Eine Hexe mit Geschmack
los, fort mit euch«, grollte
der Weg. Ich blieb. Keiner meiner Gefährten stellte meine Beweggründe in Frage,
obwohl Molch sich ungeduldig räusperte.
»Oh, diese Grausamkeit«,
lamentierte der Weg. »Ich, der ich tausend Reisenden geholfen habe, ihren Weg
zu finden, kann nicht einmal vor einer einzigen lästigen Hexe fliehen. Warte,
solange du willst. Ich habe Zeit.«
Ich ließ Penelope los, und sie
fing auf der Stelle an zu kehren.
»Du meine Güte. Das fühlt sich
...« Der Weg atmete aus. Sanfte Wolken Staubes stiegen auf und senkten sich.
»... herrlich an. Es ist eine Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal gepflegt
wurde. Das ist gut. Jetzt weiter links. Weiter. Weiter. Genau richtig.«
Ich schnippte mit den Fingern, und
Penelope kehrte an meine Seite zurück.
»Nicht aufhören! Nicht aufhören!«
»Beantworte meine Frage, dann
erlaube ich ihr weiterzumachen.«
Der Weg zögerte nicht. »Ja, ja, du
bist schon einmal auf mir gegangen.« »Wann?«
»Jahre haben keine Bedeutung für
mich, aber ich weiß, es war, als ich noch besser bereist wurde. Vor langer Zeit
also. Dein Versprechen. Halte jetzt dein Versprechen.«
»Natürlich.«
Penelope war genauso begeistert
wie der Weg. Sie tanzte vor und zurück, während er unter ihrer zarten
Liebkosung genüsslich aufseufzte.
Er lenkte sie durch zustimmendes
Gemurmel, und sein Vergnügen wiederum trieb sie zu inbrünstigem Kehren.
»Was ist denn mit der los?«,
fragte Molch.
Ich kletterte auf Gwurms Schultern
zurück.
»Fester«, stöhnte der Weg. »O ja!
Das ist es. Das ist die Stelle!«
Molch blinzelte neugierig.
Ich hielt ihm die Augen zu. »Es
ist unhöflich zu starren.«
Wir setzten unseren Weg fort.
Penelope fiel zurück und pflegte weiter den Weg. Ich vertraute darauf, dass sie
uns einholen würde und überließ sie ihrer Leidenschaft. Kaum eine Stunde später
kam eine verfallene Hütte in Sicht. Wie das ganze Land hier wirkte auch sie
seltsam vertraut. Ich ordnete eine Pause an.
»Was jetzt?«, fragte Molch.
Ich gab keine Erklärung ab,
während ich das verlassene Haus studierte. Es machte einen vollkommen
gewöhnlichen Eindruck. Ich stieg die Treppen zum Eingang hinauf und schob die
quietschende Tür auf, um im Inneren nichts vorzufinden außer Staub und
Spinnweben. Es war lange her, seit jemand diesen Ort sein Zuhause genannt
hatte.
Wyst stieg ab. »Stimmt was nicht?«
Wir gingen ums Haus herum in einen
überwucherten Garten. Eine Tür im Boden winkte uns zu. Die verrosteten
Scharniere brachen, als ich sie öffnete. Die Abenddämmerung weigerte sich, in
das schwarze Loch zu fallen.
»Geht es dir gut?«
Die Sorge in Wysts Stimme sagte
mir, dass ein großer Teil meiner hexenhaften Undurchdringlichkeit von mir
abgefallen sein musste. In mir stiegen so viele Gedanken und Gefühle auf, dass
ich nicht nur eines davon auswählen konnte. Ich stieg hinab in die Erde und
fand in der Dunkelheit die Vergangenheit, die ich vor so langer Zeit schon
hinter mir gelassen hatte. Dies war die Landschaft meiner Geburt. Ich hatte sie
nicht erkannt, weil ich sie nur einmal gesehen hatte, während ich in der Obhut
der Grausigen Edna gelebt hatte. Damals hatte ich eine Kapuze getragen und
meine Augen die meiste Zeit über geschlossen ge-halten. Damals hatte mich das
Sonnenlicht auch viel mehr gestört als heute. Aber ich kannte diesen Ort.
Meinen Keller.
Wysts Schatten füllte den
Türrahmen aus. »Hexe?«
Ich legte meine Hand an einen
verrotteten Balken und fand ein Omen in den gesplitterten Kerben. »Wir lagern
heute Nacht hier.«
Molchs Silhouette erschien
zwischen Wysts Füßen. »Hier? Im Keller?«
»Nein. Du kannst draußen lagern.«
»Aber es ist noch mindestens eine
Stunde hell«, sagte Molch. »Sollten wir nicht weitergehen?«
»Heute Nacht findet die nächste
Prüfung statt. Hier.«
»Im Keller?«
Ich fühlte mich zu diesem
Zeitpunkt nicht sehr hexenhaft und warf ihm einen bösen Blick zu, der es nicht
aus der Dunkelheit nach oben schaffte.
»Und was meinst du mit der
nächsten Prüfung?«, fragte er. »Schon wieder? Wir hatten doch erst gestern
eine. Wochenlang gar nichts und dann zwei Prüfungen direkt nach-einander. Was
soll denn das für ein Rhythmus für eine Suche sein?«
Ich war nicht in der Stimmung
dafür. Und manchmal, wenn sich eine Hexe richtig ärgert, reagiert ihre Magie ungebeten.
Eine Brise fegte durch den Keller und die Treppe hinauf.
»Ich würde meinen, welche Macht
auch immer sich um solche Suchen kümmert, sie würde
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