noch
ein Geist, eine Erinnerung an das, was es einmal gewesen war. Und ich
vermisste, was es gewesen war und wozu es noch werden konnte, vorausgesetzt, es
wurde nicht von Goblings verschlungen.
    Ein Teil von mir wollte dies dem
Hauptmann sagen, aber ein anderer Teil wusste es besser. Ich war bereits zu
vertraut mit ihm geworden. Er betrachtete mich zu sehr als Person und nicht
annähernd genug als eine Hexe. Statt also die Frage zu beantworten, tat ich,
was eine gute Hexe tun sollte, und bot ihm eine kryptische Erwiderung an, die
so viel oder so wenig bedeuten konnte, wie er daraus machen wollte.
    »Jeder muss irgendwo sein, und
dieser Ort ist genauso gut wie jeder andere.«
    Er lachte. »Eines Tages wirst du
mir eine direkte Antwort geben.«
    »Eines Tages.« Ich zog meinen Hut
tiefer. »Vielleicht.«
    Am Abend vor dem Kampf borgte ich
mir Molchs Körper für einen letzten Erkundungsflug. Ich schwebte über die
Baumwipfel und dachte dabei eigentlich wenig an die Goblings. Während die
Männer des Forts bei der Aussicht auf diesen Kampf eindeutig besorgter wurden,
war ich nicht gelehrt worden, so zu denken.
    »Sich sorgen ist eine gute Sache,
Liebes«, hatte die Grausige Edna gesagt. »Sich sorgen bedeutet anzuerkennen,
dass die Welt unvorhersehbar ist, und manchmal liegt sogar eine Macht darin,
die eigene Machtlosigkeit zu verstehen. Aber zu oft entwickeln Sorgen ein
Eigenleben. Die Menschen sind ziemlich anfällig dafür. Sie plagen sich selbst
mit so vielen >Was wäre wenn< und >Wenn doch nur<, dass sie schnell
vergessen, die wahren Möglichkeiten, die vor ihnen liegen zu bedenken. Was
unvermeidlich zu schlechten Entscheidungen führt. Es kommt also, wie es kommen
muss. Manchmal können wir die Zukunft mitbestimmen. Manchmal auch nicht. So
oder so erreicht man allein durch sich Sorgen machen gar nichts.«
    Deshalb tat ich es nicht. Ich
hatte getan, was ich konnte, und wenn die Zeit kam, würde ich noch mehr tun. Im
Augenblick konnte ich nur abwarten.
    Die Sonne hatte beinahe all ihr
Licht der Dämmerung überlassen, als ich mich inmitten der Erdhöhlen der
Gobling-Horde niederließ. Die Wesen regten sich ruhelos in ihren Löchern und
machten sich für die Nacht bereit.
    Die graue Füchsin trat aus dem
Unterholz, um mich zu begrüßen. »Guten Abend, Hexe.«
    »Dir auch einen guten Abend,
Füchsin. Immer noch am Leben, wie ich sehe.«
    »Ja.« Sie grinste listig. »Ich
fürchte, diese Goblings haben sich nicht annähernd als die Herausforderung
herausgestellt, die ich mir erhofft hatte. Ich bin einfach viel zu schlau.«
    »Es gibt Schlimmeres«, sagte ich.
»Wie wahr.«
    »Dein Spiel könnte heute Abend
enden.«
    Die Füchsin knabberte an ihrem
buschigen Schwanz. »Mir wurde sowieso langsam langweilig.«
    Die Mutigeren unter den Goblings
krochen aus ihren Höhlen. Sie hielten sich in den Schatten. Ihre Augen
leuchteten überall um uns herum.
    Ich breitete meine Flügel aus.
»Ich muss gehen. Ich wünsche dir ein erfolgreiches Spiel, Füchsin.«
    »Und ich wünsche dir einen
erfolgreichen Kampf.«
    Ich stieg in die Luft, als die
Goblings die Füchsin aus allen Richtungen umringten. Sie kratzte sich träge
hinter dem Ohr.
    Einige ehrgeizigere Goblings
hetzten einen Baum hinauf und versuchten, hinter mir herzufliegen. Drei
stürzten augenblicklich vom Himmel. Imaginäre Goblings fliegen nicht besser als
die echten Biester. Zwei andere schafften es, mich zu erreichen, obwohl sich
einer davon mit jedem Flügelschlag drehte. Ihm wich ich einfach mühelos aus.
Der andere versuchte, mir ein Bein abzubeißen. Ich zerschmetterte seinen
Schädel mit einem dämonengestützten Tritt, setzte meinen Weg fort und ließ das
schnatternde Kreischen der Horde hinter mir. Wie erwartet schlugen sie dieselbe
Richtung ein wie ich, in Richtung Fort Handfest.
    Der Kampf würde jedoch nicht im
Fort selbst stattfinden, sondern auf einer Lichtung südlich davon. Hier würden
die Goblings auf ihrem augenblicklichen Kurs aus dem dichten Wald auftauchen.
Die Soldaten würden sie dort in Sichtweite von Fort Handfest treffen.
    Ich hatte ein wenig Magie
beschworen, um die Wolken fortzuschieben und dem Mond zu schmeicheln, voll und
hell zu scheinen. Es war beinahe taghell. Der Kampf würde auch ohne Männer, die
nur in der Dunkelheit herumstolperten, gefährlich

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