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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Armee
gewesen. Vor diesem furchterregenden Gegner brachen die Männer zusammen. Sie
krochen um ihr Leben. Es war auch das Weiseste, was sie tun konnten. Die Horde
konnte nicht länger durch verzauberte Klingen oder heldenhafte Entschlossenheit
besiegt werden.
    »Bleib hier, Molch. Du auch,
Penelope.«
    »Was hast du...«
    Ich schritt durch den Sturm
fliehender Soldaten. Sie waren zu panisch, um mein fehlendes Hinken zu
bemerken. Als mir mein Hut vom Kopf fiel, bezweifelte ich, dass jemand groß
darüber nachdachte. Die Horde fegte voran, ein gefräßiger Turm aus
Phantomfleisch. Zu mächtig für eine Armee, aber gegen eine Hexe, die gewillt
war, zu tun, was sie tun musste, gänzlich ungeschützt.
    Was einmal zehntausend Illusionen
gewesen waren, war jetzt eine einzige. Von ungeheurer Größe. Von Ehrfurcht
gebietender Macht. Schrecklich in ihrem endlosen, alles verschlingenden Hunger.
Aber wenn ich auch keine zehntausend Phantome zerstören konnte, so war doch
eines - selbst eines von dieser magischen Macht - weit verwundbarer.
    Vielleicht ging ich in den
fürchterlichen Tod, den mir die Grausige Edna prophezeit hatte. Oder, noch
unerklärlicher, dies war meine Rache. Nicht für meine Herrin, sondern für Wyst
aus dem Westen. Auch wenn ich ihn nicht lieben konnte, ich konnte ihn doch
rächen. Er hatte sein Leben gegeben, um die Horde zu stoppen. Weniger konnte
auch ich nicht tun.
    Die Horde hielt vor mir inne. Ihre
zahllosen Augen untersuchten den Happen, der da vor ihr stand. Einen Moment lang
dachte ich, sie könnte meine Falle gespürt haben, aber ich war eine zu
verführerische Zwischenmahlzeit. Mit einem hungrigen Knurren stürmte die Horde
vorwärts und verschlang mich.
    Im Inneren des Monsters war es
dunkel und heiß. Ich konnte nichts sehen. Ich konnte kaum atmen. Das Innere der
Horde roch nach verwesendem Fleisch und stechender Verwesung. Dinge streiften
mich. Gequälte Schreie drangen an meine Ohren. In der Dunkelheit lag der Tod,
ein Tod, der schrecklich genug war, um sogar meine eigene fluchbesetzte Natur
abzustoßen. Dutzende scharfer Reißzähne rissen blutige Stücke aus meiner
verführerischen Alabasterhaut. Beißender Speichel verbrannte meine Na-senlöcher
und meine Haut. Ich ignorierte jedoch die Qualen, so gut ich konnte. Ich dachte
an Wyst und wie seine Lippen geschmeckt hätten, wenn ich je die Chance gehabt
hätte.
    Wie lang ich mich im Bauch des
Monsters befand, wusste ich nicht, aber plötzlich hörte die Horde auf, mich zu
fressen. Sie stieß ein leises, gereiztes Grollen aus und ich fand mich in die
kühle Nachtluft ausgespien wieder. Als blutiger Haufen traf ich auf der Erde
auf. Wäre ich wirklich lebendig, ich wäre nun mit größter Wahrscheinlichkeit
tot gewesen. Mein Fluch hielt sich nicht mit Trivialitäten auf wie halb
gefressen zu werden. Mein rechtes Bein war zerfetzt, rotes Fleisch endete am
Knie. Die Haut und Muskeln meiner Hände und Finger waren bis zum Knochen
abgerissen. Als ich tief Atem holte, entwich die Luft durch klaffende Wunden in
meiner Kehle.
    Der Goblingberg bebte. Seine tausend
Münder verzogen sich. Er schwankte vor und zurück und stürzte als stöhnender
Schleimhaufen in sich zusammen. Die Illusion hatte mein Fleisch gefressen, und
in meinem Fleisch lag auch die Macht meines Unglaubens. Und Unglaube, zusammen
mit Hexenmagie, ist ein höchst virulentes Gift für ein Phantom.
    Die Horde zuckte, während sie sich
auflöste. Sie wurde schwarz und schrumpfte zusammen. Sie wimmerte und fauchte.
Innerhalb von Minuten war sie nichts weiter als eine grünliche Schmiere. Augen
und Zähne und Soldatenleichen. Inmitten des Ganzen lag Wyst aus dem Westen.
    Er bewegte sich und stöhnte. Er
war schleimbedeckt. Ungefressen also. Lebendig.
    Und mein Herz begann wieder zu
schlagen.
     
    DREIZEHN
     
    Mein Fluch stellte mich mit solch
wirksamer Effizienz wieder her, dass ich bis zum Abend wieder heil war. Selbst
mein Bein wuchs so stark und vollständig nach, als sei es nie verloren gewesen.
Zumindest für eine Weile sah ich wie eine richtige Hexe aus, ohne daran
arbeiten zu müssen. Das machte  es leichter, die Verwundeten zu versorgen.
    Und es gab eine große Menge
Verwundete und bemerkenswert wenige Tote. Männer waren gefallen, aber ihr
Zusammenspiel hatte die Goblings in den meisten Fällen von der Vollendung ihrer
Aufgabe abgehalten. Von den fünfhundert Soldaten von Fort Handfest zählten nur
hundert zu den Toten. Über dreihundert waren verletzt. An manchen war

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