Eine Hexe mit Geschmack
quak quak quak quak.«
Ich lächelte. Dann verzog ich das
Gesicht, denn eine Hexe sollte nie zulassen, dass sie versehentlich Magie
praktiziert. Vor allem keine hämische Magie.
Molch sprach weiter. Oder
versuchte es zumindest. »Quak quak quak.« Er räusperte sich. »Quak quak quak.«
Er atmete tief ein und ließ ein letztes empörtes Entenquaken hören, bevor er
aus dem Türrahmen verschwand.
Wyst wagte sich mit einem Fuß in
die Dunkelheit vor, die ich so viele Jahre mein Zuhause genannt hatte. »Hexe,
bist du sicher, dass es dir gut geht?«
Ich sah nach oben in dieses schöne
Gesicht. In der Dunkelheit schienen seine Augen zu leuchten. »Sicher? Kann man
sich je einer Sache sicher sein?« Ich klang vage hexenhaft, aber ich war auch
nicht ganz bei mir. Also entschied ich, mich nicht festzulegen.
»Sicherheit ist für Narren und den
Tod.« Ich mochte den Satz, auch wenn ich ihn selbst nicht ganz verstand. Er
erinnerte mich daran, was es bedeutete, eine gute Hexe zu sein.
Ich ging tiefer in die Dunkelheit,
wo mich die Schatten umhüllten. »Wir lagern hier. Und jetzt lass mich allein.«
Er zögerte.
Meine Stimme wurde leise und rau.
»Lass mich allein.« Etwas musste Wyst daran erinnert haben, was es bedeutete,
ein weißer Ritter zu sein, denn er zog sich zurück.
Sein Gesicht wurde ausdruckslos
und er verschwand von der Tür.
Magie handelt nicht von selbst.
Sie handelt nach dem Willen und den Wünschen anderer, und ich musste mich
fragen, wessen Wille mich hierhergeführt haben mochte. Es konnten der Fiese
Larry oder die Grausige Edna aus dem Grab heraus sein. Oder der Seelenlose
Gustav. Oder sogar ich selbst. Ich wusste nichts über das Wer oder Warum, aber
ich vertraute darauf, es zur rechten Zeit herauszufinden.
Eine Zeitlang blieb ich allein im
Keller stehen. Das Licht, das durch die Tür hereinfiel, verblasste. Es war eine
bewölkte Nacht und mein Keller wurde zu einer schwarzen Leere. Ein Loch im
Boden, gefüllt mit nichts außer spärlichen Erinnerungen.
Meine Kindheit war nicht viel
gewesen, woran man sich erinnern könnte. Da hatte es den Platz am Fuß der
Treppe gegeben, wo ich gewartet hatte, dass mir mein Essen zugeworfen wurde.
Dort war die Ecke, wo ich diese Mahlzeiten gegessen hatte. Und da war die
andere Ecke, wo ich zwischen diesen Mahlzeiten gesessen und geschlafen hatte.
Zahllose Tage, aber in Wirklichkeit immer und immer und immer wieder derselbe
Tag. Dieser Ort bedeutete mir heute wenig. Er hatte mir vorher auch nicht viel
bedeutet. Ich konnte mich nicht einmal an meine Familie erinnern. Mein Leben
begann erst an dem Tag wirklich, als mich die Grausige Edna aus diesem Loch
gezogen hatte.
In einer anderen Welt - zu einer
anderen Zeit - hätte ein Forscher in diesem Keller eine hässliche, erschrockene
Kreatur finden können, die in der Dunkelheit kauerte, verlassen von ihrer
Familie und zu verängstigt, um diese staubige Leere zu verlassen. Ein Monster
zum Fürchten, Verachten und Bemitleiden. Das Ich, das niemals war, aber so
leicht hätte sein können.
Brutales Licht brannte die
Dunkelheit fort. Wyst aus dem Westen stieg die knarzenden Stufen herunter. Ich
wandte ihm den Rücken zu. Ich erkannte ihn nur an seinem Geruch, da ich die
Nase eines Raubtiers hatte, wenn es um Männer ging. Sie waren das Leibgericht
meines Fluchs.
Die Schatten kämpften gegen die
eindringende Laterne. Es war lange her, seit ihr Zufluchtsort herausgefordert
worden war, aber sie konnten nur zischen und sich winden und untereinander
kämpfen.
»Hexe?«
Ich wandte mich nicht zu dem
weißen Ritter um. »Ja?«
»Wirst du die Nacht hier unten
verbringen?«
Ich senkte den Kopf und schloss
die Augen. »Vielleicht werde ich das tun.«
Dem wandernden Licht nach zu
urteilen bewegte er sich nach links. Ich wandte den Kopf ab. Die Laterne schien
so schrecklich hell.
»Und die Prüfung? Bist du sicher,
dass wir uns ihr heute Nacht stellen müssen?«, fragte Wyst.
»Wir stellen uns heute Nacht keiner
Prüfung.« Ich hob eine Hand und beobachtete ihren Schatten an der Wand. »Ich
werde es allein tun.«
»Allein?«
Ich antwortete nicht, denn es war
nicht nötig. Wyst trat näher. Ich bedeckte meine Augen.
»Aber ...«, stammelte er. Ich
hatte ihn nie zuvor stammeln hören, »... ich dachte, wir... arbeiten zusammen?«
»Das tun wir auch, aber diese
nächste Prüfung ist eine, die nur ich bezwingen kann. Ihr, die anderen, stündet
mir bloß im Weg.«
»Aber...«
Ich wandte ihm mein Gesicht zu und
zwang meine
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