Eine Hexe mit Geschmack
ausruhen.«
Kaum war sie davongeglitten, stand
Molch schon vor mir. Er quakte einmal und starrte mich böse an.
»Ich bin dafür, ihn so zu lassen«,
bemerkte Gwurm.
Molch schrie dem Troll etwas
Grobes zu. Obwohl ich die Entensprache fließend sprach, machte ich mir nicht
die Mühe, es zu übersetzen.
»Er ist schon den ganzen Abend so.
Pingelig und schlecht gelaunt. Schlimmer als sonst. Vielleicht solltest du ihn
doch zurückverwandeln.«
Ich wedelte mit einer Hand. Molch
rülpste und begann auf der Stelle, mich auszufragen. Dämonen lernen Lektionen
nicht leicht. »Was hast du mit dem weißen Ritter getan? Er hat kein Wort
gesagt, als er aus dem Keller kam. Hatte einen ganz seltsamen Gesichtsausdruck.
Das gefällt mir nicht. Du solltest nicht ganz allein mit ihm sein. Es ist
gefährlich.«
Ich lächelte. »So ist das Leben
oft.«
»Wo ist dein Hut?«
»Ich muss ihn im Keller gelassen
haben.« Abwesend fuhr ich mir mit den Fingern durch mein seidiges Haar. »Ich
brauche ihn im Augenblick nicht.« Ich sah hinauf in den bedeckten Himmel, der
für meine untoten Augen gerade hell genug war.
Molch blickte finster. »Und wann
kommt überhaupt die nächste Prüfung? Ich habe langsam keine Lust mehr zu
warten. Glaubt denn die Magie, wir hätten nichts Besseres zu tun als die ganze
Nacht hier herumzusitzen?«
Ich legte einen Finger an meine
Lippen und brachte ihn zum Schweigen. Er biss sich auf die Zunge. Ich nehme an,
er hatte seine Lektion schließlich doch gelernt. . »Entschuldige bitte,
Herrin.«
»Schon gut. Wenn ihr mich jetzt
entschuldigen wollt, ich stelle mich der nächsten Prüfung.«
»Allein?«, fragte Gwurm.
Ich nickte.
Molch stellte sich mir in den Weg.
»Aber, Herrin, ich bin dein Vertrauter! Mein Platz ist an deiner Seite!«
»Diesmal nicht.«
Ich ging um die Ente herum.
»Was ist mit deinem Hinken
passiert?«, fragte er.
Ich zögerte am Rand der
Dunkelheit. »Oh, das. Das brauche ich auch nicht. Wartet hier. Ich komme bald
wieder. Oder gar nicht mehr.«
Ich glitt in die Nacht und ging
auf die Suche nach meiner Prüfung. Meine Gedanken waren anderswo, aber ein
Vorzeichen in den Wolken sagte mir, ich würde nicht lange suchen müssen. Es
wartete in den überwucherten Feldern bereits auf mich.
Zwei Schatten erhoben sich aus dem
Gras. Einer war ein schleichender Ghoul, der andere ein zierliches junges
Mädchen. Die Kreatur, die ich hätte werden können -und die Frau, die ich
eigentlich sein sollte. Spiegelungen, die durch mächtige Zauberei Substanz
bekommen hatten.
»Du dachtest doch nicht ernsthaft,
du könntest uns in diesem Keller zurücklassen?«, fragte der Ghoul.
»Wir werden immer bei dir sein«,
sagte die Frau. »Das waren wir immer.«
»Ich weiß. Wir tragen alle viele
Ichs mit uns herum, aber letztlich sind sie doch nur Phantome der
Möglichkeiten, nichts weiter als Geister zerbrochener Schicksale.«
Der Ghoul gackerte. »Keine Geister
mehr.«
»Das sehe ich. Aber selbst die
mächtigste Zauberei kann aus einer einzelnen Portion Vorsehung keine drei
Schicksale machen.«
»Ja«, sagte die Frau. »Und deshalb
wird auch nur eine von uns dieses Feld verlassen.«
»Und das werde ich sein«, fauchte
der Ghoul.
»Das werden wir sehen, Schwester«,
antwortete die Frau.
Keine von uns konnte die andere
töten, denn in diesem Moment war keine von uns wirklich genug, um zu sterben.
Deshalb konnten weder Wyst, noch Molch, noch Gwurm irgendwie behilflich sein.
Nur ich konnte meine Schatten in die Hölle zurückschicken, aus der sie
beschworen worden waren, und ich konnte das nur tun, indem ich sie davon
abhielt, mir meine Identität zu stehlen. Die Realität war ganz auf meiner
Seite. Doch auch dies würde möglicherweise noch nicht genügen. Die Realität war
bestenfalls eine wankelmütige Verbündete.
Mein Goul-Ich schlug als Erstes
zu. Er war mein Fluch, der nicht durch die hexenhaften Lektionen in Geduld, wie
sie mir die Grausige Edna verschafft hatte, gebremst wurde. Die Frau trat zurück
und lächelte, als gehörte ihr der Sieg bereits.
Der Ghoul sprang vor, die Hände
ausgestreckt, um sie um meine Kehle zu legen. Als könnte sie mir ihre Existenz
abdrosseln. Als könnte man mich durch Strangulation töten. Ihre Technik war
zwar instinktiv und direkt, doch ich konnte es an Schnelligkeit durchaus mit
ihr aufnehmen. Ich schlug ihr mit einem Rückhandschlag die Faust an den Kiefer.
Sie fiel auf ein Knie.
Der Ghoul hob grinsend den Kopf.
Blut tropfte ihr vom Kinn. »Sehr gut,
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