Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
Vom Netzwerk:
tief in die Hocke und sprach krächzend. »Dies ist eine Last, die
ich selbst nicht tragen möchte.«
    Seine Haltung lockerte sich, und
nur für einen Moment konnte ich eine schreckliche Müdigkeit in seinen Augen
sehen. Da wusste ich, dass ich einen Nerv getroffen hatte. Es ist die Art der
Hexen, Menschen zu helfen, sich solchen harten Wahrheiten zu stellen, aber Wyst
aus dem Westen benötigte keine Hilfe. Er besaß eine tugendsame Seele, und jeder
Tod musste schwer auf dieser Seele wiegen.
    Er straffte sich wieder. Seine
Traurigkeit verschwand hinter einer nüchternen Maske. »Der Orden lehrt, dass
das Böse und die Ungerechtigkeit bekämpft werden müssen, dass sie nicht
ignoriert werden und durch gute Absichten fortgewünscht werden können. Dass für
das höhere Ziel manchmal Opfer gebracht werden müssen.«
    »Eine weitere unleugbare
Wahrheit.«
    Ich setzte mich in den
Schwertkreis und ließ es aussehen, als sei es eine große Anstrengung für
schwache Knie, sich auf den Boden zu setzen. Ich senkte den Kopf und wartete,
dass er ging.
    Er tat es aber nicht.
    Ich saß mit geschlossenen Augen da
und dachte verwirrende Gedanken. Ich sagte im Geiste Heilmittel und geheime
Hexenweisheiten auswendig auf sowie alles, was mich sonst davon abhielt, an ihn
zu denken. Unter all dieser Stärke und Tugend war Wyst aus dem Westen dennoch
ein Mann. Ebenso anfällig für Schuldgefühle und Reue und den Schmerz, die sich
einfach durch das Leben selbst angesammelt hatten. Ich wollte ihn trösten, ihn
an mich drücken und seinen Schmerz wegstoßen, und sei es nur für kurze Zeit.
Doch Mitgefühl dieser Art verbot mir mein Handwerk. Und mein Fluch.
    »Eine Sache noch, Hexe«, sagte er.
    Ich hielt meinen Kopf gesenkt und
die Augen geschlossen. »Ja?«
    »Wie geht es deiner Ente?«
    Ich rief nach Molch. Er tauchte in
all seiner betretenen Kahlheit aus dem Zelt auf.
    »O je. Das ist doch nicht meine
Schuld, oder doch?«, fragte Wyst.
     
    ZWÖLF
     
    »Das ist mein eigenes Werk«,
antwortete ich. »Nichts Ernstes. In einem oder zwei Tagen wird es ihm wieder
gut gehen.«
    »Freut mich zu hören.«
    Der weiße Ritter und ich tauschten
kurze Blicke aus. Ich konnte ihm keine tröstende Umarmung anbieten, aber seine
belastete Seele wurde durch meinen gerupften Vertrauten doch erleichtert. Wyst
aus dem Westen lächelte -und ich lächelte zurück. Dann wünschte er uns einen
guten Tag und ging. Ich sah ihm nicht nach.
    Molch watschelte an meine Seite.
»Wenn du ihn nicht frisst, darf ich ihn dann zumindest umbringen?«
    »Ich bezweifle sehr, dass du das
könntest.«
    Er zuckte die Achseln. »Trotzdem.
Ich wäre bereit, es zu versuchen.«
    Er schlenderte zurück ins Zelt,
und ich ging zurück an die Arbeit.
    Die Tage, bevor die Gobling-Horde
ankam, waren arbeitsreich. Mit Hilfe der inspirierenden Gegenwart des weißen
Ritters exerzierten die Soldaten unermüdlich.
    Die Goblings waren sicher, dass
sie sich auf ihre vernichtende Anzahl verlassen konnten. Die Männer von Fort
Handfest dagegen würden sich auf ein ausgezeichnetes Zusammenspiel verlassen
müssen. Sie waren in Gruppen von drei Mann angeordnet, die Rücken an Rücken
stehen sollten. Theoretisch konnte sich dadurch jeder Mann auf die Gefahren von
vorn konzentrieren. In der Praxis, so hatte ich den Verdacht, würde es nicht so
reibungslos laufen. Sicher würde es Männer geben, die trotz der Anwesenheit des
Ritters zusammenbrachen, wenn sie sich mit Dutzenden von knirschenden Zähnen
konfrontiert sahen. Wenn einmal ein Soldat eines Trios fiel, würden die anderen
beiden vermutlich bald folgen. Aber die Verwandlung von ungeschickten, plumpen
Soldaten in eine entschlossene, wenn auch nicht besonders begabte, Streitmacht
war nicht zu leugnen.
    Ich selbst war ebenfalls sehr
beschäftigt. Jeden Tag lieh ich mir Molchs Körper und überprüfte das Vorrücken
der Goblings. Sie rückten direkt auf das Fort zu. Dies war kein Zufall. Genauso
wie die geisterhaften Männer geschickt worden waren, um die Grausige Edna zu
töten, war diese Horde geschaffen worden, um unseren Vorposten zu zerstören.
Dessen war ich mir sicher. Was der tiefere Sinn dahinter sein sollte, wusste
ich nicht. Meine Herrin und dieses Fort hatten nichts miteinander gemein, bis
auf ihr abgeschiedenes und harmloses Wesen. Dennoch waren sie keine zufälligen
Ziele.
    Ich dachte viel über diese Schlussfolgerung
nach. Die Grausige Edna hatte nie Zauberer erwähnt, die einen Groll gegen sie
hegten, und diese imaginäre Horde war

Weitere Kostenlose Bücher