Eine hinreißend widerspenstige Lady
verführerischen Frauen in einer Person.
Oh, ihn hatte es schlimm erwischt. Ganz schlimm.
Er ging zu ihr und besah sich gehorsam das Ding, das sie in Händen hielt. Sein Verstand sträubte sich, und sein Blick schweifte ab - zu ihren Brüsten. Da sie den Kragen ihres Hemdes zu schließen vergessen hatte, gab es recht viel zu sehen.
Von den schrecklichen Schleiern abgesehen, verstanden die Ägypter sich schon darauf, ihre Frauen zu kleiden, fand er.
„Es graust Sie davor?“, fragte sie ihn.
„Ganz gewiss nicht“, erwiderte er.
Sie sah kurz an sich hinab, auf ihre kaum verhüllten, im Kerzenschein golden schimmernden Brüste. „Ich meinte die Mumie“, stellte sie klar, versuchte indes gar nicht erst, sich zu bedecken.
Dieser Mangel an Sittsamkeit gefiel ihm zwar sehr, erleichterte ihm das Denken aber keineswegs. Zu seiner Verwunderung versuchte er es dennoch.
„Nein“, meinte er, „grausen nicht unbedingt.“
„Die Mumien bereiten Ihnen aber Unwohlsein“, beharrte sie. „Das ist mir zuvor schon aufgefallen. Mir gehen sie auch nahe -besonders dann, wenn ich sie zerstört vorfinde, wenn Grabräuber sie bei der Suche nach Schätzen auseinandergerissen haben. Aber sie faszinieren mich auch.“ Behutsam fuhr sie mit dem Finger über das unansehnliche Ding. „Sehen Sie nur, wie schön es ist, wie sorgsam und liebevoll bewahrt.“
Er versuchte, die Schönheit zu erkennen, von der sie sprach, doch vergebens. Das Unding nur anzusehen wühlte ihn furchtbar auf. Er wandte sich ab.
In der nachfolgenden Stille spürte er förmlich, wie sie nachdachte, sich wohl auch wunderte.
„In London habe ich die Enthüllung einer Mumie mitangesehen“, sagte er jäh in die Stille hinein. „Ein riesiges Spektakel, gaffende Adelige und ein Arzt, der das Prozedere vornahm. Es war eine Frau ... das arme Geschöpf, ganz nackt lag sie da, nachdem die liebevoll bewahrende Hülle entfernt worden war. Es wurde so getan, als sei man der wissenschaftlichen Erkenntnis wegen dort, aber die meisten Anwesenden trieb reine Sensationsgier. Für sie war es gute Unterhaltung - so, als ob diese Frau einst nicht ebenso gelebt hätte wie ihre Frauen und Schwestern, ihre Mütter und Töchter. “ Er schluckte schwer und brachte kein Wort mehr heraus.
„Verstehe.“ Sie legte die Mumie beiseite und stand auf.
Er sah sie an. Ihm war der sehnsüchtige Ausdruck in ihren Augen nicht entgangen, derselbe Ausdruck, den sie auch hatte, wenn sie Wandmalereien betrachtete. Und doch ließ sie die kleine Mumie hier liegen - seinetwegen.
Das Herz zog sich ihm in der Brust zusammen.
„Es ist ja nur ein Vogel oder eine Katze, vielleicht ein Haustier“, meinte er. „Sie haben es gefunden und sollten es behalten. Der Nächste, der sich hierherverirrt, tritt nur aus Versehen darauf oder zerstört es vorsätzlich, weil er nach Schätzen sucht. Sie würden wenigstens gut damit umgehen.“ Er bückte sich und hob es auf. Der Geruch ließ ihn würgen, und er musste den Atem anhalten, als er es ihr reichte.
Fragend hob sie die Brauen und sah ihn an.
„Doch, nehmen Sie es“, stieß er hervor und widerstand dem Drang, es ihr einfach zuzuwerfen.
„Sind Sie sicher?“, fragte sie und nahm es ihm endlich ab, den Göttern sei Dank.
Er wich einen Schritt zurück. „Natürlich. Sagte ich nicht bereits, dass ich ganz einfach zu handhaben bin? Eine Runde leidenschaftlichen Liebesspiels genügt, mich wunderbar gefügig zu machen. Ich tue alles, was Sie wollen, und bin voller Dankbarkeit und Großmut.“
... und noch etwas anderem, etwas, das sich von dem Wohlbehagen unterschied, das er für gewöhnlich danach empfand. Da war ein Gefühl ... ein Schmerz, ein Sehnen, etwas, von dem er nicht wusste, ob es gut oder schlecht, richtig oder falsch war.
„Aber es macht mich auch immer verteufelt hungrig“, fügte er rasch hinzu. „Wenn mich nicht alles täuscht, müssten wir noch Brot in den Satteltaschen haben.“
Es bedeutete Rupert nichts, das war Daphne schon klar. Er hatte von Gefühlen gesprochen, dabei aber nur Begierde gemeint. Und so hatte er seine leiblichen Gelüste gestillt, wie er nun auch seinen Hunger stillen würde. Hatte er es nicht gar selbst gesagt? Sie würde ihn heiß und innig begehren, und die logische Konsequenz daraus war, dass sie sich geliebt hatten. Aus Hunger folgte logischerweise, dass man etwas aß.
Mit anderen Worten: Das leidenschaftliche Intermezzo bedeutete ihm nicht mehr als das einfache Mahl, bestehend aus Brot und Wasser,
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